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Trau niemals einem Callboy! (German Edition)

Trau niemals einem Callboy! (German Edition)

Titel: Trau niemals einem Callboy! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Kluger
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nur kurz in den Rückspiegel geblickt. Warum also bin ich mir so sicher, tatsächlich Ron mit dieser Fremden gesehen zu haben?
    Mit dem Handrücken wische ich die letzten Tränen ab. Natürlich war es nicht Ron! Ich bin überspannt. Der Stress der letzten zwei Tage, die fast schlaflose Nacht, die Sorgen und Ängste, mit denen ich mich herumschlagen musste, verursachen, dass ich überreagiere. Es ist nicht weiter erstaunlich, dass ich mit den Nerven am Ende bin. Und mir Dinge einbilde, die gar nicht passiert sind. Ron ist in Brüssel! Der Mann auf dem Hotelparkplatz hat ihm ähnlich gesehen, aber das ist auch schon alles.
    Entschlossen rappele ich mich auf, schlage die Bettdecke zurück und wanke ins Badezimmer. Aus dem Spiegel sieht mir eine jämmerliche Figur entgegen. Meine Haare sind ein einziger wirrer Albtraum, während mein Gesicht mit roten, geschwollenen Augen glänzt. Super! Von meiner total zerknitterten schmutzigen Bluse gar nicht zu reden.
    Mit kaltem Wasser versuche ich, die Spuren meines Zusammenbruchs zum Verschwinden zu bringen. Es hilft nicht viel, aber ich fühle mich ein wenig besser, als ich mich von meinem traurigen Spiegelbild abwende und nach unten gehe.
    Im Keller angelangt, mustere ich die üppige Auswahl an teuren Flaschen, die sorgfältig aufgereiht vor mir liegen. Zum Glück hat Ron die Vorräte bestens organisiert, und so weiß ich genau, wo die guten Weine zu finden sind.
    Mit einer Flasche in der Hand steuere ich das Wohnzimmer an, hole mir ein Glas und lasse mich mit einem tiefen Seufzer in einen Sessel fallen. Dann ziehe ich mit langsamen, methodischen Bewegungen den Korken, schenke mir großzügig ein und nehme einen tiefen Schluck. Der samtige Geschmack explodiert in meinem Mund. Noch besser aber ist das angenehm entspannte Gefühl, das sich nach einigen weiteren Schlucken wie eine kuschelige Decke über mich zu legen beginnt.
    Leider hält die Entspannung nicht lange an. Das Bild von dem Pärchen, das sich innig umarmte, ist hartnäckig. Es schiebt sich immer wieder in meine Gedanken, und jedes Mal nehme ich einen weiteren Schluck von dem rubinroten Getränk. Das wirkt … für ein paar Sekunden jedenfalls, dann schleicht sich eine andere Erinnerung in meinen Kopf. Fast meine ich den Pistolenschuss zu hören, den ich, ohne es zu wollen, abgefeuert habe. Nur gut, dass ich das Einschussloch längst mit einem Bild verdeckt habe. Undenkbar, wenn Ron es entdecken würde. Und was seine Waffe anbelangt, die ruht auf dem Boden meiner Wäschekommode. Säuberlich abgewischt. Ich komme mir vor wie eine Verbrecherin.
    Ich bin eine Verbrecherin!
    Bin ich nicht , entgegne ich trotzig in Gedanken. Bist du doch! Bin ich nicht!
    Seit wann ist es keine Straftat, einen Mord zu verschleiern? Diese Frage bringt meinen inneren Monolog für einen Augenblick zum Verstummen. Doch dann dreht sich alles, Visionen wirbeln durcheinander. Aufhören! Ich will, dass das aufhört!
    Aber es wird schlimmer. Der Alkohol war wohl doch keine so gute Idee, denn jetzt verliere ich die Kontrolle. Ich hole tief Luft, versuche, wie so oft in den letzten beiden Tagen, mich mit tiefen Atemzügen zu beruhigen. Aber es funktioniert nicht. Stattdessen fühlt sich mein Kopf an, als sei er mit Helium gefüllt und würde gleich davon schweben. Zu spät fällt mir ein, dass ich heute noch nichts gegessen habe. Kein Wunder, dass der Wein eine so durchschlagende Wirkung hat.
    Mühsam ringe ich um so etwas wie Ordnung in meinen Gedanken. Dieses Chaos, das in meinem Gehirn herrscht, macht mich verrückt. Ich sollte in meinem Inneren wie in einer Wohnung aufräumen, danach werde ich mich besser fühlen. Ganz bestimmt. Etwas taumelig stehe ich auf, hole mir ein Blatt Papier und einen herrenlosen Kuli aus Rons Arbeitszimmer. Ich werde eine Liste machen: Das wird mir helfen, die ungebetenen Bilder und Ängste zu vertreiben.
    Nervös knabbere ich an dem Stift, während ich auf die weiße, unberührte Fläche vor mir starre. Statt geordneter Gedanken jagen sich Fragen in meinem Kopf: Habe ich mich wirklich geirrt, oder war es tatsächlich Ron, den ich vor dem Hotel gesehen habe? Zusammen mit einer anderen Frau? Zusammen mit einer anderen Frau … zusammen mit einer anderen Frau … zusammen mit …
    Stirnrunzelnd betrachte ich das Blatt, habe Mühe, meinen Blick auf die Buchstaben zu fokussieren, die sich betrunken aneinander lehnen. Während die Worte einen Reigen durch meinen Kopf tanzen, hat sich meine Hand selbstständig gemacht. Seltsam,

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