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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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und humanitäre Hilfe. Dort konzentrierte
sich seine Kompetenz auf die Gebiete Indien, Bangladesch und Pakistan. Für seine
hohe Einsatzbereitschaft während der Flutkatastrophe in Pakistan im letzten Jahr
heimste er ordentlich Lorbeeren ein. Und auch ich erinnerte mich an sein Gesicht,
das er in diversen Fernsehauftritten und bei Spendenaufrufen zeigte. Er war stets
schwarz gekleidet, stets gut gekämmt und lächelte nie. Er war mir eigentlich nicht
sympathisch.
    Vor seiner
Zeit in Düsseldorf war Schwarzinger etliche Jahre als Botschafter nach Neu-Delhi
entsandt. Nach den Terroranschlägen in Mumbai 2006 und 2008 reiste er in die Hafenstadt,
um zu schlichten, zu helfen und dem Auswärtigen Amt Bericht zu erstatten. Bis zuletzt
galt er als ausgezeichneter Indien-Experte sowie enger Vertrauter der BJP, der zwischen
1998 und 2004 mitregierenden Indischen Volkspartei.
    Eine Woche
vor seinem Tod gab das Auswärtige Amt bekannt, dass Schwarzinger als Beauftragter
für zivile Krisenprävention, Menschenrechte und internationalen Terrorismus in die
Abteilung Vereinte Nationen abberufen werden sollte. Ob er sein neues Büro noch
in Augenschein nehmen konnte, wagte ich zu bezweifeln.
    Ich scrollte
weiter nach unten, um die letzten Interviews mit ihm zu lesen, wurde jedoch durch
mein Telefon abgelenkt. Es war Ansmanns Bürodurchwahl.
    »Haben Sie
und Pankowiak sich wieder vertragen?«, fragte er.
    »Wir sind
ein Herz und eine Seele«, sagte ich.
    »Gut.«
    »Warum interessiert
Sie das?«
    »Ich wollte
nur sichergehen, dass es zwischen Ihnen beiden keine Probleme geben wird. Ich weiß,
dass Sie in letzter Zeit nicht gut auf ihn zu sprechen waren.«
    »Ich komme
schon klar«, sagte ich.
    »Tun Sie
mir nur einen Gefallen: Passen Sie ein wenig auf, dass er nicht irgendwelche Dummheiten
macht.«
    Beinahe
lachte ich. »Aufpassen? Ich? Auf ihn? Wollen Sie mich veräppeln?« Dann erinnerte
ich mich daran, was Gregor mir auf dem Friedhof erzählt hatte. »Hat das irgendetwas
mit der augenblicklichen Unruhe im Präsidium zu tun?«
    »Unruhe«,
wiederholte er. »Ihnen ist doch klar, warum Pankowiak niedergeschossen wurde?«
    »Er wollte
Minderhoud verpfeifen.«
    »Ja«, sagte
Ansmann. »Und sich gleich mit dazu.«
    »Um sich
Straffreiheit zu erkaufen«, ergänzte ich. »Ich weiß davon. Er hat es mir erzählt.«
    »Ach ja?«
Er klang genervt. »Hat er Ihnen auch erzählt, was man im Präsidium von einem Expolizisten
hält, der seine Loyalität über den Jordan wirft, um eine Straftat zu gestehen?«
    »Wollen
Sie mir etwa weismachen, niemand im Präsidium wusste davon, dass sich Gregor manchmal
über den Rand der Legalität hinaus bewegt? Haben Sie ihn sich einmal angesehen?
Sein ganzer Rücken schreit nach Strafverfolgung.«
    »Es geht
nicht darum, was man weiß oder, so wie Sie, zu wissen glaubt, sondern was schwarz
auf weiß in den Akten steht. Alles andere nennt man Grauzone. Tun Sie mir also den
Gefallen und halten Sie ihn zurück, auch um seinetwillen. Auf Sie wird er hören.«
Er stockte. »Und erzählen Sie ihm nichts davon, dass wir miteinander gesprochen
haben.«
     
    Die Nacht war schwarz und kühl,
die Rollläden nicht heruntergelassen. Ich rollte mich eine ganze Weile in meinem
Bett hin und her, schaffte es aber nicht, die Augen zuzulassen – zu viele Gedanken
wollten noch nicht schlafen gehen, sondern am besten sofort verarbeitet werden.
    Gegen ein
Uhr stand ich schließlich auf und tapste in die Küche, um mir einen Tee aufzukochen.
Als das Wasser begann, in dem Wasserkocher über den Rand zu blubbern, klopfte es
leise an der Tür. Langsam zog ich sie auf. Der Mann mit dem Stock wartete auf der
anderen Seite.
    »Bitte nicht
wieder schreien.«
    Ich winkte
ihn hinein. »Möchten Sie einen Pfefferminztee?«
    »Gerne.«
Er folgte mir in die Küche. Sein Stock klapperte auf den Fliesen. »Warum sind Sie
noch wach?«
    »Zu viele
Dinge, die mich beschäftigen«, sagte ich nur.
    »Ja, das
kenne ich.«
    Ich schüttete
das heiße Wasser in zwei Tassen, warf Teebeutel hinein und lotste Guido Brülling
ins Wohnzimmer. Sternenlicht dekorierte die Scheiben. Als ich mit dem Ellenbogen
das Licht anknipste, machte er eine ermahnende Handbewegung, doch ich ignorierte
sie. Van Spreuwen war eingebuchtet und Guido Brülling augenscheinlich paranoid.
Ich hatte es satt, mich zu verstecken.
    Ich balancierte
die heißen Tassen zum Couchtisch und setzte mich neben Brülling aufs Sofa. Ich musterte
ihn für eine Weile, schließlich hatte ich ja

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