Träume(h)r (German Edition)
verfolgen.
»Marc?«, rief der Riese misstrauisch in den Innenhof, denn eigentlich konnte es nur Marc sein, der ihn von unten anfauchte. Die Wahrscheinlichkeit nach Ladenschluss in einem Restaurant in Madrid von einem anderen Deutschen beschimpft zu werden, der zudem seinen Namen kannte, war sonst gleich null.
»Was ist an einem Psst so schwer zu verstehen?«, fragte Marc aufgebracht.
»Tut mir Leid, wir waren etwas abwesend«, sagte Ole, wobei er in der Dunkelheit grinsen musste. »Warum bist du überhaupt da unten? Wie wäre es mit Schlafen?«
»Mann, diese Esmeralda hätte fast meine Tür eingetreten. Ich werde auf unserer Tour nur von gestörten Weibern verfolgt, während du die Traumfrauen abbekommst. Irgendetwas muss ich falsch machen! Wie viel hat Esmeralda noch bei euch am Tisch getrunken?«
Der Riese dachte nach.
»Noch ungefähr eine Flasche Wein, bevor sie dann abgehauen ist. Ich wollte ihr das Ding entreißen, aber daraufhin sah sie mich an, als wollte ich ihr Neugeborenes stehlen. Komm erst einmal in den Innenhof, damit wir dich sehen können!«, befahl Ole, der bisher mit einem Phantom, das sich im Dunkeln versteckte, sprach.
Marc war vom Dach aus in der Schwärze der Nacht nicht zu erkennen. Der Matador sah sich erst wachsam um und tippelte daraufhin mit sanften Schritten in die Mitte des Innenhofes.
»Stopp! Nicht!«, rief Sofia, um ihn noch rechtzeitig aufzuhalten, aber da war es schon zu spät. Die Bewegungsmelder reagierten punktgenau und hüllten den gesamten Innenhof in grelles Licht, wo Marc nun, wie eingefroren, dastand. Von oben sah er tatsächlich wie ein echter Stierkämpfer in einer Arena aus, bemerkte Ole, der sich einen dummen Kommentar verkneifen musste.
»Hast du dich noch immer nicht umgezogen?«, fragte der Riese stattdessen, da er sich selbst nach dem Abendessen in bequemere Hüllen geworfen hatte, um sich mit Sofia auf dem Dach des Restaurants die Sterne anzusehen.
»Nein, ich habe mich einfach so schlafen gelegt. Das spielt doch gar keine Rolle«, antwortete Marc. »Ich verziehe mich jetzt aus dem Licht und werde hier unten auf euch warten, damit wir zusammen einen Fluchtweg für mich suchen können. Okay?«
»Gut, wir kommen!«
Ole wollte sich gerade mit Sofia auf den Weg machen, als Marc noch eine Frage einfiel.
»Wie seid ihr überhaupt da hochgekommen?«
Selbst mit seinem Geheimagenten-Spürsinn ausgestattet, hatte Marc keinen Weg gesehen, der auf das Dach führte. Ole grinste erhaben.
»Wir sind einfach«
Seine Antwort wurde durch ein lautes Geräusch im Inneren des Lokals unterbrochen. Abrupt drehte sich Marc um, doch er konnte nichts erkennen, da er vom Licht der Scheinwerfer geblendet war. Plötzlich hörte er ein Schnaufen und laute Schritte auf dem Boden, die immer schneller auf ihn zukamen.
Es war Esmeralda. Sie hatte ein dämonisches Blitzen in den Augen und verfehlte ihn nur um ein Haar. Daraufhin verschwand sie sofort wieder im Dunklen, um bald wieder erneut einen Versuch zu starten. Da war sich Marc sicher.
Bei ihrem ersten Vorstoß hatte er sich zur Seite geworfen. Sein Degen löste sich bei dem Ausweichmanöver von seinem Gürtel. Auch das rote Tuch war auf dem staubigen Boden gelandet. Er hob das Laken so schnell er konnte auf, um es danach in aller Eile vor sich auszubreiten. So lächerlich ihm die Idee vorkam, musste Marc nach jedem Strohhalm greifen, der ihm in den Sinn kam. Bei Esmeraldas nächstem Angriff, würde er, wenn auch nur etwas, besser vorbereitet sein.
Ole und Sofia schauten sich den verzweifelten Kampf des Matadors, von ihren Logenplätzen aus, an. Bisher hatten sie erst eine Attacke miterlebt und dabei hatte sich der deutsche Stierkämpfer gut geschlagen.
Esmeralda setzte zum zweiten Mal an und als Marc sie auf sich zustürmen sah, verstand er die Geschichte mit dem Ungeheuer, die sein Unterbewusstsein in seinem Traum aufgebaut hatte, noch viel besser. Er hielt das Tuch vor seinen Körper und schaffte es die Restaurantbesitzerin zu täuschen, die geradewegs hindurchrannte und aufs Neue zwischen einigen Tischen in der Finsternis verschwand.
»Tu irgendetwas Ole oder ich werde dich persönlich umbringen!«, schrie der Matador vollkommen außer Atem, denn das Adrenalin hatte seinen Puls in die Höhe getrieben.
»Halte durch, Turtle! Ich werde versuchen irgendetwas Nützliches zu finden«, versprach Ole, woraufhin er in allen Ecken, die er auf dem Dach sehen konnte, nach einem brauchbaren Gegenstand wühlte. Wenige Minuten
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