Trainspotting: Roman (German Edition)
und probiert die Karateschläge, Würgereien, Messerstechereien usw. an mir aus. Seine Nacherzählung dauert doppelt so lang wie der Film selbst. Morgen früh werd ichn paar blaue Flecken haben, und dabei bin ich noch nich mal besoffen.
Wir trinken in ner Galeriebar, und eine Gruppe von Bekloppten, die das überfüllte Pub unter uns betreten, weckt unser Interesse. Sie kommen lärmend hereingestolpert und wirken bedrohlich.
Ich hasse solche Arschlöcher. Arschlöcher wie Begbie. Arschlöcher, die jedem Typen, der anders is, n Baseballschläger überziehen, Pakis, Schwulen, was immer. Verdammte Verlierer in nem Land voller Verlierer. Hilft doch nichts, den Engländern dafür die Schuld zu geben, weil sie uns kolonisiert haben. Ich hasse die Engländer nich. Sind doch bloß Wichser. Wir sind von Wichsern kolonisiert worden. Wir können uns noch nich mal ne anständige, lebendige, gesunde Kultur aussuchen, die uns kolonisiert. Nein. Wir werden von ausgelutschten Arschlöchern regiert. Und was sind wir dann? Das Letzte vom Allerletzten, der Abschaum der Menschheit. Der erbärmlichste, jämmerlichste, kümmerlichste Haufen, der je auf die Welt geschissen wurde. Ich hasse die Engländer nich. Die schlagen sich bloß mit dem Scheiß rum, den sie gekriegt haben. Ich hasse die Schotten.
Begbie redet über Julie Mathieson, auf die er mal mächtig scharf war. Julie hat ihn immer gehaßt. Ich mochte Julie, vielleicht genau deswegen. Sie warn gutes Mädchen. Sie hatn Baby gekriegt, als sie schon AIDS hatte, aber das Baby war okay, gottseidank. Julie kam dann zusammen mit dem Baby im Krankenwagen aus dem Hospital nach Haus, dabei warn zwei Kerle in so ner Art strahlensicherem Anzug – Helm und so. Das war 1985. Was dann kam, war klar. Die Nachbarn hams gesehen, flippten aus und ekelten sie aus dem Haus. Wenn sie dir erstmal HIV angehängt haben, dann biste am Arsch. Vor allen Dingen ne alleinstehende Frau. Eine Belästigung folgte der anderen. Schließlich kriegte sie nen Nervenzusammenbruch, und bei ihrem geschädigten Immunsystem war sie ne leichte Beute für Aids .
Letztes Weihnachten is Julie gestorben. Zur Beerdigung hab ichs nich geschafft. Da lag ich auf ner Matratze in Spuds Bude in meiner eigenen Kotze und war viel zu fertig, um mich zu rühren. Echt schade, Julie und ich waren doch gute Freunde. Wir haben nie miteinander geschlafen oder sowas. Wir fanden beide, daß das unsere Freundschaft zu sehr verändern würde, wie das eben zwischen Männern und Frauen so is. Durch Sex wird ne richtige Beziehung draus, oder sie is zu Ende. Wenn man miteinander geschlafen hat, kann man vor oder zurück, aber den bisherigen Zustand aufrechterhalten is schwierig. Julie sah richtig gut aus, als sie mit Heroin anfing. Das is bei den meisten Frauen so. Scheint das Beste aus ihnen herauszuholen. Heroin gibt erst mal, bevor es fordert, aber dann mit Zinsen.
Begbies Nachruf auf Julie lautet: – Sone beschissene Verschwendung, son klasse Hintern.
Ich verkneif mir, ihm zu sagen, was für ne Verschwendung ne silberne Revolverkugel für ihn wär. Ich versuche, mir meine Wut nich anmerken zu lassen; kommt sowieso nix dabei raus, außer daß ich eins aufs Maul krieg. Ich geh nach unten und hol noch ne Runde.
Die bescheuerten Kerle stehen an der Bar und rempeln sich gegenseitig und alle anderen an. Bedient zu werden isn Alptraum. Eine Mosaikhülle aus Narbenhaut und Tätowierungen, vermutlich steckt da n Arsch drin, brüllt den nervösen Barkeeper an: – NE DOPPELTE WODKA-COLA! NE VERDAMMTE DOPPELTE WODKA-COLA, DU ARSCH! Ich starre die Whiskyflaschen im Regal an und versuch so gut ich kann, dem Kerl nich in die Augen zu sehen. Aber meine Augen scheinen ein Eigenleben zu führen und drehen sich unwillkürlich zu ihm hin. Ich krieg ne rote Birne, und alles kribbelt, wie in Erwartung einer Faust oder einer Flasche. Diese Arschlöcher sind total gestört, verrückter als verrückt.
Ich trag die Gläser zurück, erst die Drinks für die Frauen, dann die Pints.
Dann passiert’s.
Ich hab bloß das Pint Export vor Begbie abgestellt. Er trinktn Schluck; dann schmeißt er mit einer kleinen Handbewegung das leere Glas vom letzten Bier über die Brüstung. Es ist so ein dickes, mit vielen Dellen, und ich kann aus dem Augenwinkel sehen, wies durch die Luft fliegt. Ich seh Begbie an, der lächelt, Hazel und June schauen verwirrt, und in ihren Gesichtern spiegelt sich meine eigene lähmende Angst.
Das Glas schlägt diesem Arsch den Schädel auf,
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