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Trainspotting: Roman (German Edition)

Trainspotting: Roman (German Edition)

Titel: Trainspotting: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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lächerlich viele Chancen aus; es war das reinste Schulgekicke, aber die Hearts konnten wenigstens ein paar Dinger versenken. Sick Boy hielt den Kopf zwischen den Händen. Franco starrte böse zu den tanzenden Heart-Fans am anderen Ende des Stadions hinüber. Rents brüllte, der Manager solle zurücktreten. Tommy und Shaun stritten sich über die Unzulänglichkeiten in der Verteidigung und versuchten, jemandem die Schuld an dem Tor zu geben. Gav verfluchte die freimaurerischen Neigungen des Schiris, und Dawsy jammerte noch immer über die versiebten Chancen der Hibs. Spud (Drogen) und Second Prize (Alkohol) waren vollkommen fertig und lagen in der Wohnung herum. Ihre Eintrittskarten taugten bloß noch als Futter für die Küchenschaben. Stevie war das im Augenblick völlig egal. Er war verliebt.
    Nach dem Spiel trennte er sich von den anderen, um zum Bahnhof zu gehen und Stella abzuholen. Die Mehrzahl der Hearts-Fans war ebenfalls auf dem Weg dorthin. Stevie bemerkte nichts von der aufgeladenen Stimmung. Einer der Typen brüllte ihm ins Gesicht. Die Arschlöcher haben vier-eins gewonnen, dachte Stevie. Was zum Henker wollten sie noch? Blut? Offensichtlich.
    Auf dem Weg zum Bahnhof ließ Stevie ein paar wenig einfallsreiche Beschimpfungen über sich ergehen. Denen fiel doch sicher was Besseres ein als »Hibby-Bastard« oder »Protestantenschwein.« Ein Held, der von seinen blökenden Freunden herausgefordert worden war, versuchte, ihn von hinten umzureißen. Er hätte seinen Schal abnehmen sollen. Woher zum Henker hätte er das wissen sollen. Er war doch jetzt Londoner, was hatte sein jetziges Leben denn mit diesem ganzen Scheiß zu tun? Er versuchte gar nicht erst, Antworten auf seine Fragen zu finden.
    In der Bahnhofshalle kam eine Gruppe auf ihn zumarschiert. – Hibby-Bastard! rief ein Junge.
    – Das seht ihr ganz falsch. Ich bin n Fan von Borussia Mönchengladbach.
    Er spürte einen Schlag seitlich gegen den Mund und schmeckte Blut. Ein paar Tritte noch, dann marschierte die Gruppe davon.
    – Frohes Neues Jahr, Jungs! Liebe und Frieden, Jambo-Brüder! lachte er hinter ihnen her und sog an seiner sauer schmeckenden, aufgeplatzten Lippe.
    – Der Arsch hats doch am Kopf, meinte einer der Typen. Stevie dachte schon, sie würden wieder kehrtmachen, statt dessen aber richteten sie ihre Aufmerksamkeit auf eine asiatische Frau mit ihren zwei kleinen Kindern.
    – Verdammte Paki-Schlampe!
    – Geh doch zurück, wo du hergekommen bist!
    Sie machten alle zusammen affenartige Geräusche und Gesten und verließen den Bahnhof.
    – Sind das nicht reizende, einfühlsame junge Männer, meinte Stevie zu der Frau, die ihn anstarrte wie ein Kaninchen das Wiesel. Sie sah nur einen weiteren weißen Jugendlichen mit versoffener Stimme, der blutete und nach Alkohol stank. Vor allen Dingen sah sie einen weiteren Fußballschal wie den, den die Jugendlichen trugen, die sie beschimpft hatte. Für sie gab es da keinen Farbunterschied, und damit hatte sie recht, wie Stevie traurig und verbittert erkannte. Genausogut hätten sie wohl auch Grüngekleidete schikanieren können. In jeder Fangruppe gab es Arschlöcher.
    Der Zug hatte fast zwanzig Minuten Verspätung, für British Rail eine außerordentliche Leistung. Stevie fragte sich, ob Stella wohl in dem Zug war. Er wurde von Wahnvorstellungen gepackt. Angst ergriff ihn und durchzog seinen Körper in Wellen. Viel hing davon ab, so viel wie noch nie. Er konnte sie nirgendwo sehen, konnte sich nicht mal ihr Bild vor Augen rufen. Dann stand sie fast direkt vor ihm, sah ganz anders aus, als er sie in Erinnerung hatte, realer, schöner. Es lag an dem Lächeln, an den erwiderten Gefühlen. Er lief zu ihr und nahm sie in die Arme. Sie küßten sich sehr lange. Als sie aufhörten, war der Bahnsteig leer, und der Zug war bereits unterwegs nach Dundee.
    Das versteht sich doch von selbst
    Von draußen kommtn Mordsgeschrei. Sick Boy, der völlig fertig in der Fensternische neben mir liegt, springt auf wien Hund, den man mit ner Pfeife ruft. Mich schauderts. Der Lärm is mir voll in die Glieder gefahrn. Lesley kommt schreiend ins Zimmer. Grauenvoll. Ich will, daß sie aufhört. Sofort. Das halt ich nich aus. Keiner von uns hält das aus. Nichts im Leben wünsch ich mir so sehr, als daß sie aufhört zu schrein.
    – Das Baby… das Baby… Dawn o Gott o Gott verdammt, das ist das einzige, was ich in dem Krach verstehen kann. Lesley bricht auf der ausgeleierten Couch zusammen. Mein Blick bleibt an einem

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