Traumfrau ahoi: Roman (German Edition)
hinuntersah.
»Was willst du?«, fragte er, doch Baby schien keinen anderen Wunsch zu haben, als bei ihm zu sein. Links vom Stummelschwänzchen des Hundes lag die teilweise geschmolzene Leuchtpistole, mit der das Unheil begonnen hatte. Max hob sie auf und drehte sie hin und her. Nein, er würde sie nicht benutzen, um andere Schiffe auf sich aufmerksam zu machen, wie sehr ihn Lola auch an den Rand des Wahnsinns trieb. Aber vielleicht würde das Ding sich als nützlich erweisen, wenn sie sich Bimini näherten.
Stockholm-Syndrom. Baby litt unter dem Stockholm-Syndrom, beschloss Lola. Seit Max den Hund aus dem Wasser gezogen hatte, schien Baby ihn wie einen Helden zu verehren. Er hatte sich Max angeschlossen, ob der es nun wollte oder nicht. Und nach dem zu urteilen, was Lola jetzt vom Sofa im Salon aus beobachtete, war diese Liebe wohl doch nicht so ganz einseitig.
Sie spähte über den Rand der Ausgabe von Hochseeangeln , in der sie erfolglos zu lesen versuchte, hinweg in die Kombüse. Max hatte vor sich auf dem Tisch Karten ausgebreitet und musste immer wieder Baby aus dem Weg scheuchen.
»Runter da, B. D.«, sagte er und zog eine Linie über die Karte. Er fummelte ein wenig mit dem Sextanten herum und zog eine weitere Linie. Vor etwa einer Stunde war die Sonne untergegangen, und er hatte die Motoren wieder angeworfen. Das Licht der Deckenlampe ergoss sich über ihn und Baby, spielte in seinem Haar und auf den Spitzen von Babys Ohren.
Lola wusste nicht, was sie von Babys Anhänglichkeit Max gegenüber halten sollte. Sie hatte ihn bisher nie mit jemandem teilen müssen und musste gestehen, dass sie ein wenig eifersüchtig
war. Gleichzeitig jedoch freute sie sich darüber, dass ihr Hund endlich einmal männliche Gesellschaft gefunden hatte, und mochte sie noch so knapp bemessen sein. Baby brauchte männlichen Einfluss in seinem Leben, und Lola war froh, dass Max nicht mehr damit drohte, ihn über Bord zu werfen oder gar zu verspeisen.
Lola stand auf und ging in die Kombüse. »Hast du herausgefunden, wo wir sind?«, fragte sie und blieb vor dem Tisch stehen.
Er hob kurz den Blick. »Hier«, sagte er nur und deutete auf die Karte.
Sie konnte nicht fassen, dass sie ihm schon wieder die kleinste Information praktisch aus der Nase ziehen musste. »Was heißt hier?«
»Etwa sechzig Meilen südöstlich von Bimini.«
»Wie lange dauert es noch, bis wir dort ankommen?«
»Schwer zu sagen. Wir sind heute nicht besonders vorangekommen. « Er griff nach der geschmolzenen Leuchtpistole und nahm eine Nagelfeile sowie eine Tube Schnellkleber zur Hand.
»Was machst du da?«
Dieses Mal machte er sich nicht einmal die Mühe, den Kopf zu heben. »Ein Radio. Das wolltest du doch.« Wortlos zog er ein neues Fernglas hervor, das er irgendwo gefunden haben musste, und gab es ihr. »Mach dich nützlich.«
Nun gut, aus irgendeinem Grund war er übelster Laune, und Lola hielt es für das Beste, ihm aus dem Weg zu gehen. Sie nahm das Fernglas und ging nach draußen. Millionen Sterne drängten sich am Himmel, und sie drehte sich langsam um die eigene Achse, bis sie den Großen Wagen gefunden hatte. Ein heftiger Wind blies ihr das Haar ins Gesicht, und sie schob ein paar Strähnen unter ihren Hemdkragen, ehe sie das Fernglas an die Augen hob und auf den schwarzen Atlantik hinausspähte. Max war nicht nur übelster Laune, sondern schien
auch ihre Nähe zu meiden. Ironie des Schicksals. Gestern hatte sie versucht, ihn zu meiden, und heute ging er ihr aus dem Weg.
Zuerst hatte sie angenommen, er hielte sich fern, weil er wusste, dass sie ein Bad nahm, und ihre Intimsphäre nicht stören wollte, doch auch nachdem sie sich wieder angezogen hatte und zu ihm zum Bug des Schiffes gekommen war, hatte er ihr bloß das Fernglas gegeben und war wortlos weggegangen.
Die Sonne ließ sein schwarzes Haar glänzen, als er zur Schwimmplattform ging, sich bis auf die Unterhose auszog und ins Wasser sprang. Sie saß am Bug und ließ die Beine über die Seite der Jacht baumeln. Das Fernglas in einer Hand, hatte sie zugesehen, wie er mit kräftigen Zügen um die Dora Mae herumschwamm. Gelegentlich sah er zu ihr hin, doch er hielt nicht ein einziges Mal inne und hörte erst nach etwa einer Stunde wieder auf. Kein Zweifel, seit dem Mittagessen versuchte Max, ihr möglichst nicht zu begegnen. Der Wind ließ den Saum ihres Wolltuchs um ihre Knie wehen. Gänsehaut überzog ihre nackten Beine. Sie blickte durchs Fernglas nach backbord, hinaus auf die
Weitere Kostenlose Bücher