Trattoria Finale
bene. Bitte folgen.«
Mario ging voraus und führte die kleine Gruppe leise durchs Haus.
Kai Mankowski bewegte sich gerade auf der Grenze zwischen gedankendurchsetztem Dösen und wirrem Träumen, als ein lautes Klopfen ihn aus dem Dreiviertelschlaf riss. Mehr aus Reflex denn aus bewusster Entscheidung stand er auf, schlurfte zur Tür und murmelte dabei: »Wer? Was? Warum?«
Es klopfte noch einmal. Kai war jetzt beinahe wach und rief: »Wer ist da?«
»SEK!«, rief eine Stimme in unterdrückter Lautstärke zurück.
»Scheiße«, sagte Kai und riss die Tür auf. Drei vermummte Gestalten standen auf dem Gang und drängten sich an dem Kommissar vorbei ins Zimmer. Er schloss die Tür und fragte: »Was ist los? Wer hat diesen Einsatz befohlen?«
Die drei rissen sich die Sturmhauben und die Overalls vom Leib und standen in Unterwäsche vor ihm. Die Textilien waren so knapp bemessen, dass dem staunenden Kommissar sowohl der Unterkiefer aufs Kinn als auch die Augen fast aus dem Kopf fielen. Eine der vollbusigen Schönheiten trat auf ihn zu und gurrte: »Greif mal in mein Dekolleté, da findest du eine Nachricht von unserem Auftraggeber.«
Kai griff mit zitternder Hand, aber letztlich dann doch beherzt zu, entnahm der besagten Örtlichkeit einen kleinen Umschlag, den er auseinanderfaltete und dann die darin enthaltenen Zeilen las: »Lieber Kaiman, erst einmal einen herzlichen Glückwunsch, dass du diese Nachricht liest! Denn das bedeutet, dass du der Versuchung der schönen Aglaia widerstanden hast und Koschej dich an einem Stück gelassen hat. Und nun viel Spaß mit deinem ganz speziellen Gastgeschenk. Lass dir Zeit, wenn du kannst, denn die Damen sind bis Sonnenaufgang gebucht. Herzlichst – Ettore und Jacques.«
Der Kommissar faltete den Zettel wieder zusammen und meinte: »Gut, dann wollen wir mal zur Einsatzbesprechung kommen.«
10. Kapitel
Guten Morgen, meine Lieben«, rief Ettore offensichtlich gut gelaunt in die Runde. Er nahm Jacques bei der Hand und fuhr fort: »Schön, dass sich alle zum Brunch wieder hier versammelt haben. Wir hoffen, ihr hattet eine gute Nacht und seid frisch und munter. Lasst es euch schmecken!«
»Mille grazie«, sagte Ugo Ferrero, wobei er dafür nur einen kleinen Teil seines Mundes benötigte. Der weitaus größere Teil war mit der Zerkleinerung eines mit Tomaten und Ricotta belegten Croissants beschäftigt. »Ich habe, sozusagen im Auftrag der Familia, heute Morgen die große Ehre, euch zu einer beispiellosen Laufbahn zu gratulieren und – ihr seht unseren lieben Freund Giuseppe an meiner Seite« – er wies auf einen kleinen drahtigen Mann neben ihm – »euch mitzuteilen, dass ihr der Cosa Nostra ein Kapitel im geheimen Buch der Ehrensache wert seid. Giuseppe wird einen Artikel über euch verfassen und hofft, noch mehr von euch zu erfahren.«
»Natürlich«, antwortete Jacques. »Sehr gerne. Wir haben gestern berichtet, wie wir uns kennengelernt haben. Nun wollen wir fortfahren, wie es zu unserem ersten offiziellen gemeinsamen Auftrag kam und warum es uns hier nach Bonn verschlagen hat.«
Giuseppe Chiudi nickte zustimmend. »Molto bene. Und es wäre besonders schön, wenn ihr etwas zu eurem Werdegang erzählen würdet. Vielleicht fängt Ettore an? Du stammst doch aus Sizilien, unsere Leser freuen sich besonders über deine Erinnerungen an die Heimat und wie es dich in die Fremde zog.«
»So soll es sein«, stimmte Ettore zu. Er setzte sich hin, zupfte seinen silbernen Pferdeschwanz nachdenklich zurecht und begann: »Ich wurde 1923 in Sambuca di Sicilia geboren. Dies jedenfalls hat meine Mama mir erzählt, und dann will ich das auch mal so glauben. Mama war die schärfste und edelste Hure, die man in Amsterdam finden konnte, und Papa brachte sie mit nach Sizilien und mich in ihr, hihi. Dieses wunderschöne Inselchen war für viele Jahre meine Welt. Kinder, was soll ich darüber groß erzählen? Ich ging zur Schule, versuchte einige Berufe zu erlernen, aber brachte es zu nichts, weil ich ständig fehlte. Vielleicht wäre ich ein guter Handwerker geworden, wenn ich’s nur richtig versucht hätte. Papa war sehr engagiert für »unsere Sache«, und ich machte alle Jobs, die man mir zutraute. Nun, das waren keine großen Sachen. Ihr wisst ja, wie man sich hochdient. Davon vielleicht ein andermal, wenn es nichts Interessanteres zu erzählen gibt. Jedenfalls hatte ich überhaupt keinen Hang zu anständiger Arbeit, und so begann ich, für Geld Leute zu töten. Kleines Geld auf
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