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Traum ohne Wiederkehr

Traum ohne Wiederkehr

Titel: Traum ohne Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Norton
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waren, die mehr der unheimlichen Geschichten über die See kannten, als in den Archiven aufgezeichnet waren. Er ersuchte Pihuys, seine Version über das nebelverhüllte Schiff zu erzählen, und blickte dann die Älteren an.
    »Ist ein ähnliches Geschehnis bekannt?« fragte er sie, als sich nach des Kapitäns ausführlichem Bericht Schweigen über die Anwesenden senkte.
    Eine lange Weile antwortete keiner. Da erhob sich Follan, der, wie altbekannt war, die Ostpassage fast ein dutzendmal gemacht hatte, und trat zur Karte. Mit dem Zeigefinger fuhr er die Linie nach, die Pihuys eingezeichnet hatte.
    »Lord, etwas Ähnliches trug sich bereits zu, doch nicht in diesen Gewässern.«
    »Wo und wann?« fragte Kilwar kurz.
    »Es gibt eine Stelle in der Nähe von Quinquare im Osten, wo Schiffe gesichtet und sogar betreten wurden, die verlassen im Wasser trieben. Doch nie hat je einer diese Schiffe bergen können. Zu einer Zeit erachtete man sie als eine so große Gefahr, daß kein Schiff mehr nach Quinquare segeln wollte. Der Handel in dieser Stadt erstarb, die Menschen flohen landeinwärts oder über See, und sie zerfiel! Doch Jahre vergingen und die Schiffe wurden nicht mehr gesehen. So erhob Quinquare sich erneut, doch es wurde nicht mehr zu der großen Handelsstadt, die es einst gewesen war.«
    »Quinquare«, murmelte Kilwar. »Das ist eine ganze See entfernt. Und hier an dieser Küste wurden solche Schiffe nie gesichtet?«
    »Niemand berichtete je darüber, Lord«, erwiderte Follan. »Lord, es gefällt mir nicht. Genauso wie Kapitän Pihuys berichtete, war es auch der Fall mit den Geisterschiffen von Quinquare. Wenn eine übernatürliche Macht sie nun zu uns geführt hat, bedeutet es nichts Gutes.«
    »Lord, die Kuriervögel …« Der Mann, der die Aufsicht über die schnellen Vögel hatte, trat mit einem Adler auf jedem Handgelenk an den Tisch. Die Vögel schauten sich mit klugen, wilden Augen um, und bewegten unruhig ihre Krallen auf dem dicken Gelenkschutz des Vogelmeisters. Es waren Seeadler, die mit unermüdlichen Schwingen über das Meer fliegen konnten, deren Intelligenz durch besondere Zucht noch erhöht worden war, und die dazu trainiert waren, Botschaften für die Seekönige von einer Felseninsel zur anderen zu tragen.
    Kilwar holte zwei kleine Stücke gegerbte Seeschlangenhaut hervor und kritzelte verschlüsselte Worte darauf. Dann rollte er sie zusammen und gab je eines in die winzige Röhre, die jeder der beiden Vögel an einer Kralle befestigt hatte.
    »Schickt sie jetzt aus«, befahl er. »Und haltet Ausschau, sie kommen vielleicht schon bald zurück.«
    »Sehr wohl, Lord.«
    »Inzwischen soll unser Schlachtschiff sich auslaufbereit machen«, bestimmte Kilwar. »Wir werden das Geisterschiff selbst suchen und es auch finden, sofern es immer noch umhertreibt, um unsere Leute in seine Falle zu locken. Pihuys, welcher Art war das Siegel auf der Ladeluke. Konntet Ihr es erkennen?«
    »Lord, es sah so aus.« Der Kapitän hatte ebenfalls nach einem Stück Schlangenhaut gegriffen und dem Schreibstift, den Kilwar zur Seite gelegt hatte. Er zeichnete das Siegel so, wie er sich daran erinnerte. »Ich habe es noch nie zuvor gesehen«, fügte er hinzu, als er den Stift wieder auf den Tisch legte und seinem Lord die Skizze zuschob.
    Trotz Rhuys bösem Blick trat Tam-sin näher heran, um über Kilwars Schulter sehen zu können. Sie atmete hörbar ein, als ihr die Bedeutung der Zeichnung klar wurde. Tam-sin von LochNar hätte sie nichts gesagt, aber der Tamisan von Ty-Kry war das Symbol sehr wohl vertraut … Und sie sah, ja spürte fast, wie Kilwars Körper sich anspannte, als er es ebenfalls erkannte.
    »Es sieht so aus, Bruder«, sagte Rhuys, »selbst wenn der tapfere Kapitän das Siegel nicht kennt, die, die mit dir das Bett teilt, kennt es sehr wohl.«
    Der sechszackige Stern, der von einem Blitz durchbohrt war, war Starrex’ Wappen im echten Ty-Kry, aus dem sie gekommen waren, und es bestand nicht der geringste Zweifel daran.
     
3.
     
    Tam-sin schwieg auf die Worte, die Rhuys Ton zur Anklage gemacht hatte. Sie war sicher, daß Kilwar das Zeichen seines eigenen Hauses jener anderen Zeit, ehe sie durch Kas’ Manipulationen in diesen Träumen festgehalten wurden, sofort erkannt hatte. Sie überließ es ihm, zuzugeben oder nicht. Aber Follan sprach als erster, mit einem Ernst, der Teil seiner Persönlichkeit zu sein schien.
    »Lady Tam-sin, ist Euch dieses Zeichen wahrhaftig bekannt?« Sie betrachtete ihn, empfing

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