Trainspotting: Roman (German Edition)
bleibt nun immer wieder an einem schlanken Mädchen mit glatten, langen braunen Haaren hängen, die sich an den Spitzen leicht nach oben drehen. Sie ist schön braun und hat feine Gesichtszüge, die durch ihr Make-up geschmackvoll betont werden. Sie trägt ein braunes Oberteil und eine weiße Hose. Renton spürt, wie ihm das Blut aus der Magengrube fließt, als die Frau die Hände in die Taschen steckt und so die Umrisse des Slips deutlich hervortreten. Es ist soweit.
Ein Typ mit einem runden, aufgedunsenen Gesicht, in einem Hemd mit offenem Kragen, das sich über seinem fetten Bauch spannt, quatscht die Frau und ihre Freundin voll. Renton, der ein unverhohlenes Vorurteil gegen Übergewichtige pflegt, nutzt die Gelegenheit, dem nachzugeben.
– Spud: kuck dir mal dieses fette Stück an. Vollgefressener Sack. Ich glaub nich an den ganzen Scheiß von wegen Drüsenprobleme oder Stoffwechsel. Im Fernsehen siehste in Berichten aus Äthiopien auch keine fetten Säcke. Ham die vielleicht keine Drüsen? Erzähl mir nix. Spud reagiert auf diesen Ausbruch nur mit einem speedseligen Lächeln.
Renton findet, daß das Mädchen Geschmack beweist, weil sie dem fetten Kerl die kalte Schulter zeigt. Ihm gefällt die Art, wie sie das tut. Bestimmt und würdevoll, ohne ein Arschloch aus ihm zu machen, läßt sie ihn mit deutlichen Worten wissen, daß sie nicht interessiert ist. Der Typ lächelt, streckt die Hände aus und legt den Kopf zur Seite, untermalt von einer Salve hämischen Gelächters seiner Kumpel. Nach diesem Zwischenfall ist Renton noch entschlossener als zuvor, mit der Frau zu reden.
Renton bedeutet Spud, mit ihm rüberzugehen. Er tut nicht gern den ersten Schritt und ist froh, daß Spud ihre Freundin anquatscht; normalerweise übernimmt Spud nie die Initiative. Das Speed hilft offenbar, auch wenn Renton mit einiger Beunruhigung hört, daß Spud über Frank Zappa quasselt.
Er versucht es mit einer Annäherung, die er für lässig, aber interessiert, ehrlich, aber locker hält.
– Tut mir leid, daß ich einfach so reinplatze. Ich wollte dir nur sagen, wie toll ich deinen außerordentlich guten Geschmack fand, wie du diesem fetten Sack grad eben Manieren beigebracht hast. Da dachte ich, es könnte interessant sein, mich mit dir zu unterhalten. Wenn du meinst, ich soll dem fetten Kerl gleich hinterhergehen, bin ich nicht sauer. Ach, ich heiße übrigens Mark.
Die Frau lächelt ihn auf leicht verwirrte und herablassende Art an, aber Renton findet, daß dieses Lächeln ein »zisch ab« um Längen schlägt. Sie unterhalten sich, und Renton wird unsicher wegen seines Aussehens. Der Speed-Kick läßt langsam nach. Er hat Angst, daß seine Haare doof aussehen, so schwarz gefärbt, weil dann seine orangefarbenen Sommersprossen, der Fluch des Rothaarigen, so hervorstechen. Er hat immer gefunden, daß er wie David Bowie zu Ziggy-Stardust-Zeiten aussah. Vor ein paar Jahren meinte allerdings eine Frau zu ihm, er sei Alec McLeish, dem Nationalspieler, der bei Aberdeen kickt, wie aus dem Gesicht geschnitten. Das ist an ihm hängengeblieben. Wenn Alec McLeish seine Schuhe an den Nagel hängt, hat Renton beschlossen, dann fährt er rauf nach Aberdeen, um ihm als Zeichen der Dankbarkeit seine Reverenz zu erweisen. Allerdings fällt ihm dabei ein, wie Sick Boy einmal traurig den Kopf schüttelte und fragte, wo n Arsch, der aussieht wie Alec McLeish, bloß die Hoffnung hernimmt, daß die Frauen auf ihn fliegen.
Also hat sich Renton die Haare schwarz gefärbt und hochgestachelt, um das McLeish-Image loszuwerden. Jetzt macht er sich Sorgen, daß jede Frau, mit der er ins Bett geht, sich totlacht, wenn er sich auszieht und sie seine roten Schamhaare sieht. Er hat sich auch die Augenbrauen gefärbt und schon daran gedacht, sich die Schamhaare zu färben. Dummerweise hatte er seine Mutter um Rat gefragt.
Kiebig durch ihre hormonelle Unausgeglichenheit, die ihre Wechseljahre mit sich brachten, hatte sie zu ihm gesagt: – Was soll der Blödsinn, Mark.
Die Frau heißt Dianne. Renton glaubt, daß er sie für schön hält. Eine solche Einschätzung ist wichtig, da ihn seine früheren Erfahrungen gelehrt haben, seinem Urteil nie ganz zu trauen, wenn ihm Chemikalien durch Körper und Gehirn rasen. Die Unterhaltung wendet sich der Musik zu. Dianne erzählt Renton, daß sie die Simple Minds mag, und schon haben sie ihren ersten kleinen Streit. Renton mag die Simple Minds nicht.
– Die Simple Minds sind doch bloß noch Scheiße, seit sie sich
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