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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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das arme Baby – das war ich – bei Kräften bleiben müsse, und Barney nahm sie mir dann immer weg und sagte, er wolle nicht, dass ich fett würde. Und dann gab er sie mir, wenn ich sie mit ihm teilte und es nicht Eileen erzählte, weil sie nicht wollte, dass er mit seiner Diät aufhört. Ich weiß noch, wie er einmal gesagt hat« – ihre Augen waren voller S ehnsucht –, » bloß eine Sache macht einen Flieger aus, und das ist, der Möglichkeit ins Auge zu sehen, sich das Genick zu brechen.«
    Tommy erinnerte sich, dass Mario mal so etwas gesagt hatte. Wo war Mario? Er rutschte ungeduldig auf seinem Stuhl umher. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte ihn der Klatsch über die ›Big Show‹, über Männer und Frauen, die Legenden waren, fasziniert; und er bedauerte es etwas, dass er es nicht genießen konnte, wenn er so wartete.
    »Noch Kekse, Tommy? Liss?«
    »Nein, danke«, sagte er und erinnerte sich seiner Manieren, »aber sie sind sehr gut. Haben Sie sie selbst gebacken?«
    »Mein Gott, nein!« lachte Cleo. »Ich kann kein Wasser kochen, ohne dass es mir anbrennt. Karrierefrauen kochen nicht.«
    Tommy war verwirrt und dachte daran, wie stolz Beth Zane auf ihre Qualitäten als Hausfrau, ihr exzellentes Kochen und Backen war. Allerdings arbeitete sie auch nicht mehr in der Manege. Warum nicht?
    Angelo fragte: »Cleo, wo ist Barney jetzt?«
    Cleos lebhaftes Gesicht wurde plötzlich bedrückt und bla ss ; einen Moment sah sie beinahe so alt aus wie sie war. »Ich weiß nicht«, sagte sie mit einer traurigen, weit entfernten Stimme. »Niemand weiß es, und wir haben, weiß Gott, alles versucht. Ich glaube immer, da ss , wenn er noch lebt, er sich mit mir in Verbindung setzen würde.
    Ich meine, ich war wie seine eigene Schwester. Er gab mich weg, als ich Jim heiratete. Als ich in der Manege meinen Arm gebrochen hatte, kam er zu mir und wachte die ganze Nacht bei mir, als ich nicht schlafen konnte, und hat mir laut aus einem irischen Märchenbuch vorgelesen, das er hatte. Und dann passierte sein Sturz, und er ging mit dieser schrecklichen Elsa weg – er verschwand einfach.«
    Auf den Schreck platzte Tommy heraus: »Ich dachte, er ist tot.« Es war ihm nie in den Sinn gekommen, dass der große irische Luftakrobat, der bei einem Sturz während Tommys Kindheit gelähmt wurde, noch am Leben sein könnte.
    »Es wäre eine Erleichterung, sogar das zu wissen«, sagte Lionel. »Er verschwand einfach über Nacht. Randy Starr hatte darauf die ›Pinkertons‹ ein Jahr angesetzt, und als sie aufgaben, haben Jim und ich einen Detektiv engagiert. Sie verfolgten seine Spur bis zur mexikanischen Grenze, und dann verloren sie sie. Seitdem hat niemand ein Wort gehört.«
    Ein dunkler, geisterhafter Schatten spukte plötzlich durch den Raum. Der große irische Luftakrobat. Marios Idol, beide Beine in einem Sturz zerschmettert, verschwunden, vergessen wie alle verkrüppelten Luftakrobaten und zerschmetterten Erfolge. Tommy dachte an Lucia, wie ihre anmutigen Gesten den Schmerz und die Ungeschicklichkeit übertünchten, die sie nicht ändern, aber manchmal überlisten konnte; an Joe mit frühzeitig ergrautem Haar, der einmal »von allem ein bi ss chen« tun konnte. Er dachte an seinen eigenen Vater, an die Narbe über Tom Zanes Auge. Das dicke, hä ss liche Weiß , die roten Streifen, die in der Nacht von dem zerfetzten Anzug herabhingen…
    »So geht das nun mal in diesem Geschäft«, sagte Angelo nüchtern. »Von der Weltspitze ins Nirgendwo.
    Von einer Minute zur anderen.«
    Johnny zitterte und sagte: »Kommt, raus aus dem Leichenschauhaus! So zu reden nützt niemandem etwas!
    Kann ich noch etwas Kaffee haben, Cleo?«
    Während sie ihn eingo ss , kamen Papa Tony und Mario in den Wohnwagen herein mit Jim Fortunati, und Cleo holte noch mehr Sandwiches, mehr Kaffee und eine frische Tüte Kekse. Der Wohnwagen war jetzt voll von Fortunatis und Santellis. Liss und Cleo quetschten sich zusammen auf einen Stuhl, Tommy schob seinen Stuhl Papa Tony hin und setzte sich auf den Boden neben Mario. Sie verstummten alle.
    Papa Tony sagte: »Nein, keinen Kaffee mehr. Cleo, danke! Ich will euch nicht auf die Folter spannen, Kinder.
    Starr mochte uns, aber er kann uns in dieser Saison nicht gebrauchen.«
    Tommy sah Mario an, aber sein Gesicht war in einem blauen Kaffeebecher vergraben. Liss sah enttäuscht aus, aber nicht besonders überrascht. Johnny ballte seine Faust und schlug damit auf den Boden.
    »Er hatte einen Vorschlag, Onkel Tony…«,

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