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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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Amerikaner im Anzug, der sich den Schweiß von der Stirn wischt, und eine junge Engländerin, die verzweifelt versucht, Ruhe zu bewahren.
    Das sind wir, ich und Nate. Wieder in Venedig. Zehn Jahre später.
    Aber diesmal ist alles anders.
    »Okay, wie lautet dein Plan?«, fragt Nate barsch.
    Nachdem er seinen Koffer abgestellt und sein Jackett über den wackligen Holzstuhl gehängt hat, dreht er sich zu mir um. Schweiß und Stress triefen ihm aus allen Poren. Genauso
gut hätte er sich mit einem Marker in fetten schwarzen Lettern »Ich will nicht hier sein« auf die Stirn schreiben können.
    »Tja …« Ich gehe ans Fenster und klappe die Läden auf. Das Sonnenlicht strömt herein, und Staubpartikel wirbeln tanzend durch die Luft, und ich bleibe kurz stehen und lehne mich hinaus, um das klitzekleine Stückchen venezianisches Alltagstreiben unten in der schmalen Gasse zu beobachten.
    Außerdem ist das eine hervorragende Verzögerungstaktik.
    Denn ich weiß ehrlich gesagt nicht genau, wie ich Nate das schonend beibringen soll: Mein Plan ist bisher noch nicht bis ins letzte Detail ausgearbeitet. Fast, aber noch nicht ganz. Beinahe …
    Ach, wem will ich was vormachen? Ich habe keinen Plan. Die bittere Wahrheit ist, ich habe nicht den leisesten Schimmer, was um alles auf der Welt wir jetzt machen sollen.
    »Lucy?«
    Ich drehe mich um, und Nate schaut mich immer noch unverwandt an, bloß hat er jetzt einen harten, unerbittlichen Zug um Mund und Augen, ein bisschen wie wenn Essen zu lange auf dem Teller steht und eintrocknet.
    »Bitte sag mir, dass du einen Plan hast.«
    Seine Stimme ist stahlhart und ungeduldig, aber ich höre einen besorgten Unterton heraus.
    »Na ja, nicht direkt einen Plan.« Unbeholfen versuche ich mich rauszureden, während Nate mich mit Blicken wie aus einer Laserkanone durchbohrt. »Okay, ich habe keinen Plan«, gestehe ich.
    »Du hast keinen Plan?«, wiederholt Nate ruhig.
    Es ist eine unheimliche Stille. So eine ahnungsvoll bedrohliche Stille wie kurz vor dem Öffnen der Kreditkartenabrechnung, wenn man den Brief langsam auffaltet, unmittelbar bevor einen dann das unausweichliche »Oh Gott, wie viel ?« wie ein Zehntonner überrollt.
    Genau so eine Stille.
    »Noch nicht«, erkläre ich und versuche, so heiter wie möglich zu klingen. »Ich habe noch keinen Plan.«
    Nate platzt der Kragen. »Was zum Geier soll das?«, brüllt er aufgebracht und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. »Du schleppst mich hierher, bis nach Italien, bis nach Venedig, und du hast keinen blassen Schimmer, was wir hier suchen?«
    »Okay, okay, ich glaube, jetzt haben es alle mitbekommen. Ich habe keinen Plan!«, fauche ich ungeduldig. »Was willst du jetzt machen? Mich erschießen?«
    Mit einem tiefen Seufzen setzt sich Nate auf die Kante der rosa gerüschten Bettdecke und presst die Finger gegen seine Schläfen. »Tja, wäre immerhin eine Möglichkeit«, murmelt er in seinen nicht vorhandenen Bart.
    Wutentbrannt gucke ich ihn an. Tod in Venedig ist nicht unbedingt das, was mir vorgeschwebt hatte. »Hör zu …«Ich hole tief Luft und versuche, mich zu konzentrieren. Was hatte Robyn noch gesagt? Ach ja, irgendwas über den Tatort. »Komm einfach bei Sonnenuntergang zur Seufzerbrücke«, sage ich einer spontanen Eingebung folgend.
    »Und dann?«
    »Das wirst du ja dann sehen«, meine ich, bemüht, möglichst zuversichtlich zu klingen. »Ich lasse mir was einfallen.«
    Worauf Nate die Ärmel hochkrempelt und sich mit einem Taschentuch über die Stirn wischt. »Das will ich sehr hoffen, denn ich nehme morgen früh den ersten Flieger zurück nach Hause.«
    Schnell schnappe ich mir meine Sonnenbrille und werfe mir die Handtasche über die Schulter. »Keine Sorge.« Ich bin schon an der Tür. »Ich habe alles im Griff.«
     
    Was natürlich nicht stimmt.
    Ich stolpere hinaus in die gleißend helle italienische Sonne,
und das Herz schlägt mir bis zum Hals. Mir schwirrt der Kopf. Mist. Verdammter Mist. Was um alles auf der Welt soll ich denn jetzt machen? Ich habe nicht die geringste Ahnung. Vor lauter Angst ist mir ganz flau im Magen. Von wegen alles im Griff. Was rede ich denn da? Ich habe überhaupt nichts im Griff. Mein Leben ist völlig aus der Bahn geraten. Ich falle von Fitnessgeräten und breche mir fast den Knöchel, ich versuche mich an Zaubersprüchen und werde verhaftet, ich komme beinahe bei einem Autounfall ums Leben und singe Karaoke.
    Und jetzt bin ich hier, in Venedig, mit Nate.
    Und den werde ich auch

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