Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
Egal.
„Bist du von allen guten Geistern verlassen?“, brüllt Christian in mein Ohr, kaum, dass ich das Gespräch angenommen habe. Scheint schlecht gelaunt zu sein. Da warte ich lieber, bis er sich wieder abgeregt hat.
Noch bevor ich das Handy endgültig ausschalten kann, klingelt es erneut.
„Kannst du jetzt normal mit mir reden?“
„Du bist verrückt. Komplett, total verrückt. Weißt du das?“
„Nein, das weiß ich nicht, aber ich kann mein Handy auch abschalten, wenn dir das lieber ist.“
Mit einer hörbaren Anstrengung reißt er sich zusammen und fragt mit einer fast normalen Stimme: „Also was sollte der Spaß? Ich hoffe doch, dass es Spaß gemacht hat, eine ganze Sprühlackdose zu leeren?“
„Frank, benutze dein Superhirn. Du weißt genau, warum ich deine Wände verschönert habe.“
Statt einer Antwort höre ich einen lauten Seufzer in der Leitung. „Nenn mich Christian. Bitte.“
„Warum? Wir wissen beide, dass du Frank heißt, und wir wissen auch beide, womit du dein Geld verdienst.“
„Das stimmt. Aber mein zweiter Name lautet Christian. Und meine Freunde nennen mich so.“
„Du hast Freunde?“
Wieder ein Seufzer. „Nicht viele. Und bis vor Kurzem habe ich dich dazu gezählt. Also, wie hast du es herausgefunden?“
Bevor ich antworte, setze ich mich. Lehne mich gegen eine warme Hauswand und schließe die Augen. „Unter dem Bett im Gästezimmer fand ich deinen Mitgliedsausweis für den Bundesverband deutscher Detektive.“
Christian seufzt. „Eigentlich wollte ich dir das alles erzählen.“
„Ja, klar. Und den Mond und die Sterne schenkst du mir auch demnächst. Du bist auch nicht besser als Ron.“
„Wo bist du? Ich möchte mit dir reden.“
„Du redest gerade mit mir, und wo ich bin, geht dich nichts an.“
„Tamara. Bitte.“
„Du wirst das schon herausfinden. Bei deiner Intelligenz!“ Ich beende das Gespräch, lehne den Kopf in den Nacken und schaue zu dem strahlend blauen Himmel hinauf. Ein zufriedenes Grinsen macht sich auf meinem Gesicht breit, als ich mir vorstelle, wie er in seiner Wohnung steht und ihm dort von jeder Wand das Wort „Mistkerl“ in rotem Lack entgegenstarrt.
45
Am nächsten Tag stehe ich früh auf und lasse mir das Essen aufs Zimmer bringen. Ich habe einiges zu tun, wenn ich mein Leben wieder so führen möchte, wie ich es mir vorstelle. Also schnappe ich mir das Netbook und wähle mich ins Internet ein. Danach schreibe ich eine E-Mail an Marc, meinen ehemaligen Eiskunstlauftrainer, und frage ihn, ob sein Angebot, die Jugend zu trainieren, noch gelte.
Es ist fast Mittag, als ich mit dem zufriedenen Gefühl, einiges erreicht zu haben, meine Arbeit beende. Ich habe mir eine Pause verdient. Zum Glück ist das Mar y Sol nicht weit von hier, und so nutze ich die Gelegenheit, unter Leute zu kommen.
Eine Platte mit Tapas steht vor mir, als ich unter den Palmen sitze und der riesigen Fähre zusehe, die gerade andockt. Kurze Zeit später verlassen die Passagiere das Boot, und ich beobachte, wie sie von Bord gehen. Ohne es zu merken, halte ich nach einem bekannten Gesicht Ausschau. Idiotin, beschimpfe ich mich, als mir auffällt, auf wen ich warte. Christian. Ich hoffe, dass er mir folgt. Einen Kniefall vor mir macht und um Vergebung bittet. Wie kann man nur so blöd sein?
Kopfschüttelnd konzentriere ich mich wieder auf meine Zeitung oder versuche es zumindest, denn meine Gedanken kreisen um andere Themen. Ich muss unbedingt meine Mutter anrufen, ich habe mich seit mehreren Tagen nicht mehr bei ihr gemeldet. Allein der Gedanke daran lässt mich aufstöhnen. Ich habe keine Lust, mir lange Vorträge über ein Leben nach Ron anzuhören. Sie hat mich in den letzten Tagen regelmäßig mit Vorschlägen bombardiert, wie ich Männer kennenlernen kann. Vor allem wohlhabende Männer, denen nicht nur an meinem Geld gelegen ist.
Nein. Die Telefonate mit meiner Mutter sind schon dann anstrengend genug, wenn es nur um die Farbe der Vorhänge geht.
Schade, dass Anna nicht hier ist. Eigentlich hatte ich gehofft, sie zu treffen. Aber sie ist für eine Woche in Barcelona. Sie muss dort einige Boutiquen besuchen und neue Konditionen für ihre Modeschmuck-Kollektion aushandeln.
Also bin ich ganz auf mich allein gestellt. Anstatt an den Strand zu gehen, habe ich beschlossen, mir ein wenig Luxus zu gönnen. Ich werde mir eine Ferienwohnung kaufen. In einer Stunde habe ich einen Termin mit einem Makler, der mir eine Zweizimmerwohnung am Cala
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