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Trauerspiel

Trauerspiel

Titel: Trauerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Bleibtreu
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in ihr ausbreitete.
    «Jeder Mord ist schrecklich», meinte Michael Berger, «vielleicht ist es ja auch ungerecht, so zu denken, aber bei Julia … ich finde, da ist ein so wertvolles Menschenleben zerstört worden. Und warum? Wir rätseln alle und sind so hilflos.» Er nahm seine Schwester in den Arm.
    Susanne nickte. «Hoffentlich kann die Polizei den Fall schnell aufklären. Solange die Mörderin oder der Mörder nicht überführt ist, bleibt so viel offen. Aber auch, wenn er oder sie gefasst sein wird, bleibt die Lücke, die Julia hinterlässt. Sie bekommen sie ja nicht zurück, auch wenn ein Mensch dafür zur Verantwortung gezogen wird. Und was heißt schon ‹Verantwortung›! Die Verantwortung für ein Menschenleben kann eigentlich kein Mensch tragen.»
    Alle schwiegen nachdenklich.
    «Haben Sie eigentlich Fotos von Julia? Ich fände es schön, wenn wir einige Bilder anschauen könnten.»
    Julias Eltern nickten dankbar. Richard Moll holte mehrere Bände aus dem Regal. Susanne nahm sich viel Zeit, gemeinsam betrachteten sie Foto um Foto und tauschten ihre Erinnerungen an das Mädchen aus. Dabei wurde viel geweint, aber es tat doch auch gut.
    «Ich möchte nur zu gerne wissen, was Julia am Abend ihres Todes von mir wollte», sagte Susanne.
    «Haben Sie denn gar keine Ahnung?», fragte Michael Berger.
    «Nein, ich hatte gedacht, es ginge um eine unglückliche Liebe, aber das war nur eine Vermutung, gesagt hat Julia nichts. Ich hoffe, dass sich irgendwann aufklären wird, was sie von mir wollte.»
    Brigitte Moll nickte. «Aber Sie haben schon recht, das macht Julia auch nicht wieder lebendig.»
    Wieder breitete sich ein nachdenkliches Schweigen aus. Susanne packte ihre Unterlagen zusammen.
    «Ich lasse Sie jetzt allein. Bitte sagen Sie doch dem Chorleiter Bescheid, dass er sich wegen des Trauergottesdienstes mit mir in Verbindung setzt. Den genauen Termin können wir ja heute noch nicht besprechen. Sobald das Institut einen Termin ausmachen kann, soll es sich bitte bei mir melden.»
    Richard und Brigitte Moll nickten.
    * * *
    «Ich bringe Sie noch zur Tür», meinte Brigitte Moll, «so ein schöner Sommertag, er passt so gar nicht zu Gewalt und Tod.»
    «Und auch Ihr Haus wirkt so friedlich, wie eine Oase. Ich hoffe, es kann Ihnen etwas Ruhe und Geborgenheit vermitteln.»
    Brigitte Moll bekam einen bitteren Zug um den Mund. «Lange werden wir diese Geborgenheit nicht mehr genießen dürfen. Wir werden das Haus verkaufen müssen.»
    Susanne war bestürzt. «Warum denn das?»
    «Es gehörte Julia», erklärte Brigitte Moll. «Meine Mutter hat ausdrücklich verfügt, dass mein Mann und ich vom Erbe ausgeschlossen sind und auch keine Erbfolge antreten dürfen. Warum sie ihr Testament so aufgesetzt hat, weiß nur der Notar, und der beruft sich auf seine Schweigepflicht. Meine Mutter hat mich aus unerfindlichen Gründen komplett enterbt. Ich weiß nicht warum, Mama hat mir kein Sterbenswörtchen darüber gesagt und auch keine Andeutungen gemacht. Auch in ihrem Testament gab es nur einen Satz dazu: ‹Brigitte, du weißt schon warum.› Ich weiß es aber überhaupt nicht. Ich habe dann, einfach um meine Interessen zu sichern, auf dem Pflichtteil bestanden. Aber viel ist das nicht, vor allem, weil Mama vor ihrem Tod den größten Teil an Aktien und Immobilien überschrieben bzw. einer Stiftung zugeführt hat. Und ich wollte nicht mit meiner Tochter um Geld prozessieren. Ich dachte ja auch, dass es kein Problem sein wird. Julia würde uns schon nicht aus dem Haus werfen. Wenn ich bedenke, was Mutter besessen hat! Da ist es schon bitter, dass mir jetzt noch nicht einmal dieses Haus bleibt. Es war ja eigentlich das kleine, gemütliche Refugium der Familie, in diesem Haus bin ich geboren, dann hat Mama es mir und Richard zur Verfü gung gestellt, hier ist Julia aufgewachsen. Für mich bedeutet dieses Haus so viel! Tja, das sind so Sorgen, die kommen dann zu einem Todesfall noch dazu. Aber ich will Sie mit diesen Problemen nicht auch noch belasten. Es ist ja nichts, was morgen geschehen muss. Aber ich glaube nicht, dass wir in zwei Jahren noch in diesem Haus wohnen können, das ist schon hart.»
    Susanne betrachtete die freundliche, blaugestrichene Fassade mit den weiß abgesetzten Fenstern, die bunten Rosen vor dem Haus. Stumm drückte sie die Hand von Brigitte Moll. Ein Haus konnte trösten, wenn es ein gutes Haus war. Dieses Haus war ein gutes Haus. Susanne spürte, wie viel die Molls verloren hatten und noch verlieren

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