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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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entschuldigen? Wofür?«
    »Das wirst du herausfinden müssen.« Ihr Gesicht war nah an meinem; sie starrte mich angespannt und sehnsüchtig an. »Aber aus diesem Grund musst du selbst in den Rang einer Transzendenz erhoben werden, Michael, damit du würdig bist, der Transzendenz Absolution zu erteilen, was ein normaler Sterblicher niemals könnte.«
    Mein Unwirklichkeitsgefühl verstärkte sich. Ich flüsterte Shelley zu: »Warum konnte ich nicht einfach glauben, ich wäre Napoleon Bonaparte?«
    Shelley ergriff meine Hand. »Michael, ich habe nicht vor, einer Horde Übermenschen zu erlauben, Sie an ein metaphysisches Kreuz zu nageln.«
    »Aber wir haben vielleicht keine andere Wahl«, sagte Rosa.
    »Das ist doch krank, Rosa«, erwiderte ich.
    »Ja«, sagte sie eindringlich. »Genau das ist es. Krank. Mag sein, dass die Transzendenz nach der Göttlichkeit greift, aber sie ist aus irgendwelchen Gründen mit einem Makel behaftet, Michael. Weshalb sollte sie sich sonst eine solche Quälerei, eine solch verdrehte Entschuldigung zumuten? Ja, sie ist wahrscheinlich krank – geisteskrank. Aber vergiss nicht, sie ist mächtig. Wir wissen, dass sie um die Krümmung der Zeit herumgreifen kann. Wir wissen, dass sie die Toten wieder zum Leben erwecken kann. Ein wahnsinniger Gott ist unvorstellbar gefährlich. Deshalb müssen wir einen Weg finden, mit ihr fertig zu werden.«
    John starrte sie an und brach in schallendes Gelächter aus.
    »Ich verstehe, was du empfindest«, sagte Rosa. »Ich verstehe es wirklich. Das übersteigt unser aller Vorstellungsvermögen. Dennoch ist uns diese seltsame Verantwortung auferlegt worden.« Ihre Miene war ernst und erregt zugleich. »Wir befinden uns an einem Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, Michael. Du befindest dich dort. Ich weiß, du bist voller Zweifel. Du glaubst, dieser Herausforderung nicht gewachsen zu sein. Du fürchtest, du könntest von Megalomanie fortgetragen werden; du traust nicht einmal dir selbst. Aber du wirst es tun, Michael. Du wirst Alia noch einmal rufen. Du wirst dich von ihr in die Transzendenz mitnehmen lassen. Du wirst es tun, nicht wahr? Ich sehe es in deinen Augen. Es liegt nicht in deinem Herzen, deiner Seele, dich einfach abzuwenden…«
    Ich hasste mich dafür. Ich konnte es nicht einmal ertragen, Tom anzusehen oder John, oder Shelley, diese Repräsentanten meines gesunden Menschenverstands, meines Gewissens. Aber Rosa hatte Recht. Sie kannte mich zu gut. Selbst wenn Morags Geist nichts mit all dem zu tun gehabt hätte, wäre ich kopfüber hineingesprungen.
    Rosa sagte: »Vergiss nicht, die Transzendenz ist nicht allmächtig.«
    »Nein?«
    »Das wissen wir. Die stellvertretende Sühne, die sie sucht, beweist es: Dieses Konzept haben wir in der Entwicklung unseres Denkens schon vor Jahrhunderten überwunden. Im Vergleich zur Transzendenz sind wir klein, langsam, dumm und schwach. Aber es gibt zumindest einen Punkt, in dem sie uns unterlegen ist. Du kannst mit ihr fertig werden, Michael.«
    Als wir uns trennten, hatte John noch eine Frage an Rosa. »Angenommen, all dies ist wahr. Dass sich die Zukunft über die Gegenwart und die Vergangenheit faltet, dass unsere Nachfahren in ferner Zukunft gottähnlich werden. Was für eine Chance habt ihr Katholiken dann? Das Spiel ist aus, oder?«
    Rosa lächelte dünn. »Die christliche Kirche hat den Fall von Rom, die Wissenschaft von Aristoteles und Newton, Galileo, Kopernikus und Einstein überlebt. Der Katholizismus hat sogar Martin Luther überlebt. Ich glaube, wir werden auch dies überleben.«
    Und sie verschwand.
     
    Tom kam zu mir. Er machte sich nicht einmal die Mühe zu fragen, ob ich es tun würde. »Wann«, sagte er. »Sag mir, wann, Dad.«
    Ich zuckte die Achseln. »Wozu warten? Tapferer werde ich nicht.« Ich war keineswegs sicher, dass ich Mut brauchte; wenn etwas so weit außerhalb des Vorstellungsvermögens liegt, ist es schwer, sich auch nur davor zu fürchten. »Du willst mich doch nicht wieder als Instrumentalisten bezeichnen, oder, Tom?«
    »Nein. Ich sehe, dass du es nicht für dich selbst tust, auf keiner Ebene. Du tust es aus demselben Grund, warum du nach dem Bombenanschlag sofort wieder zum Hydratprojekt zurückgekehrt bist. Du wirst es tun, weil du glaubst, es tun zu müssen.«
    »Die Transzendenz hat mich ausgewählt…«
    »Ich weiß.«
    »Aber es tut mir Leid, Tom.«
    »Was denn?«
    »Dass ich wieder weggehe und dich allein lasse. Immer das gleiche alte Lied.«
    »Okay. Aber diesmal bin ich

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