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Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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was?« Schnell rappelte er sich auf, sah auf die Speisekarte und bestellte das erste, was ihm ins Auge fiel.
    Später sagte Johnny: »Ich kenn’ ein Lokal, ein paar Kilometer von hier, wo sie guten Jazz spielen. Wollen wir runterfahren und ein bi ss chen zuhören? Sonst gibt es wohl in dieser Stadt nichts zu unternehmen.«
    Die Musik war gut, und sie blieben sehr lange. Am nächsten Tag wachten sie erst gegen Mittag auf. Mario war in der Dusche, als das Telefon klingelte und Tommy zum Hörer griff.
    »Ist das Mr. Gardners Zimmer, bitte?«
    »Wer spricht?« fragte Tommy.
    »Hier ist Susan Gardner«, sagte eine heisere, weibliche Stimme. »Cleo Fortunati hat mir diese Nummer gegeben.«
    O Gott, dachte Tommy. Was ich jetzt auch tue, es wird falsch sein. Und wenn ich nichts tue, ist es auch falsch.
    »Er ist gerade nicht hier, Sue-Lynn«, sagte er und gebrauchte den alten Namen. »Kann er dich zurückrufen?«
    »Wie immer, hm?« Die Stimme der Frau verschärfte sich. »Ja, sag ihm, dass ich immer noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen habe. Und wenn er weiß , was gut für ihn ist, dann soll er besser kommen und das regeln, hast du gehört? Ich hab’ seit Wochen versucht, ihn zu erreichen.
    Und wenn er nicht mit mir reden will, dann kann er es einem Gerichtsdiener erzählen. Hast du das alles verstanden? Wer ist da überhaupt?«
    Tommy zögerte, fragte sich, ob Sue-Lynn von dem alten Skandal gehört hatte. Er wollte es nicht unbedingt herausfinden. »Hier ist sein Bruder. Pa ss auf, weißt du, dass er heute Abend eine Show hat?« Vielleicht sollte er Mario aus der Dusche rufen und es dabei belassen. Der Gedanke an das, was Mario sagen würde, wenn er erfuhr, dass Tommy es selbst in die Hand nahm, ihn zu beschützen, ließ ihn zusammenzucken. »Kann er dich nach der Show anrufen, Sue-Lynn?«
    Ihre Stimme war gereizt und nörgelig. »Sag mal, was, zum Teufel, ist da eigentlich los? War er krank oder was?«
    »So ungefähr«, Tommy zögerte und suchte nach Worten, die weder Mario kompromittieren noch bei der Frau am anderen Ende der Leitung Widerstand hervorrufen würden. »Wenn du noch ein bi ss chen Großzügigkeit oder guten Willen ihm gegenüber zeigen kannst, Sue-Lynn, warte, bis er die Show hinter sich hat. Du bist ein Flieger, du weißt , wie es ist, wenn dir so was bevorsteht.«
    »Es hat wohl noch einen Tag mehr Zeit, aber er soll mich morgen anrufen, oder er wird merken, was ich für einen Ärger machen kann, wenn ich wirklich will.«
    Das Geräusch der Dusche hatte aufgehört. Tommy sagte eilig: »Wo soll er dich anrufen?«
    »Er weiß , wo ich bin«, sagte sie trotzig. »Du kannst ihm sagen, ich stehe i mmer noch im Buch. Und es nützt nichts, wenn er vorgibt, nicht zu wissen, wie er sich mit mir in Verbindung setzen kann.« Sie hängte auf, und Tommy legte langsam den Hörer zurück, als Mario in Unterhosen aus dem Badezimmer kam.
    »Wer war das am Telefon, Tommy?«
    »Falsch verbunden«, log er, ohne zu zögern. Mario sah ruhig aus, aber Tommy wu ss te, wie schnell das einer Depression oder einer fast hysterischen Unruhe weichen konnte. »La ss uns lieber losgehen und frühstücken«, schlug er vor. »Uns wird nicht sehr nach Essen zumute sein vor der Show heute Abend .«
    »Frühstück!« Mario blickte auf seine Armbanduhr und kicherte. »Ganz schön spät für Frühstück.«
    Er aß sehr viel – wie immer an einem Tag, an dem er eine Abendvorstellung hatte und seine späteren Mahlzeiten nur flüchtig sein sollten – aber Tommy fühlte sich so schlaff, verbraucht und abgespannt wie ein gerissenes Seil. Als er sich an eine Einsicht, die ihm am Tag zuvor gekommen war, erinnerte –als Flieger bin ich nicht ihre Klasse, überhaupt nicht –, war er beunruhigt, ruhelos, und er fragte sich, warum er überhaupt hier war. Hatte ihn seine kindische Heldenverehrung für Mario zu einer Arbeit zurückgeführt, für die er als Erwachsener keineswegs geeignet war? War es ein Fehler gewesen, zurückzukommen? Eine emotionale Entscheidung, entstanden aus der Erregung, Mario wiederzusehen? Er sah Mario an. Entspannt und schäbig in seinem alten Ballettschulpullover, das ergrauende Haar an seinen Schläfen, das Gesicht eines Menschen, den man innig liebt, der aber eigentlich ein Fremder ist.
    »Du bist schrecklich still, Tom«, sagte Mario und go ss sich noch Kaffee aus der Isolierkanne ein, die die Kellnerin auf dem Tisch hatte stehenlassen. »Sieh mal, mach dir keine Sorgen wegen heute Abend – es wird großartig

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