Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
erzählte. Ich hasse es, wenn Ron so mit mir redet. Wenn er den Altersunterschied, der immerhin dreizehn Jahre beträgt, zwischen uns voll ausspielt, und mich so hinstellt, als sei ich ein kleines Mädchen. Während er natürlich der weltmännische, erfahrene Banker ist, der …
„Weißt du eigentlich, dass dieser Wein mehr als fünfhundert Euro gekostet hat?“, fährt Ron in seiner Tirade fort.
„So viel?“, rutscht es mir unüberlegt heraus. „So gut war er nun auch wieder nicht.“
„Was ist eigentlich mit dir los? Schlimm genug, dass du dich betrinkst. Aber wenn du das schon für notwendig hältst, hättest du nicht wie jeder normale Mensch billigen Fusel nehmen können, statt die teuerste Flasche aus unserem Keller zu holen? Wie kommst du …“
Wie ein Schülerlotse halte ich meine Hand hoch, um seinen Redefluss zu stoppen. „Ich habe dich im Kurhotel gesehen. Zusammen mit dieser Frau!“
„Kurhotel? Mit welcher Frau? Sag mal, was faselst du denn da?“
„Ich falel … ich fasle …“ Wütend stampfe ich mit dem Fuß auf. Es hat eindeutig Nachteile, bei einem Streitgespräch betrunken zu sein. „Ich rede davon, dass ich dich mit einer anderen Frau gesehen habe!“, schaffe ich es endlich, den wichtigen Teil des Satzes von mir zu geben.
„So ein Unsinn! Du weißt ja nicht, was du redest.“
„Ich weiß genau, wovon ich rede!“ Allmählich habe ich genug. Ron platzt hier rein, beschimpft mich wegen einer dämlichen Flasche Wein, und tut jetzt auch noch so, als wäre ich nicht ganz bei Verstand.
„Du bist betrunken! Erzähle mir nicht, dass du klar denken kannst. So nicht, Tamara. Da fahre ich stundenlang durch die Nacht, nur um früher bei dir zu sein, und du hast nichts Besseres zu tun, als mir mit absurden Anschuldigungen zu kommen. Noch dazu siehst du schlimmer aus als eine Pennerin am Hauptbahnhof und führst dich auch genauso auf.“
Sprachlos starre ich ihn an. Meine Beine fühlen sich mit einem Mal ganz wacklig an. Bevor sie unter mir wegklappen können, lasse ich mich auf das Sofa fallen. Ron bekommt das nicht mehr mit. Er stürmt die Treppe hinauf. Mit einem lauten Knall fällt die Schlafzimmertür hinter ihm zu.
11
Es ist schon spät, als ich aufwache und mit einem Stöhnen meine verkrampften Glieder strecke. Ich bin auf der Couch eingeschlafen, und das ist bei Weitem nicht die bequemste Art, eine Nacht zu verbringen. Außerdem habe ich ein flaues Gefühl im Magen, was wohl daran liegt, dass ich ganz allein eine Flasche Rotwein geleert habe.
Das Sonnenlicht, das gnadenlos durch die Terrassentür in den Raum strömt, ist ebenso wenig dazu geeignet, mir das Leben zu erleichtern. Wenn ich doch nur meine Sonnenbrille hätte . Mit ein bisschen Glück liegt sie ganz in der Nähe auf dem Telefontischchen. Mit halb geschlossenen Augen taste ich mich dorthin vor. Wühle in dem Ramsch, der wie üblich die gesamte Oberfläche bedeckt und Ron regelmäßig in Rage bringt.
Da! Ich habe sie! Mit dem zufriedenen Gefühl, einen kleinen Sieg errungen zu haben, setze ich sie auf. Jetzt noch eine Tasse Kaffee und ich kann diesen Tag beginnen. Vielleicht gehe ich mit meiner Mutter einkaufen oder treffe mich mit Ines, meiner Freundin. Ich könnte aber auch …
Plötzlich fällt mir alles wieder ein. Das Hotel in Bad Soden. Die Fremde, mit der ich Ron zu sehen glaubte. Und dann sein plötzliches Auftauchen, gefolgt von seinem Wutausbruch, als ich ihn damit konfrontierte.
Ein kleiner, gelber Zettel direkt neben der Kaffeemaschine verrät mir, was ich bereits ahnte. Ron ist im Büro. Angeblich wollte er mich nicht wecken. Ein ungutes Gefühl beschleicht mich. Eigentlich haben wir eine eiserne Regel. Und die lautet, dass wir niemals zu Bett gehen, ohne uns nach einem Streit wieder versöhnt zu haben. Okay, gestern Abend war ich betrunken. Aber dass Ron zur Arbeit geht, ohne vorher mit mir zu reden, verletzt mich. Er hätte mich wecken können.
Mit einem Schlag ist die Energie, die mich eben noch bei der Aussicht auf diesen Tag erfüllt hat, wie weggeflogen. Stattdessen erfüllt mich die niederschmetternde Erkenntnis, dass wir kurz vor unserer Hochzeit den schlimmsten Streit in unserer Beziehung haben. Und es ist ganz allein meine Schuld! Was ist nur los mit mir? Es sind nur noch vier Wochen bis zur Hochzeit, und ich habe allen Ernstes gedacht, dass er mich betrügt. Wie konnte ich nur? Warum habe ich das Ganze nicht auf sich beruhen lassen? Warum musste ich ihm diese Frage stellen?
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