Trattoria Finale
Feuerzeug.
Koschej das unsterbliche Gerippe fragte mit wie immer eisig tonloser Stimme: »Wo ist Dimitrij?«
Jacques lachte. »Nicht in der Tajine, mein lieber Kostja! Diese Beinscheiben hier sind vom Kalb, auf meine Ehre!«
Man lachte in der Runde, aber die nächsten Griffe waren auf andere Speisen gerichtet, während der eindrucksvolle marokkanische Schmortopf keinen Zuspruch mehr fand. Rachel blickte lächelnd auf die kleine Terrine mit der veganen Variante, die man eigens für sie bereitet hatte, dann fragte sie: »Und Sie haben tatsächlich diese Männer kennengelernt und denen das Opfer zu essen gegeben? Wie perfide! Sie sagten, das war im Paris des Jahres 1944. Also kurz vor dem Einmarsch der Alliierten?«
»Genau«, bestätigte Ettore. »Nach der Landung in der Normandie am 6. Juni war natürlich alles in Bewegung. Mordrel, Doriot und Papon flüchteten, während Henriot am 28. Juni in Paris durch ein Kommando der Résistance ermordet wurde, welches sich als faschistische Milizionäre verkleidet hatte. Hihi, da waren wir auch dabei, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls waren wir jung und übermütig, und am Ende landeten wir in einem amerikanischen Gefängnis. Miss Rachel, Sie werden auch darüber Ihre Unterlagen haben, denke ich. Am 19. August begann der Kampf um Paris mit dem offenen Aufstand der Résistance des Oberst Henri Rol-Tanguy. Nach ein paar Tagen war alles vorbei, de Gaulle präsentierte sich als Sieger, und die Amis griffen uns auf. Nun ja, wir waren jung und unerfahren. Jacques Doriot wurde 1945 bei Sigmaringen durch einen alliierten Tiefflieger im Auto getötet. Olivier Mordrel alias Otto Mohr, der verrückte rechtsextreme Bretone, flüchtete durch die halbe Welt und starb als in gewissen Kreisen geachteter Schriftsteller 1985. Maurice Papon machte nach dem Krieg weiter brav Karriere, massakrierte als Polizeichef von Paris 1961 etliche Demonstranten, war danach sogar noch Minister, bevor man ihn endlich wegen seiner Kriegsverbrechen anklagte und er wenigstens ein paar Jahre einsitzen musste. Er starb 2007 mit sechsundneunzig. Alter Sack, hihi. Vermutlich hing sein Herztod mit einem Brieflein zusammen, das er zu dieser Zeit erhalten hat und in dem er erfuhr, welche Zutaten die wunderbare Tajine Parisienne enthalten hatte.« Ettore faltete die Hände über dem Bauch und lächelte zufrieden in die Runde.
T AJINE P ARISIENNE
Eine Tajine ist etwas Feines. Falls man in diesem traditionsreichen nordafrikanischen Schmortopf nicht nur Gemüse zubereiten möchte, und keinen in Ungnade gefallenen Doppelagenten zur Hand hat, mag auch einmal ein unschuldiges Kälbchen dran glauben, wie in diesem Rezept
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Zutaten:
4 große Kalbsbeinscheiben
Salz, Pfeffer
3 EL Olivenöl
1 Zwiebel
2 Zehen Knoblauch
1 Karotte
1 Zucchini
2 EL Tomatenmark
1 große Orange
150 ml Weißwein
½ Bund Koriander
Zubereitung:
Die Kalbsbeinscheiben in kleine mundgerechte Stücke schneiden und mit Salz und Pfeffer würzen. Zwiebel, Knoblauch und Karotte schälen und in Stücke schneiden. Die Orange filetieren und den Saft auffangen. Tajine aufheizen und Olivenöl einfüllen
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Das Fleisch zuerst von allen Seite leicht anbraten, so dass es in der Mitte noch roh ist. Zwiebeln, Knoblauch, Zucchini und Karotte zugeben. Dann das Tomatenmark zugeben und kurz mitdünsten
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Etwas Wasser angießen, so dass etwa fingernageltief Flüssigkeit im Tajine-Topf vorhanden ist. Den Deckel schließen und für etwa 1 ½ Stunden leicht köcheln lassen. Eventuell mit dem Orangensaft oder Wasser wieder nachgießen
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Anschließend die Orangen zugeben und mit Weißwein ablöschen. Fein gehackten Koriander zugeben; evt. mit Salz, Pfeffer und Orangensaft abschmecken
.
VEGANE A PFEL -K ÜRBIS -T ERRINE
Wer sich für die Tajine nicht zu erwärmen vermag, und sei es auch wegen der fleischlichen Zutaten, der versucht es vielleicht mit einer veganen (also rein pflanzlichen) Alternative. Hier das Rezept:
Zutaten:
Für den Teig:
175 g Dinkelmehl
¼ TL Meersalz
2 EL Agavendicksaft
60 ml Erdnussöl
Für die Füllung:
250 g Datteln (entkernt und halbiert)
650 ml Apfelsaft
75 g gesalzene Pekannusskerne (halbiert)
1 EL gemahlener Zimt
1 TL gemahlener Ingwer
½ TL gemahlene Muskatnuss
1/2 TL feines Meersalz
350 g Kürbispüree
etwas gemahlener Chilli
2 TL Ahornextrakt 2 EL Maisstärke
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Zubereitung:
Mehl mit Salz durch ein Sieb in eine Schüssel geben. Die restlichen Zutaten dazugeben und mit löffelweise Wasser (max. 60 ml)
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