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Trainspotting: Roman (German Edition)

Trainspotting: Roman (German Edition)

Titel: Trainspotting: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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sei. Das war alles.
    Sie hatten das Pub verlassen und sich dann getrennt. Stevie war zur U-Bahn-Station gegangen, um nach Kings Cross zu fahren, die Sporttasche über die Schulter geworfen. Er war stehengeblieben, hatte sich umgedreht und ihr nachgeschaut, wie sie über die Brücke ging.
    Ihre langen, lockigen braunen Haare hatten wild im Wind geflattert, als sie, gekleidet in Matrosenjacke, kurzem Rock, dicker schwarzer Strumpfhose und den riesigen Doc Martens, davonging. Er hatte gehofft, daß sie ihm noch einen Blick zuwerfen würde. Sie hatte sich nicht umgedreht. Am Bahnhof hatte sich Stevie eine Flasche Bell’s Whisky gekauft und sie leergesoffen, bis der Zug in der Waverley Station eingefahren war.
    Seine Stimmung hatte sich seitdem nicht gebessert. Er saß auf der Resopalplatte und starrte die Kacheln an. Francos Freundin June kam herein, lächelte ihn an und holte nervös was zu trinken. June redete nie was und schien bei solchen Anlässen schlicht überfordert. Franco sprach für sie beide.
    Als June verschwand, kam Nicola herein, gefolgt von Spud, der ihr wie ein treuer sabbernder Hund folgte.
    – He… Stevie… Gutes Neues Jahr und so weiter… sagte Spud träge.
    – Wir haben uns schon gesehen, Spud. Wir waren letzte Nacht zusammen am Tron Square, weißte noch?
    – Ach ja… immer cool bleiben, Alter, sagte Spud, bemühte sich um einen klaren Blick und nahm sich eine Flasche Cider.
    – Alles in Ordnung, Stevie? Was macht London? fragte Nicola.
    O nein, dachte Stevie. Mit Nicola kann man sich so gut unterhalten. Der schütt ich nun das Herz aus… nein, lieber nich… lieber doch.
    Stevie fing an zu erzählen. Nicola hörte aufmerksam zu. Spud nickte teilnahmsvoll und deutete ab und zu an, daß die ganze Geschichte einfach »zu verdammt heavy« sei.
    Stevie hatte das Gefühl, sich lächerlich zu machen, aber er konnte nicht anders. Nicola hielt ihn bestimmt für eine Trantüte, Spud auch. Aber er konnte nicht aufhören. Schließlich verschwand Spud, an seine Stelle trat Kelly. Dann kam noch Linda hinzu. Im Vorderzimmer ging es wohl langsam mit den Fußballiedern los.
    Nicola gab ihm einen praktischen Rat: – Ruf sie an, warte, bis sie anruft, oder fahr runter und geh zu ihr.
    – STEVIE! KOMM MAL HER, DU ARSCHLOCH! brüllte Begbie. Der ließ sich willig zurück ins Vorderzimmer zerren. – Steht da und quatscht die Weiber in der Küche voll. Du bist ja noch schlimmer als der blöde Arsch da drüben, dieser blöde Jazz-Purist. Er zeigte auf Sick Boy, der mit der Frau knutschte, die er vollgelabert hatte. Sie hatten vorher mitbekommen, wie sich Sick Boy ihr gegenüber als Jazz-Purist bezeichnete.
    So we’re all off to Dublin in the green – fuck the queen!
    Where the helmets glisten in the sun – fuck the huns!
    And the bayonets slash the orange sash
    To the echo of the Thomson gun.
    Stevie saß bedrückt da. Bei dem Lärm würde er das Telefon nie hören.
    – Haltet mal alle die Schnauze! rief Tommy. – Jetzt kommt mein Lieblingslied. Die Wolfetones sangen Banna Strand. Tommy brummelte mit ein paar anderen mit.
    on the lo-ho-honely Ba-nna strand.
    Ein paar Augen wurden feucht, als die Wolfetones James Connolly sangen. – Ein verdammt großer Rebell, ein verdammt großer Sozialist und ein verdammt großer Hibs-Fan. Der verdammte James Connolly, Mann, sagte Gav zu Renton, der bedächtig nickte.
    Manche sangen mit, andere versuchten, über die Musik hinweg ihre Gespräche fortzusetzen. Doch als The Boys of the Old Brigade lief, stimmten alle ein.
    Oh fa-ther why are yoo-hoo so-ho sad
    on this fine Ea-heas-the-her morn
    – Sing, du Arschloch! sagte Tommy und rammte Stevie den Ellbogen in die Rippen. Begbie drückte ihm erneut eine Dose Bier in die Hand und legte ihm den Arm um den Hals.
    Whe-hen Irish men are prou-houd ah-hand glad
    of the land where they-hey we-here born
    Stevie machte sich Sorgen wegen der Musik. Sie klang ein wenig verzweifelt. Wenn sie nur laut genug sangen, so schien es, dann würde die Musik sie zu einer mächtigen Bruderschaft zusammenschweißen. Es handelte sich, wie es im Lied hieß, um den »Ruf zu den Waffen« und hatte nur wenig mit Schottland und Neujahr zu tun. Das war Kampfmusik. Stevie wollte gegen niemanden kämpfen. Aber die Musik war auch sehr schön.
    Die Kater wurden durch die Sauferei in den Hintergrund gedrängt und gleichzeitig weiter gefüttert. Inzwischen waren sie schon so groß, daß man ernstlich Angst vor ihnen haben mußte. Die Jungs würden nicht

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