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Traum ohne Wiederkehr

Traum ohne Wiederkehr

Titel: Traum ohne Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Norton
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Rettungsboote befanden sich in ihren Aufhängungen. Und es war nichts Lebendes an Bord.«
    »Nichts Lebendes?« echote Kilwar. »Ihr sagt das, als wüßtet Ihr eine Erklärung, die nichts mit der Welt der Lebenden zu tun hat.«
    Der Kapitän zuckte die Schultern. »Lord, wir lebten in all unseren Generationen in und von der See, und stoßen wir nicht trotzdem immer wieder auf Rätsel, die keiner von uns erklären kann? Die See hat große Tiefen, in die vorzudringen selbst für unsergleichen nicht möglich ist. Niemand ahnt, was dort zu finden sein mag.«
    »Aber was Ihr berichtet habt, hat nichts mit den Großen Tiefen zu tun, sondern im Gegenteil mit der Meeresoberfläche und einem Landmannsschiff noch dazu. Und weshalb sollten die Landmenschen uns mit ihren Geheimnissen kommen, da sie uns doch fürchten?«
    Tam-sin glaubte Stolz aus dieser Behauptung zu hören. Vielleicht, weil das Leben ihm so viel genommen hatte, klammerte Rhuys sich an den Gedanken, daß ihre Rasse von anderen gefürchtet war.
    »Ich berichtete nur, was ich sah, was ich hörte, was geschehen ist«, erklärte Pihuys gleichmütig aufs neue, und er blickte dabei nicht Rhuys an, sondern in voller Absicht Kilwar. Rhuys war auf LochNar nicht übermäßig beliebt mit seinem mürrischen, aufbrausenden Wesen.
    »Ich würde gern Eure Karte sehen, Pihuys«, sagte Kilwar. »Vielleicht treibt der Kauffahrer noch frei. Ihr sagtet, das Tau sei gekappt worden, könnte nicht ein Spallen es durchtrennt haben?«
    Pihuys drehte sich halb um und winkte einem seiner Männer zu. Der Mann sprang zurück auf das verankerte Schiff und kehrte gleich darauf mit einem schweren Tau zurück, das er sich über die Schulter geschlungen hatte. Der Kapitän griff nach dem herabbaumelnden Ende und streckte es zur Begutachtung aus. Selbst Tam-sin, die wenig von diesen Dingen verstand, erkannte, daß es ein sauberer Schnitt war, der nur von einem scharfen Messer oder einem Beil herrühren konnte.
    Kilwar strich mit den Fingerspitzen über das abgetrennte Ende. »Dazu gehört sowohl Kraft als auch eine scharfe Klinge«, erklärte er. »War er vom Bord des Kauffahrers aus durchschnitten worden oder vom Wasser?«
    »Der Taulänge nach von Bord des Kauffahrers, Lord«, antwortete Pihuys sofort, »und zwar mit einem einzigen Hieb, denn keine der Fasern wirkte zerfranst, wie es durch Sägen unvermeidlich wäre.«
    Rhuys lachte spöttisch. »Es mag leicht von einem Mann durchschnitten worden sein, dem die Ladung wichtiger war als das Leben seiner Kameraden. Wenn dieses Landmannsschiff tatsächlich in so gutem Zustand war, wie Ihr sagtet, konnte es leicht nach Insigal geschafft worden sein, wo, wie alle wissen, die Menschen nicht ausgesprochen ehrlich sind.«
    Zum erstenmal wandte Pihuys sich jetzt Rhuys zu. »Lord, wenn sich irgend jemand an Bord versteckt gehalten hätte, wäre er uns nicht entgangen. Wir kennen uns auf Schiffen aus, und in diesem durchsuchten wir sogar die Bilge. Und wenn vielleicht angedeutet werden sollte, daß einer meiner Männer sich hätte einen solch schmutzigen Trick ausdenken können …« Wenn Blicke töten könnten, hätte der, den Pihuys Kilwars Bruder zuwarf, bestimmt ein Ende mit seinem Leben gemacht.
    »Beruhigt Euch, Pihuys«, unterbrach Kilwar ihn. »Niemand würde je Euch oder Eure Männer verdächtigen, Ihr würdet ein Schiff nach Insigal schaffen, um uns hier um das Bergungsgut zu bringen.« Seine Stirn war finster gerunzelt, aber er sah seinen Bruder nicht an.
    Tam-sin seufzte innerlich. Einmal würde Kilwar Rhuys doch als das erkennen müssen, was er war: ein bitterer, boshafter Mann, ein Unruhestifter, der viele Feuer anfachte und sich darauf verließ, daß sein Bruder schon dafür sorgen würde, daß er nicht von den Flammen versengt wurde, wenn es erst richtig loderte. Sie selbst konnte ihrem Lord die Augen nicht öffnen, das wußte sie. Rhuys vermochte seinen Bruder um den Finger zu wickeln, und er haßte sie. Sie mußte alles tun, daß kein Keil zwischen sie getrieben wurde.
    »Bringt mir Eure Karte«, bat Kilwar. »Ich werde mich auch bei den Lords von Lockriss und von Lochack erkundigen, ob sie vielleicht etwas von dem Schiff gesehen oder gehört haben. Denn wenn Ihr bei den Riffen auf das verlassene Schiff gestoßen seid, besteht die Möglichkeit, daß Ihr nicht der erste wart, da auch sie dort patrouillieren.«
    Die Karte des Riffgebiets wurde auf dem Tisch der Ratskammer ausgebreitet. Kilwar hatte veranlaßt, daß all die Älteren anwesend

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