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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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tun?«
    »Ich war nicht sicher.«
    »Wärst du trotzdem gekommen?«
    »Nein«, sagte sie mit fester Stimme. »Du musstest mich rufen. Du musst es wollen.«
    Was wollen?, fragte ich mich. »Hör zu, Alia, wenn du aus der Zukunft kommst, warum hilfst du uns dann nicht?«
    »Euch helfen? Wie?«
    »Wir mühen uns ab, diesen Flaschenhals zu überwinden.
    Unser Hydrat-Stabilisierungsplan ist ein Provisorium; das ist dir doch bestimmt klar. Warum gibst du uns nicht irgendeine Hilfestellung – vielleicht eine technologische Unterweisung?«
    Sie musterte mich, und ich glaubte, die wahre Antwort in ihrer Miene zu sehen. Weil es ebenso nützlich wäre, wie einem Australopithecinen ein Lasergewehr in die Hand zu drücken. Takt schien für sie jedoch kein Fremdwort zu sein. »Ihr braucht unsere Hilfe nicht, Michael. Nicht auf diese Weise. Ihr werdet es auch ohne uns schaffen. Ist das nicht besser?«
    Vielleicht. Aber ich hatte die Frage stellen müssen. »Dies hier bedeutet dir eine Menge, Alia. Dass du mich beobachtest, diese Besuche. Das sehe ich.«
    »Ja…«
    »Ich bedeute dir eine Menge. Nicht wahr?«
    Ihre Augen in dieser Fellmaske leuchteten sternenhell. »Ich bin mit dir aufgewachsen. Wenn ich dich gesehen habe, besonders wenn du unglücklich warst…« Sie streckte eine kräftige, langfingrige Hand nach mir aus und zog sie dann wieder zurück. »Ich wollte mehr. Ich wollte dich berühren. Das konnte ich natürlich nicht.«
    Verdammt, dachte ich. Ich merkte, dass ich Mitleid mit ihr verspürte. Aber wenn ich schon beobachtet werden musste, war es vielleicht ein Glück, dass ich an jemanden geraten war, der Zuneigung zu mir empfand. Wäre ich am anderen Ende der Zeitkorridore auf einen Feind gestoßen, hätte das ganz andere Folgen haben können. Tief unter diesen Anwandlungen von Mitleid war ich jedoch zornig – zornig, dass mein ganzes Leben von der Sorglosigkeit dieser künftigen Voyeure ruiniert worden war.
    Und dann machte Alia es noch schlimmer.
    Sie beugte sich nah zu mir. »Einmal war ich mit dem Kind verbunden, Michael. Morags zweitem Sohn. In einer hypostatischen Vereinigung, die…«
    Mein Sohn, der gestorben war – nein, Johns Sohn. Mir war kalt. »Du hast ihn beobachtet?«
    »Mehr als das. Ich war ihm näher, als wenn ich ihn nur beobachtet hätte. Ich habe empfunden, was er empfand. Ich habe sein Leben gelebt. Er hat nicht gelitten. Auf seine Weise hat er sogar Freude gekannt.«
    Ich rückte abrupt von ihr ab. »Herrgott. Was gibt dir das Recht dazu?«
    Sie sah mich schockiert an. »Ich wollte dir von ihm erzählen, um dir zu helfen.« Dann senkte sie demütig den Blick. »Es tut mir Leid.«
    »Ich… Ach, verdammt.« Wie sollte ich damit fertig werden? »Hör mal, ich wollte dich nicht verletzen. Ich weiß, es ist nicht deine Schuld.«
    »Du hast dich immer nach Morag gesehnt. Und am Ende wurde sie dir zurückgegeben.«
    »Ja. Aber wir waren nicht glücklich. Vielleicht hätten wir es auch niemals sein können.«
    »Du hast mir Leid getan«, sagte sie. Es klang ehrlich, und ich glaubte ihr. »Aber weil du mit Morag nicht glücklich sein konntest, bin ich jetzt hier. Und aus demselben Grund muss ich dich bitten, uns zu helfen.«
    »Uns? Ich verstehe nicht, Alia.«
    »Ich muss dir so viel erzählen«, sagte sie. »Über die Transzendenz. Und die Erlösung…«
    Und während sie sprach, öffnete sich vor mir eine Tür zum endgültigen Schicksal der Menschheit.

 
56
     
     
    Als Rosa die virtuelle Aufzeichnung von meinem letzten Gespräch mit Alia sah, war sie wie elektrisiert. Sie rief uns zusammen. Erneut versammelten sich die Pooles in einem anderen Raum des Hotels in Deadhorse: ich, Tom, John und Tante Rosa, die aus Sevilla projizierte.
    Diesmal hatte Tom Sonia mitbringen wollen, aber sie drückte sich. Zu meiner nicht geringen Überraschung stieg auch Gea aus. Sie nannte dieselbe Begründung wie Sonia: »Familienangelegenheiten.« Nur dass Gea mit »Familie« nicht nur uns Pooles meinte, sondern die menschliche Familie. Dies war ein Thema für die Gattung, und unsere künstlichen Gefährten würden uns jetzt nicht helfen können. Allerdings drängte mich wie üblich ein tief sitzender Instinkt, mindestens einen unabhängigen Geist dazuzuholen, nämlich Shelley Magwood. Sie jammerte, wie viel sie zu tun hätte, kam aber trotzdem.
    Alle hatten Alias seltsame Einladung an mich gehört; sie war von den Sicherheitssystemen des Hotels und von Monitoren aufgezeichnet worden, die Gea bei mir gelassen hatte.

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