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Trattoria Finale

Trattoria Finale

Titel: Trattoria Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick P. Panahandeh
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»Ich weiß, das ist etwas peinlich. Aber es ging mir damals tatsächlich um die Befreiung Europas von der Pest des Nationalsozialismus. 1944 hatte ich bereits Kenntnis von den Vernichtungslagern der Deutschen, und als Jude ließ mich das nicht kalt. Das mag als Entschuldigung gelten, oder?«

    Dem Mann, der mit energischem Schritt die Rue de Vaugirard hinunterging, konnte man von Weitem ansehen, dass er wohlhabend und aus gutem Hause war. Die Kleidung war modisch und teuer, doch nicht geckig. Vielleicht etwas zu elegant für Kriegszeiten. Doch er war Pariser, et alors? Für andere Passanten hatte er keinen Blick, und so bemerkte er auch seinen Verfolger nicht, der ihn seit dem Maison Saint Germain keine Sekunde aus den Augen gelassen hatte.
    Das Wochenende stand bevor, und Paul Beauregard ging wie jeden Freitag zu seinem langjährigen Barbier, um Bart und Haupthaar in die übliche perfekte Façon zu bringen. Als er in den Laden trat, in dessen kleinem Schaufenster ein Schild mit der Aufschrift
Chez Maurice
hing, blieb sein Schatten etwas zurück, lässig an eine Hauswand gegenüber gelehnt.
    Der Salon war leer, abgesehen von einem Mann, der den Besucher freundlich musterte.
    »Wo ist Maurice?«, fragte der Gast weniger freundlich.
    »Mein Freund und Kollege Maurice ist leider anderweitig gebunden. Aber er hat mir gesagt, dass Sie, sehr verehrter Monsieur Beauregard, wie immer hier erscheinen werden. Mein Name ist Jacques. Zu Ihren Diensten.«
    »Hm«, brummte Beauregard. »Maurice weiß genau, was ich wünsche. Ich habe keine Zeit für lange Erklärungen und überhaupt keine Lust auf Überraschungen.«
    »Mais non, Monsieur«, sagte Jacques und lächelte verbindlich, wobei er eine einladende Handbewegung in Richtung des Stuhls machte, auf dem Beauregard Platz nehmen sollte. Zögernd tat dieser das dann auch. Jacques nahm das Rasiermesser und zog es gefühlvoll über den Lederriemen.
    »Wollen Sie nicht zuerst die Seife auftragen?«
    Die Frage des Gastes schien den Meister zu beleidigen, denn eine tiefe Furche zog sich quer über seine Stirn. Dann jedoch kehrte sein Lächeln zurück. »Ich verstehe mein Handwerk, Monsieur Beauregard, glauben Sie mir.«
    Dann setzte er, immer noch lächelnd, das Rasiermesser an. In diesem Augenblick flog die Tür auf, und ein junger Mann eilte in den Salon. Wild flog seine lange schwarze Haarmähne hinter ihm her, und in der vorgestreckten Hand hielt er eine Pistole.
    »Wo ist Maurice?«, fragte Ettore Violenza.
    »Das habe ich ihn eben auch schon gefragt«, maulte Beauregard.
    Jacques Assaraf antwortete: »Mein Gott, nun hört mir doch mit Maurice auf. Maurice hier, Maurice da, wo ist er denn? Weg ist er, und ich bin hier. Basta!«
    »Nix basta!«, rief Ettore zurück. »Ich bin doch nicht blöd, und ich weiß, was ich sehe. Nimm die Finger weg von dem Mann. Das ist meiner!«
    »Entschuldigung?«, fragte Beauregard verdattert dazwischen.
    »Maul halten«, herrschte Jacques ihn an. »Was heißt hier meiner? Willst du sagen, du hast ein Recht auf diesen Menschen?«
    »Nein, aber ich habe einen Auftrag, und den lass ich mir nicht nehmen«, antwortete Ettore und fuchtelte wild mit der Pistole herum. »Ich erkenne einen Auftragsmörder an der Nasenspitze, und wenn du dem Kerl hier die Kehle durchschneidest, bin ich mein Geld los!«
    »Du willst diesen Mann für Geld töten?«
    »Du etwa umsonst?«
    »Entschuldigung, meine Herren, aber ich …«
    »Maul halten!«, herrschten beide Killer ihr Opfer unisono an.
    Beauregard gehorchte. Das Rasiermesser zwackte bedrohlich an seinem Hals, während Jacques, der das Messer festhielt, in sichtlicher Erregung sprach. Schweißperlen liefen Beauregard aus dem Haaransatz die Stirn herunter in die Augen.
    »Also Moment mal«, sagte Ettore. »Wenn du kein Geld dafür bekommst, dann überlass ihn mir. Es kann dir doch dann egal sein, wer diesem Lackaffen das Licht ausbläst.«
    »Das sehe ich anders, Motek. Es ist eine Frage der Ehre.«
    »Ach was, Ehre – und überhaupt, nenn mich nicht Motek. Bist du Jude oder Pole?«
    »Was geht dich das an?«
    »Meine Herren, bitte«, wimmerte Beauregard dazwischen.
    »Ach komm, ich mache ein Ende!«, rief Ettore und richtete die Waffe auf Beauregards Schläfe aus.
    »Nix da!«, rief Jacques und wollte die Pistole beiseitestoßen. Ettores Hand blieb jedoch fest. Nur sein Finger zuckte ein wenig. Ein Schuss löste sich, der Frisierspiegel zerbarst, und an der Wand tropfte eine rötliche Flüssigkeit herunter.

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