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Trauerspiel

Trauerspiel

Titel: Trauerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Bleibtreu
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einen blau-weißen Bezug. Vor den Fenstern waren selbstgehäkelte Gardinen angebracht. Als Schreibtisch hatte Julia einen einfachen Küchentisch aus Kiefernholz blau angestrichen. Akkurat lagen Stifte in einer alten Seifenschale bereit – ebenfalls in einem blau-weißen Dekor. An der Wand prangte ein Plakat von «Tokio-Hotel» neben einem gerahmten Theaterfoto, das Julia, geschminkt und im Kostüm, mit den anderen Chorsängern bei einer Aufführung zeigte.
    «Wahrscheinlich Otello. Susanne hat doch gesagt, dass Julia da mitsingt», sagte Arne, wie immer schien er Tanjas Gedanken erraten zu können.
    «Hast du sie da auch erkannt?», erkundigte sich Tanja neugierig.
    «Ich habe den Otello noch nicht gesehen», meinte Arne, «aber selbst wenn – von meinem Platz aus könnte ich nie die einzelnen Gesichter der Chorsänger unterscheiden.»
    Auf einem Bücherregal standen «Sophies Welt», alle Bände von «Harry Potter», ein Handlexikon und der Klavierauszug von Verdis «Otello» neben einer Gesamtausgabe von Hermann Hesse. Fünf Teddybären in blauen oder weißen Anzügen und eine alte Schlafaugen-Puppe mit weißem Rüschenkleidchen saßen nebeneinander auf dem Bord und blickten auf die Kommissare herab.
    «Ob das wohl genetisch festgelegt ist, dass man mit 16 Hermann Hesse toll findet?», fragte Arne.
    «Ich habe nie Hermann Hesse gelesen», meinte Tanja, nahm die Puppe nachdenklich in die Hand und kippte sie hin und her. Die Schlafaugen klapperten vernehmlich. «So eine hatte ich auch, meine hieß Sandra.» Sie legte die Puppe wieder zurück. «Jedenfalls nicht freiwillig. In der Schule mussten wir mal Siddharta lesen, ich fand es sterbenslangweilig.»
    «Aber Tanja! Siddharta, diese tiefsinnige Erzählung, hat dich nicht in ihren Bann gezogen?» Arne schüttelte theatralisch bedauernd sein Haupt.
    «In den Bann gezogen hat mich die Jerry-CottonSammlung meines Vaters, ehrlich gesagt», konterte Tanja, «aber von der Qualität dieser Literatur konnte ich meinen Deutschlehrer leider nicht überzeugen.»
    «Jerry Cotton, das musste ja zu einer Karriere im Polizeipräsidium führen.» Arne grinste.
    Tanja hielt eine Digitalkamera hoch. «Am Besten überprüfen wir die Bilder gleich zusammen mit Julias Eltern. Das wird zwar hart für sie sein, aber so können wir sehen, wen Julia in letzter Zeit getroffen hat.»
    Arne hatte die kleine blaugestrichene Weichholzkommode neben Julias Bett geöffnet. «Taschentücher, die BRAVO, eine Packung Minipille, so ganz unschuldig war Julia wohl nicht mehr.»
    «Oder ihre Frauenärztin hat sie ihr verschrieben, damit ihre Akne besser wird», meinte Tanja pragmatisch.
    «Hatte sie Akne?»
    «Keine Ahnung. Wir müssen ihre Eltern fragen, auch was ihren Freund angeht.»
    «Kennst du eigentlich ‹ProBio›?», fragte Tanja.
    Arne schüttelte den Kopf.
    «Schau mal, diese Flyer lagen im Regal, neben diesem grausigen Buch, das über Tierversuche informiert. Offensichtlich eine Tier- oder Naturschutzorganisation. Ganz schön radikal, was die fordern.»
    Arne schaute auf. «Wieso?»
    «Wer Pelz trägt, tötet», las Tanja vor, «kämpft gegen die Pelzträger, zerstört ihre Schaufenster, sprüht mit Farbe. Gentechnik ist ein Verbrechen. Lasst die Felder brennen, schützt unsere Zukunft!»
    Arne zuckte mit den Schultern. «Nicht legal, aber irgendwie verständlich, vor allem, wenn man ein wacher und intelligenter Teenager ist.»
    Tanja schnalzte mit der Zunge. «Lass das mal nicht Frau Klaas-Selter hören. Solches Verständnis für subversive Elemente ist nicht förderlich für die Karriere. ProBio, warte mal, waren die nicht an dem Anschlag auf mehrere Pelzgeschäfte im letzten Jahr beteiligt? Ich glaube, ich hab da kurz vor meinem Abflug nach Rumänien noch was in der Zeitung gelesen.»
    Arne überlegte. «Das müssen wir überprüfen. Auch, ob Julia da Mitglied war.»
    Tanja drehte den Flyer in den Händen. «Das mit den besprühten Fellen, das ist Sachbeschädigung. Teuer, aber keine Katastrophe. Die Sache mit den Genfeldern, die finde ich schon schwerwiegender.»
    «Warum?»
    «Da steckt doch eine Menge Geld dahinter, bis so ein Feld angebaut ist, da sind doch Unsummen an Forschungsgeldern geflossen. Und in einer Nacht lösen sich dann buchstäblich Tausende in Rauch auf, wenn so ein Feld brennt. Ich könnte mir vorstellen, dass das manchen Leuten gar nicht passt.»
    «So sehr, dass sie dafür einen Mord begehen würden?» Arne schaute zweifelnd.
    «Nun, wenn es um die Existenz eines

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