Trattoria Finale
wie es vermutlich einige Stunden vorher noch der Fall gewesen war, grinste sein Gegenüber schelmisch an. »Lieber Paolo, warum machen wir das nicht öfter?«
»Ach Willi«, grinste der andere zurück und strich sich selbstverliebt durch seine geölten dunklen Locken. »Wir sind so sehr damit beschäftigt, uns in der Öffentlichkeit fertigzumachen, dass die gemeinsamen Interessen darunter etwas leiden.«
»Du machst es mir aber auch nicht einfach, dich lieb zu haben.«
»Dito.«
Der Mann, der sich Willi nannte, wies auf die Mädchen, die sich hinter Paolo aufgebaut hatten und vermutlich auf Anweisungen warteten, wie sie den Herren ihrer Bestimmung gemäß zu Willen sein durften. »Sind das nicht doch zu viele für uns?«
Der Mann, der sich Paolo nannte, schüttelte den Kopf. »Wir neigen doch beide sowohl zum Größenwahn als auch zur genussvollen Übertreibung – von der gezielten Überforderung einmal ganz abgesehen. Die Mädchen beschweren sich nicht, wenn du auf halbem Wege müde wirst. Sie haben aber auch nichts dagegen, wenn du einen Durchmarsch versuchst.«
Ettore näherte sich den beiden und schaltete sich in das Gespräch ein. »Meine Herren, unsere Damen sind keine Spezialistinnen für den gepflegten Gedankenaustausch mit gebildeten Vertretern der deutschen Intelligenzia. Aber in allem anderen, das kann ich Ihnen versichern, lassen sie keine Wünsche offen.«
»Davon gehe ich aus«, entgegnete Paolo, ohne Ettore anzusehen. Dann wies er auf die Spur weißen Pulvers, die fein säuberlich auf dem Tisch zwischen ihm und Willi gelegt worden war. »Wollen wir uns, bevor man sich dem angebotenen Service widmet, auf dieser Straße begegnen?«
»Ich bin ja kein geübter Wanderer auf verschneiten Wegen«, versetzte Willi und strich sich etwas unentschlossen über seinen Schnurrbart. »Aber was soll’s, treffen wir uns ausnahmsweise mal in der Mitte.«
Er beobachtete, wie Paolo einen Geldschein zur Hand nahm und ihn sorgfältig zusammenrollte. Willi tat es ihm nach. Sie beugten sich über den Tisch und zogen das weiße Pulver in die Nase. Sie folgten der staubigen Spur und stießen in der Mitte des Tisches mit den Köpfen aneinander. Während Paolo genüsslich seufzte, schüttelte Willi sich und brach dann unvermittelt in ein irres Lachen aus.
»Was?«, fragte Paolo.
»Ach mein Lieber«, kicherte Willi. »Es ist doch bedauerlich. Wir bekriegen uns ständig, und alle Welt muss doch meinen, wir könnten uns auf den Tod nicht ausstehen.«
Jetzt kicherte auch Paolo. »Das liegt vielleicht daran, dass dies auch an dem ist.«
»Hihi«, machte Willi und sackte in seinen Sessel. Einen Moment schien es so, als sei dies seine letzte verbale Äußerung an diesem Abend. Deshalb trat Ettore schnell an ihn heran und meinte: »Hoppla – das sieht nach freiem Fall aus. Reserveschirm gefällig?«
Das ließ den Mann kurz zucken und aufhorchen. »Wie? Nein, ich bin gut gerüstet. Wieso Reserveschirm?«
»Ach, das ist nur so ein Spruch«, spann Ettore das Gespräch weiter. »Ich glaube, wir teilen uns das Hobby des freien Falls.«
»Ach, auch Fallschirmspringer?«
Ettore nickte. »Genau. Habe zwar schon mein Alter, aber bei über zweitausend Sprüngen gleicht man das durch Erfahrung aus.«
»Respekt«, meinte Willi und richtete sich wieder auf. Zumindest glaubte er, aufrecht zu sitzen, als er weitersprach: »Ich springe am nächsten Donnerstag wieder. Hast du Lust, dabei zu sein, mein Freund?«
Ettore wunderte sich, wie leicht es einer kleinen Menge weißen Pulvers gelang, aus ihm einen Freund dieses Mannes zu machen, und erwiderte dann: »Aber gerne. Ich bin Herr meiner Zeit, und mit einem so gewieften Kameraden mache ich gern einen Sprung.«
Paolo lachte und griff hinter sich. Mit jeder Hand an dem Po eines Mädchens zog er diese an seinen Sessel heran und grinste: »Springt, wann immer ihr wollt, und woraus und worauf es euch gelüstet. Mich gelüstet es im Moment nach einer Punktlandung im Schoß dieser Göttinnen. Oder nein, meine Süßen, landet doch mal lieber punktgenau auf mir.«
Die beiden jungen Frauen hatten kaum ein Wort von dem verstanden, was Paolo gesagt hatte. Aber sie wussten auch so, was sie zu tun hatten.
Ettore sah, wie drei andere Mädchen sich Willi näherten. Bevor der Mann sich anschickte, in der drogengeschwängerten Lust zu versinken, trat er an ihn heran und steckte ihm eine Visitenkarte ins Jackett. »Wir sprechen uns morgen wegen des Sprungs«, raunte er ihm zu und überließ dann
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