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Trainspotting: Roman (German Edition)

Trainspotting: Roman (German Edition)

Titel: Trainspotting: Roman (German Edition)
Autoren: Irvine Welsh
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wenn die Jungs genug ham.
    Kaum zu fassen, daß Johnny immer noch HIV -negativ ist, wo er doch mehr Schießbuden aufgestellt hat als jeder Rummelplatzbesitzer. Er hat so ne bizarre Theorie, daß bloß Hearts-Fans AIDS kriegen, Hibbies dagegen immun sind. – Das wärs dann gewesen. Reiner Rentenjob. Paar Wochen, und ich wär in Thailand gewesen, und ne Horde orientalischer Hintern wärn für mich gelaufen. Hab ich aber nich gemacht; man legt doch seine Kumpel nich rein.
    – Is schon schwer, wenn man Prinzipien hat, Johnny, grinse ich. Ich will weg hier. Noch ne Runde von Johnnys zusammengesponnenen orientalischen Abenteuern könnt ich nich ertragen.
    – Da haste verdammt recht. Dumm war bloß, daß ich die falschen Prinzipien vergessen hab. Keine Freundlichkeit im Geschäft, weil wenns hart auf hart geht, dann hängen wir alle mit. Aber der weichherzige Weiße Schwan hat Freundschaft ins Spiel kommen lassen. Und, wie dankts mir diese selbstsüchtige Schlampe? Sollt mir doch bloß einen blasen, mehr nich. Sie wollts mir ja auch machen, so aus Mitleid wegen dem Bein, verstehste. Ich hab sie sogar dazu gebracht, noch mehr Make-up und Lippenstift draufzuklatschen, so richtig geschäftsmäßig, verstehste? Also hol ich ihn raus. Sie bekuckt sich die nässenden Wunden und schreckt zurück. Keine Sorge, sag ich, Spucke is n natürliches Antiseptikum.
    – Sagt man jedenfalls, pflichte ich ihm bei. Wird langsam spät.
    – Ja. Und ich sag dir noch was, Rents, damals, siebenundsiebzig, da hatten wir die richtige Idee. All das Gerotze. Die ganze beschissene Welt in Spucke ertränken.
    – Schade, daß wir alle ausgetrocknet sind, sag ich und steh auf.
    – Ja, da haste echt recht, sagt Johnny Swan leiser.
    Wird Zeit, daß ich hier wegkomme.
    Winter in West Granton
    Tommy sieht gut aus. Es is entsetzlich. Er wird sterben. Irgendwann zwischen den nächsten Wochen und den nächsten fünfzehn Jahren wird Tommy nich mehr sein. Und bei mir stehn die Chancen auch nich besser. Der Unterschied is nur, bei Tommy wissen wirs.
    – Alles klar, Tommy? frage ich. Er sieht einfach gut aus.
    – Ja, meint er. Tommy hockt in nem zerschlissenen Sessel. Es riecht feucht und nach Müll, der schon vor Ewigkeiten hätte rausgebracht werden müssen.
    – Wie gehts dir?
    – Nich schlecht.
    – Willste drüber reden? Das muß ich einfach fragen.
    – Eigentlich nich, sagt er, so als will er doch.
    Ich setz mich betreten in einen Sessel, der genau wie seiner ist. Er is hart, die Sprungfedern bohren sich schon durch. Vor vielen Jahren hat er mal nem reichen Arsch gehört. Allerdings hat er schon ein paar Jahrzehnte in armen Häusern hinter sich. Und nun is er bei Tommy gelandet.
    Eigentlich sieht er doch nich so gut aus. Irgendwas fehlt an ihm; wie bei nem unvollständigen Puzzle. Das is mehr als bloß der Schock oder die Verzweiflung. N bißchen so, als ob ein Stück von Tommy schon gestorben is und ich schon darum trauere. Jetzt erst fällt mir auf, daß Sterben ein Prozeß is, kein einmaliges Ereignis. Die Menschen sterben nach und nach, immer mehr. Sie verrotten langsam in den Heimen oder Krankenhäusern oder an Orten wie diesem hier.
    Tommy kann nich aus West Granton raus. Er hat sich mit seiner Ma überworfen. Seine Wohnung is eine dieser Krampfaderbuden, so genannt wegen der übertünchten Risse in den Wänden. Tommy hat sie über die Bezirksstelle gekriegt. Auf der Warteliste stehen fünfzehntausend Leute, aber die hier wollte keiner. Die Bude is n Gefängnis. Der Bezirk kann nichts dafür; die Regierung hat ihn gezwungen, die guten Häuser alle zu verkaufen, und was dann noch übrig blieb, war dann für Leute wie Tommy. Politisch is das überaus sinnvoll. Hier unten wählt sowieso keiner die Regierung, warum also was für Leute tun, die einen nicht unterstützen? Moralisch is das was anderes. Aber was hat denn schon Moral mit Politik zu tun? Da gehts doch bloß um Schotter.
    – Wie siehts in London aus? fragt Tommy.
    – Nich schlecht. Eigentlich genauso wie hier, weißte.
    – Garantiert, sagt er sarkastisch.
    PEST stand in großen schwarzen Buchstaben auf der schweren, mit Sperrholz verstärkten Tür gepinselt. Daneben MACH DIE FLATTER und JUNKY . Die Assi-Wanzen belästigen einfach jeden. Hat sich zwar noch keiner getraut, Tommy was ins Gesicht zu sagen. Tommy isn harter Hund, er glaubt an die Disziplin des Baseballschlägers, wie sich Begbie ausdrückt. Und er hat harte Kumpel, wie Begbie, und nich ganz so harte, wie mich. Aber trotzdem
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