Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
gefunden?“, lautet meine erste Frage, als wir an dem kleinen Tisch einer Bar in der Altstadt sitzen. Hier ist nicht so viel los wie am Hafen. Nur wenige Tische stehen auf dem schmalen Gehweg, auf dem sich die Fußgänger mühsam vorbeiwinden.
Ohne etwas zu sagen, nimmt Christian meine Handtasche und fängt an, darin zu kramen.
„Sag nicht, dass ich schon wieder auf diesen Trick reingefallen bin.“
„Doch. Sieht ganz danach aus.“ Triumphierend hält er einen kleinen GPS-Sender in die Höhe.
Ich schüttele den Kopf. „Ich glaube es nicht.“
„Das Dumme ist nur dein ungesunder Hang zu teurer Kosmetik. Es hat Ewigkeiten gedauert, bis endlich wieder ein Signal durchkam.“ Der Mann hat noch immer keine Ahnung, dass er von der teuersten Make-up Kollektion redet, die je produziert wurde.
„Es war nur zu deiner Sicherheit. Wirklich“, setzt er hinzu, als er meinen skeptischen Gesichtsausdruck bemerkt. „Aber es war sehr praktisch, vor allem, nachdem du von der Bildfläche verschwunden bist.“
„Wenn ich nicht so friedliebend wäre, würde ich dich jetzt umbringen“, seufze ich. „Wie kann man nur so blöd sein und zweimal auf den gleichen Trick reinfallen? Erzähle mir lieber, was passiert ist, bevor ich vollkommen frustriert bin.“
Christian lehnt sich gemütlich in seinem Stuhl zurück und streckt die Beine von sich.
„Dein Stiefbruder Reinhard hat uns engagiert. Er wollte Ron überprüfen lassen, bevor sie ihn in den Vorstand aufnehmen. Eine Routinesache. Nichts Großes, wir bekommen des Öfteren Aufträge von der Bank deines Vaters. Vor allem hochrangige Angestellte werden zuerst von uns überprüft, bevor er sie einstellt.“
„Ist das nicht gegen den Datenschutz?“
Christian zuckt mit den Schultern. „Die entsprechenden Personen müssen vorher eine Einverständniserklärung unterschreiben. Das ist heutzutage die normale Einstellungsprozedur. Anscheinend hat auch Ron diese Erklärung unterschrieben.“
„Nicht sehr klug von ihm. Er musste doch wissen, dass ihr ihm auf die Spur kommen könnt“, wende ich ein.
„Ich schätze, er hat sich sicher gefühlt. Immerhin ist er sehr raffiniert vorgegangen. Ohne deine Hilfe hätte ich seine Konten niemals aufgespürt. Zuvor hatte ich nicht mehr als Vermutungen. Dabei schien es anfangs noch einfach zu sein, gleich in den ersten Tagen gab uns einer unserer Informanten einen Tipp. Das Problem war die Beweise für Rons kriminelle Machenschaften zu finden. Und dann verschwand mit einem Mal Barelli. Ein Angestellter in Rons Bank. Leider erfuhr ich davon erst, als du die Leiche schon im Garten vergraben hattest.“
„Ich habe keine Leiche vergraben“, wende ich ein, aber Christian winkt mit einem Grinsen ab.
„Wenn du es sagst. Es kann dir ohnehin niemand nachweisen. Aber trotzdem …“ Christian schüttelt den Kopf und lacht. „Mann, wenn mir das einer erzählt hätte, ich hätte es nicht geglaubt. Verbuddelt die Tochter eines Bankers eine Leiche im Garten.“
„Du bist eben ein fantasieloser Langweiler“, fauche ich, aber Christian lacht nur und fährt in seiner Erzählung fort.
„Ich bin mir also von Anfang an ziemlich sicher, dass Ron nicht astrein ist, und beginne, in seiner Vergangenheit zu graben, aber auch das bringt nicht viel zutage. In meiner Verzweiflung fange ich an, ihn zu beobachten. Allerdings erst, nachdem er Barelli schon ermordet hat. Was ich damals noch nicht wusste. Ich bekomme nicht viel heraus, und die Sache wird frustrierend. Wenn unser Informant nicht schon in der Vergangenheit absolut zuverlässig gewesen wäre, hätte ich die Untersuchung abgebrochen. So aber bleibe ich dran und merke, wie sich Rons Verhalten allmählich ändert. Er wird nervös und er hat keine Ahnung, wo du steckst. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass du mit Reinhard verwandt bist. Ihr habt in eurer Familie den unglücklichen Hang zu unterschiedlichen Nachnamen. Da Ron mit einem Mal fast panisch zu sein scheint, beschließe ich, dich aufzuspüren, in der Hoffnung, so an weitere Informationen zu kommen. Also fange ich an, nach dir zu suchen. Wir haben in jedem größeren Hotel in Frankfurt einen Kontaktmann, es war also nicht schwer, dich im Mainhatten aufzuspüren. Als mich mein Kontaktmann anrief, um mir von deinem Aufenthalt dort zu erzählen, erwähnte er auch, dass du einen Callboy bestellt hast.“ Christian grinst – schon wieder.
Ich trete ihm heftig gegen das Schienbein. Das hätte ich schon längst tun sollen. Er zieht eine
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