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Traeume, zart wie Seide

Traeume, zart wie Seide

Titel: Traeume, zart wie Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Bird
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Märchenstunde kannst du dir sparen“, fiel sie ihm ins Wort. „Ich treffe meine eigenen Entscheidungen, und ich habe nun mal dich gewählt.“
    „Aber das verdiene ich nicht!“ Seine Stimme hallte von den Wänden wider und troff vor Selbstverachtung.
    „Ich denke schon“, erwiderte sie leise.
    „Dann kennst du mich nicht gut genug“, entgegnete er heftig.
    Sie dachte daran, wie er darauf bestanden hatte, sie nach der Party in Saranac Lake nach Hause zu bringen. Wie respektvoll er von ihrer Beziehung zu ihrer Familie gesprochen hatte. Wie demütig er sie gestern Nacht gebeten hatte zu bleiben. Sicher, er war hartgesotten, rücksichtslos, arrogant. Aber er war kein schlechter Mensch.
    „Das stimmt nicht“, widersprach sie mit Nachdruck. „Ich kenne dich sehr gut.“
    „Ach was.“
    Sie ging zu ihm und berührte ihn am Arm, doch er wich vor ihr zurück. „Nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Weil ich von dir nun wirklich nicht auch noch Mitleid brauche.“
    Sein zynischer Ton traf sie tief und verunsicherte sie. Sie senkte den Kopf und sagte leise: „Ich würde mich jetzt gern anziehen, wenn du nichts dagegen hast.“
    „Verdammt, so habe ich es doch nicht gemeint“, fluchte er. „Es ist nur … du brauchst dir um mich keine Gedanken zu machen. Schließlich bist du diejenige, die verletzt wurde.“ Er hielt inne. „Hast du heute Nachmittag um drei Zeit?“, fügte er unvermittelt hinzu.
    „Wofür?“
    „Dich mit mir zu treffen.“
    „Warum?“
    „Bitte.“ Es klang flehentlich.
    „Na gut, aber nur unter einer Bedingung.“
    „Alles, was du willst.“
    „Küss mich. Auf der Stelle.“
    Seine Augen weiteten sich. „Joy …“
    „Halt den Mund und küss mich.“
    Sie wusste selbst nicht, woher sie die Courage nahm, aber offenbar funktionierte es. Gray streckte langsam die Hände aus, umfasste ihr Gesicht und strich leicht mit dem Mund über ihre Lippen.
    Sie schlang ihm die Arme um den Hals und drängte sich an ihn. „Nicht so. Richtig. Als ob es dir ernst wäre.“
    Es war deutlich zu sehen und zu spüren, wie viel Selbstbeherrschung es ihn kostete, doch er blieb standhaft. Mit dem Daumen streichelte er zärtlich ihre Wange, dann brachte er seinen Mund ganz nah an ihren, ohne ihn zu berühren. In seinen Augen sah sie Verlangen aufblitzen, und seine unterdrückte Lust traf sie wie eine Druckwelle. Er fand es vielleicht nicht richtig, aber er wollte sie. Sein Körper verriet ihn.
    „Es ist mir immer ernst, wenn ich dich küsse“, brachte er mühsam hervor, dann streifte er noch einmal ganz leicht mit den Lippen über ihren Mund. Im nächsten Moment war er gegangen.
    Überwältigt lehnte Joy sich gegen den Türrahmen. Unglaublich, wie sehr er sich beherrschen konnte. Und dabei sehnte sie sich so sehr nach seiner ungezügelten Leidenschaft.
    Als er mit ihrem Kleid zurückkam, wirkte er wieder so kühl, als wäre nichts geschehen. „Soll ich dir einen Wagen rufen?“
    Sie beneidete ihn um seine Gelassenheit. Wenn sie doch auch nur etwas davon hätte!
    „Ich nehme mir ein Taxi“, murmelte sie.
    „Ich würde lieber meinen Wagen …“
    „Ich aber nicht.“
    Sie fragte sich, was er wohl täte, wenn sie den Bademantel jetzt abstreifte. Würde er sich einfach umdrehen und rausgehen? Wahrscheinlich. Und obwohl sie ihn so sehr wollte, beschloss sie, dieses Risiko lieber nicht einzugehen. Sie musste sich wenigstens einen Rest Selbstwertgefühl bewahren.
    Mit einem letzten Blick in Richtung Bett drehte Gray sich um und ging hinaus. Die Tür zog er hinter sich zu.
    Am liebsten hätte sie ihm nachgerufen, dass sie sein galantes Benehmen kein bisschen galant fand. Sondern völlig unnötig und ziemlich nervtötend. Sie schlüpfte aus dem Bademantel, knüllte ihn zusammen und warf ihn in Richtung Tür.
    Da hatte sie in den letzten zwölf Stunden ja wirklich was gelernt. Hieß es nicht immer, man solle sich lieber nicht wünschen, dass Träume wahr wurden? Jetzt wusste sie, warum. Weil sie in der Realität nie so schön waren, wie man sich das vorher ausmalte.
    Kein Wunder, dass Leute lieber Liebesromane lasen.
    Kurz vor drei verließ Joy Cassandras Wohnung und wartete an der Park Avenue auf Gray. Es war ein sonniger Nachmittag, und die frische Luft tat ihr gut, nachdem sie stundenlang an Cassandras Kleid gearbeitet hatte. Kurz darauf fuhr eine schwarze Limousine vor. Gray stieg aus und lächelte reserviert, als sie herankam. Er hielt ihr die hintere Tür auf und setzte sich neben sie auf die Rückbank,

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