Trattoria Finale
unserem Fest beiwohnen möchte. Nun folgt uns ins Esszimmer, wo die fleißigen Helferlein bestimmt schon die Tafel gedeckt haben. Wir möchten euch zum Abschluss von unserem letzten, bedeutenden Auftrag erzählen.«
Es dauerte eine ganze Weile, bis alle einen Platz gefunden hatten und auch noch weitere Stühle für das halbe Dutzend Begleiter des Paten arrangiert worden waren. Dann baute sich Ettore auf und hob an, eine Rede zu beginnen. Doch er wurde von Ornella unterbrochen, die mit einem Tablett und drei Gläsern an die Gastgeber herantrat. »Mein lieber Ettore, lieber Jacques«, sagte sie laut. »Bevor ihr eure letzte Geschichte erzählt, stoßt bitte mit mir an als eurer treuen Wegbegleiterin über so viele Jahre. Wir sind zusammen gealtert, ergraut und weiß geworden, und ich bin euch aus dem schönen heißen und geliebten Sizilien ins kalte Deutschland gefolgt, war immer die gute Seele an eurer Seite. Darauf lasst uns drei nun trinken!«
Sie reichte Ettore und Jacques ein Glas, dann nahm sie selbst das dritte. Doch bevor sie daraus trinken konnten, erhob sich Don Stefano und drückte die Gläser herunter. »Verzeih mir, verehrte Basilica. Wohl gesprochen hast du, und ich bestätige dir jedes Recht, diesen beiden herausragenden Vertretern des Syndikats den Ehrentrunk zu reichen. Dennoch muss ich dich bitten, für jetzt darauf zu verzichten und mir den Vortritt zu lassen. Denn ich habe etwas mitgebracht, was einen ganz speziellen Wert und auf diesen Moment gewartet hat.«
Er gab seinen Männern einen Wink, worauf man ihm eine Flasche und einen Korkenzieher reichte. Don Stefano entkorkte die Flasche eigenhändig, während seine Leibwächter Ornella, Jacques und Ettore die Gläser aus der Hand nahmen und fortbrachten.
Dann erhob der Pate die Flasche und sprach: »Dieser Rotwein wurde aufgezogen und gekeltert auf dem Boden, dem unser lieber Ettore und auch ich selbst entstammen. Es ist der beste Tropfen, der auf Erden wächst, dessen bin ich sicher. Es ist das Blut unserer Väter und Vorväter, mit dem wir anstoßen. Unser Vino della Casa Violenza.«
»Welche Ehre, lieber Freund«, erwiderte Ettore. »Lassen wir den edlen Tropfen etwas atmen, damit er seine volle Seele entfalten und uns Herz und Gaumen erfreuen kann. Und vielleicht kann Jacques schon einmal beginnen, die Geschichte unseres letzten Auftrags zu erzählen. Magst du, mein Guter?«
»Das will ich gerne tun, Motek«, sagte Jacques.
17. Kapitel
Dieses Gespräch findet nicht statt, wird niemals stattfinden und hat auch in Zukunft niemals stattgefunden.«
Ettore lächelte den schlanken, etwas verkniffen dreinschauenden Mann entspannt an. »Solche Sprüche hören wir seit Jahrzehnten. Und sie werden im Laufe der Zeit nicht notwendiger.«
Er betrachtete sein Gegenüber nun noch etwas eingehender. Der angedeutete Seitenscheitel, darunter unstete Augen, die versuchten, einen herrischen Ausdruck anzunehmen. Ettore stellte sich den Kerl in einer braunen Uniform vor und hatte große Lust, einen dicken schwarzen Stift zu nehmen, um ein kleines lächerliches Bärtchen unter dessen Nase zu malen. Er musste unwillkürlich sein Lächeln zu einem Grinsen verbreitern und nahm sich vor, diesen Mann insgeheim Adolf zu nennen.
Neben Adolf saß eine etwas verwittert wirkende Eva Braun, die sich in das Gespräch mit der Bemerkung einbrachte: »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie schon so – nun, wie soll ich sagen – alt sind.«
Jacques lachte leise. »Meine Liebe, es ist nicht das erste Mal, dass jemand uns etwas in dieser Art zu sagen wagt. Aber vielleicht sind Sie die Erste, die es überlebt.«
Ein weiterer Mann verzog unwillig seine unförmige, teigige Schlachtervisage. »Wollen Sie etwa einer österreichischen Spitzenpolitikerin drohen?«
Nun musste Jacques herzhaft auflachen, was die drei Personen, die ihm und Ettore gegenüber im Séparée eines ehrwürdigen Wiener Cafés saßen, sichtlich irritierte. Als er seine Humorattacke halbwegs überwunden hatte, sagte Jacques: »Herrschaften, Sie sind sich schon darüber im Klaren, dass Sie uns Geld dafür anbieten, einen anderen österreichischen Spitzenpolitiker, wie Sie so schön sagen, zu liquidieren?«
»Wie auch immer«, sagte Adolf unwirsch. »Haben Sie Interesse?«
»Um wen geht es denn nun?«, wollte Ettore wissen. Der teigige Brocken, den Ettore sich in einer lächerlichen Fantasieuniform auf einem Diwan liegend vorstellte und den er nun insgeheim Hermann Göring nannte, antwortete leise, als würde
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