Träume(h)r (German Edition)
werdenden Zweifeln und Maslows Pyramide, über das Outfit, das er für Caro in Sagres zusammengestellt hatte, bis hin zu ihrem Onkel in Hamburg und der Modenschau, wo er nächste Woche auftauchen sollte. Ole umklammerte beim Zuhören sein Bierglas und gab dabei keinen Mucks von sich.
»In Ordnung. Sicher sind deine Zweifel nicht unberechtigt. Immerhin können wir nicht mehr abstreiten, dass der Beruf Fischer für uns irgendwie nicht das Richtige war«, stellte der Riese besonnen fest. »Trotzdem kann man in Salema sein Glück finden!«
Den Optimismus seines Kumpels konnte Marc leider nicht teilen.
»Vielleicht wirst du hier dein Glück finden, aber ich nicht. Du bist in diesem Dorf nicht nur ein erfolgreicher Maler, sondern zudem ein angesehener Blogger und neuerdings auch Sohn des Fischers José geworden. Alles Dinge, wobei ich dich sehe und weiß, dass sie dich mehr als glücklich machen. Wenn es jetzt auch noch mit dieser Zahnarzthelferin klappt, dann bist du bald der Jack aus dem Roman. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich täglich irgendwie die Zeit totschlage und unglücklich bin!«
Ole realisierte nun, dass Salema zwar für ihn zu einem besonderen Ort geworden war, aber für seinen Kumpel weiterhin das kleine Touristendörfchen, dem nur ein Eiswagen fehlte, blieb.
»Und was hast du nun vor?«, fragte er und nahm einen Schluck von seinem Bier.
»Ich werde mich auf den Weg nach Hamburg machen, um zu sehen, was dort das Schicksal für mich bereithält.«
Er kniff die Lippen zusammen und nickte.
»Meinen Segen hast du! Wenn man ernsthaft darüber nachdenkt, dann könnte es wirklich das Richtige für dich sein. Immerhin stehst du auf diesen Modekram und das ganze Verkleiden. Außerdem klang es so, als würde man eine Chance dieser Art nicht häufig bekommen.«
Ole drehte den Kopf weg. Seinem Kumpel war dabei nicht entgangen, dass sich langsam eine Träne in seinem Auge gebildet hatte, die es glasig werden ließ.
»Es ist ja nicht so, dass ich für immer weggehen muss«, sagte Marc aufmunternd. »Wenn es nichts wird, dann komme ich einfach wieder und uns fällt etwas neues ein.«
»Klar, ich komme hier zurecht!«, entgegnete der Riese und wischte sich mit dem Handrücken über die Augenpartie. Daraufhin schwiegen die beiden und blieben ohne miteinander zu sprechen auf ihren Plätzen sitzen, bis das Personal im Restaurant damit anfing die Stühle um sie herum zusammen zu schieben. Auf ihrem Heimweg blieb Marc plötzlich stehen und rührte sich nicht.
»Was ist mit dem Schwur?«, fragte er. »Genau für solche Momente haben wir ihn doch geleistet.«
»Ach ja, der Schwur!«
Beide wussten, dass nun Schicksal und keine mehr oder minder rationalen Argumente entscheiden würde.
»Den ersten Punkt habe ich scheinbar erfüllt, da ich einen überzeugenden Grund für meinen Alleingang geliefert habe, den du nachvollziehen kannst.«
»Richtig!«, stimmte Ole zu.
»Den zweiten Punkt können wir auch abhaken! Ich bin mir nämlich zu hundert Prozent sicher, dass zumindest das Fischen nichts für mich ist und ich definitiv die Chance in Hamburg wahrnehmen möchte. Jetzt bleibt uns also nur noch der dritte Punkt!«
»Schere, Stein, Papier«, sagte er hart und ballte seine Hand zu einer Faust zusammen. Marc tat es ihm gleich. Er musste als erster drei Spiele gewinnen, um alle Bedingungen erfüllt zu haben und sich aus ihrem Schwur lösen zu können.
Langsam schwenkten sie ihre Fäuste von links nach rechts und präsentierten daraufhin immer wieder ihre Werkzeuge. Als neutrale Person hätte man denken können, dass sich hier ein paar Grundschulkinder auf dem Pausenhof amüsierten. Die ersten Spiele konnte Marc für sich entscheiden. Er führte zwei zu null, aber es gelang Ole daraufhin Anschluss zu finden und er glich auf zwei zu zwei aus. Nun standen sich die beiden gegenüber und schwenkten ihre Fäuste erneut hin und her. Sie wussten, dass es das entscheidende Spiel sein konnte.
»Verdammte Scheiße!«, rief Marc, als Ole den Stein präsentierte und folglich die Schere, die seine Finger formten, zerschmetterte.
»Netter Versuch, Turtle!«, sagte der Riese und klopfte dem Gegner aufmunternd auf den Rücken.
»Das war es nun!«, stellte Marc enttäuscht fest und wollte sich gerade mit seiner Niederlage abfinden, als er Oles Kopfschütteln sah.
»Vergessen wir den Schwur, Turtle! Für mich hast du gewonnen. Man konnte sich bei deinen vier Finger ohnehin nicht sicher sein, ob du jetzt Schere oder
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