Trauerspiel
Pfarrerin ein. Sie verabredet sich mit Susanne und erklärt Frau Sommer, dass sie noch am selben Abend mit der Pfarrerin reden will. Frau Sommer erträgt den Gedanken nicht, ihren Mann zu verlieren. Sie will ihn behalten – um jeden Preis! Unauffällig entfernt sie sich aus dem Theater, keinem Menschen fällt auf, dass sie kurz weg ist. Vor St. Johannis wartet sie auf Julia, ersticht sie, legt sie hinter die Mülltonnen und kehrt zurück. Die ganze Aktion hat sie vielleicht eine Viertelstunde gekostet.»
Arne dachte nach. «So könnte es in der Tat gewesen sein. Aber wo kommen die Kleidungsstücke in der Tüte her? Julia hatte sie nicht an, als sie ermordet wurde.»
«Julia hat sie bei einem Rendezvous in seinem Büro vergessen.»
«Und das Taschentuch?»
«Ich glaube, dass die Sommer damit die Tatwaffe abgewischt hat.»
«Und warum hat Braun seiner Frau geholfen?»
«Vielleicht fühlte er sich mitschuldig, vielleicht hat sie ihn unter Druck gesetzt, wer weiß?»
Arne presste die Lippen aufeinander. «Das macht doch alles keinen Sinn. Außerdem – wir können ihnen nichts beweisen. Die beiden haben sich eine ausgezeichnete Geschichte ausgedacht. Der große Unbekannte, der ihnen die Tasche ins Auto gelegt hat. Und wir haben kaum etwas in der Hand gegen sie.»
«Heute Abend können wir sie hier behalten – Verdunklungsgefahr. Aber wenn wir bei der Hausdurchsuchung nichts finden, dann zerpflückt uns ihr Anwalt jeden Haftgrund in der Luft.»
«Morgen früh durchsuchen wir Brauns Büro im Theater und die schwarz-weiße Villa.»
«Meinst du, wir finden was?»
«Hoffentlich.»
«Und wenn nicht, was machen wir dann?»
«Ich weiß es nicht. Es kann natürlich sein, dass sie alles, was sie belasten konnte, in der Tüte hatten. Wir werden schauen, ob wir die Tatwaffe finden. Oder etwas, das die Tatwaffe gewesen sein könnte – eine zugespitzte Stricknadel zum Beispiel. Selbst wenn die beiden die Tatwaffe abgewischt haben, können die Techniker Blutspuren entdecken. Ja, und sonst hilft nichts anderes, als dass wir die beiden getrennt voneinander befragen und in Widersprüche verwickeln.»
«Aber heute Abend geht das nicht mehr. Wenn sie heute Abend unterschiedlich aussagen, dann führen sie es morgen auf ihre Erschöpfung zurück. Davon haben wir nichts. Lass uns warten, bis der Anwalt kommt, danach lassen wir die beiden abführen. Morgen früh machen wir weiter.»
Arne nickte. «Gibt es eigentlich etwas Neues in Sachen Katharina? Selbst wenn die beiden tatsächlich die Täter sein sollten – solange es nicht in trockenen Tüchern ist, müssen wir die anderen Spuren weiter verfolgen.»
«Es gibt nichts Neues. Die Computer streiken immer noch. Wir müssen auch daran denken, dass wir morgen noch Frau Dorn-Neustädter verhören, sie steht trotz allem noch auf unserer Liste. Also dann – ich glaube, wir haben morgen einen vollen Tag. Und von der Nacht ist auch nicht mehr viel übrig.»
* * *
Susanne hatte sich gerade an den Schreibtisch gesetzt und den Computer eingeschaltet.
«Früher Vogel fängt den Wurm», ermunterte sie sich. Allerdings war das Wetter eigentlich viel zu schön, um es am Schreibtisch zu vertrödeln. «Ein Morgen am Rhein, das wäre es jetzt», seufzte sie. Aber eine so genannte «Schwellenpädagogik», bei der man sich erst beim Übertritt über die Schwelle des Klassenzimmers überlegte, was man mit den Schülern anfangen wollte, die rächte sich sehr schnell. Die Kleinen spürten rasch, ob sie es mit einer gut vorbereiteten oder schlampigen Lehrkraft zu tun hatten. Und einmal abgesehen von der gnadenlos ehrlichen Rückmeldung von Viertklässlern – auch Susanne machte der Unterricht einfach mehr Spaß, wenn sie gut vorbereitet war.
«Also, auf an die Stundenplanung!» Susanne ergab sich in ihr Schicksal. Schließlich musste sie ja auch noch die letzten Vorbereitungen für Julias Beerdigung erledigen – eine Aufgabe, die sie liebend gerne einem anderen übertragen oder weggedrängt hätte. Aber es half nichts – Dienst war Dienst, und der Rhein musste wohl heute vorbeifließen, ohne von ihr bewundert zu werden. Obwohl … «Wenn ich schnell vorankomme, dann belohne ich mich heute Abend noch mit einem Sonnenuntergang ganz für mich alleine», tröstete sich Susanne. Sie kannte eine verborgene Stelle, an der auch bei größtem Getümmel niemand saß und von wo aus sie einen ungestörten Blick auf ihren Lieblingsstrom hatte. Noch nicht einmal Arne hatte sie verraten, wo dieser
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