Trauerspiel
seufzte. «Maximilian Spengler», antwortete er. «Er wohnt in Hechtsheim, auf der Frankenhöhe. Die genaue Adresse müsste ich jetzt nachschauen.»
Tanja notierte den Namen Maximilian Spengler. «Die Adresse kann ich nachher ergänzen», winkte sie ab. «Schauen wir lieber die Bilder weiter an.»
Zwei lachende Mädchen hielten sich im Arm. Brigitte Moll weinte.
«Das ist Julia mit ihrer besten Freundin Franziska», erklärte Richard Moll mit rauer Stimme.
«Auch von Franziska brauche ich die vollständigen Angaben», bat Tanja.
«Franziska Bauer, Fischtorplatz. Die Nummer weiß ich auch nicht auswendig.»
Die nächsten Bilder zeigten Szenen von der Probenarbeit im Theater. Ein Mann kam groß ins Bild.
«Das ist Thorsten Braun, der Regisseur. Ich weiß nicht, wo er wohnt.»
Eine große, kräftige Frau mit langen, dunklen Haaren, etwas harten Gesichtszügen und intelligentem Blick schaute in die Kamera.
«Das ist Ulrike Sommer, die Sopranistin. Sie ist die Frau von Braun. Julia hat beide bei der Probenarbeit kennen gelernt. Sie war auch einmal bei ihm eingeladen.»
Es folgten weitere Fotos, die die Probenarbeit dokumentierten. Ein etwa 40jähriger Mann lächelte in die Kamera.
«Das ist mein Bruder Michael», meinte Brigitte Moll.
Auf dem nächsten Foto hatte Michael eine ältere Dame im Arm.
«Und das ist Michael mit unserer Mutter, die leider vor zwei Monaten gestorben ist.»
Zwei Mädchen leckten an einem Eis.
«Das ist eine Freundin von Franziska, ich glaube, sie heißt Kathrin, aber ich weiß es nicht genau, das andere müsste ein Mädchen aus ihrer Klasse sein, an deren Namen ich mich aber nicht erinnere.»
Es folgten Bilder, die Kornblumen und Felder zeigten, Weizenhalme vor blauem Himmel, ein Feldweg, ein grün übermooster Grenzstein.
«Ich wusste gar nicht, dass Julia so einen Sinn für Naturaufnahmen hatte», meinte ihr Vater erstaunt.
Tanja und Arne schauten sich vielsagend an.
Weitere Fotos von Mädchen und Jungen waren zu sehen.
«Ich denke, das war der Ausflug nach Trier, den sie neulich mit ihrer Schule unternommen hat. Da müssten Sie ihre Stammkursleiterin, Frau Beierlein, fragen.»
Dann war der Film zu Ende. Richard Moll stellte den Bildschirm aus.
Es klingelte an der Tür. Richard Moll ging, um zu öffnen und kam mit dem Mann zurück, der ihnen gerade noch vom Bildschirm entgegengelächelt hatte. Jetzt lächelte er nicht mehr, und er sah um Jahre älter aus als auf dem fröhlichen Foto. Michael Berger hatte das dunkle, volle, leicht gewellte Haar, wie Susanne es von Julia kannte. Er trug es halblang. Zusammen mit seinem schmalen, blassen Gesicht mit den großen, dunklen Augen, der geraden, fast klassisch geformten Nase und dem schmalen Mund verlieh ihm das eine sensible, intellektuelle und zugleich künstlerische Ausstrahlung. Doch jetzt waren seine Augen vor Müdigkeit und vom Weinen gerötet und es schien, als ob sich zwei tiefe Falten in sein Gesicht geschnitten hätten.
«Mein Bruder, Michael Berger», stellte Brigitte Moll vor. «Wir haben ihn angerufen, während Sie oben in Julias Zimmer waren.» Und zu Michael sagte sie: «Kommissarin Schmidt und Kommissar Dietrich. Pfarrerin Hertz kennst du ja von Mutters Beerdigung.»
Stumm nickte Berger in die Runde und nahm dann neben seiner Schwester Platz.
«Können Sie uns sagen, wo Sie gestern nach Julia gesucht haben?», fragte Tanja.
Michael Berger schaute seinen Schwager an. «Wir haben die ganze Altstadt abgesucht, jede Kneipe, da hatte allerdings nicht mehr viel auf, dann sind wir noch zu den Stränden am Rhein, das war etwas komplizierter, bei den vielen jungen Leuten, zuletzt haben wir in jede Gasse geleuchtet. Wann waren wir zuhause?»
«Nach fünf», antwortete sein Schwager müde. «Ja, ich glaube, um halb sechs waren wir hier und ich hatte das Gefühl, wir waren überall, vom Cinestar über Fort Malakoff bis zum Holztor, dann zum Fischtorplatz, dann wieder zum Dom und durch die Augustinerstraße zurück zum Holztor.»
«Richard hat schließlich Freunde angerufen», ergänzte Michael Berger, «und wir sind mit ihnen noch einmal die ganze Gegend abgelaufen, diesmal bis weit in die Neustadt hinein.»
«Waren Sie auch in der Nähe der St. Johanniskirche?», hakte Arne nach.
«Sicher, wir sind ja über den Leichhof in die Augustinerstraße gegangen», antwortete Richard Moll.
«Ja, und auf dem Rückweg sind wir noch einmal an St. Johannis vorbei, ich glaube, als wir durch die Johannisstraße zum Bischofsplatz
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