Traumfrau ahoi: Roman (German Edition)
»Natürlich.«
»Ich benötige Ihr Einverständnis für diese Einkäufe«, sagte Rose und legte eine braune Mappe auf Lolas Schreibtisch. Sie schlug die Mappe auf und überflog die Liste von Bürobedarf. Warum belästigt Rose mich damit?, fragte sie sich, wusste die Antwort aber bereits, bevor sie die Frage zu Ende gedacht hatte.
Weil du gern jeden Aspekt deines Geschäfts unter Kontrolle haben willst – von Strategien und Zielen bis zu den Büroklammern. Sie klappte die Mappe zu, ohne die Liste richtig gelesen zu haben.
Schließlich hatte sie gute, kompetente Leute eingestellt, und das Unternehmen, das sie ins Leben gerufen hatte, brauchte sie nicht mehr so sehr. Doch um einzusehen, dass sie nicht alles selbst zu kontrollieren brauchte, hatte sie erst auf der Dora Mae im Atlantik treiben müssen.
»Das ist in Ordnung«, sagte sie. Es hatte eine Zeit gegeben, als sie beim Einkauf von Bedarfsgütern sparen musste, aber diese Tage lagen längst hinter ihr. »Sie brauchen nicht meine Erlaubnis einzuholen, um Druckerpatronen und Kopierpapier einzukaufen.«
Eine Mischung aus Verwirrung und Erleichterung breitete sich auf Roses Gesicht aus. »Wollen Sie die Liste wirklich nicht prüfen?«
»Nein.«
»Geht es Ihnen gut?«, fragte Rose.
»Ja, danke.«
»Sie haben Schlimmes durchgemacht.«
Rose hatte ja nicht die geringste Ahnung. Kein Mensch hatte eine Ahnung. Kein Mensch kannte die wirkliche Wahrheit. Niemand außer Max und ihr. Während der ersten Tage, die sie bei ihren Eltern verbrachte, hatte sie ihnen ein wenig anvertraut. Sie hatte ihnen erzählt, dass Max bei ihr auf der Dora Mae gewesen sei, aber sie verriet ihnen nicht alles. Sie erwähnte nicht, dass Max sie entführt hatte. Sie verschwieg zahlreiche Einzelheiten, weil ihre Eltern schon genug Angst ausgestanden hatten. Sie brauchten nicht auch noch zu wissen, dass Lola in diesen paar Tagen dreimal beinahe ums Leben gekommen wäre.
Die Geschichte, die sie der Presse erzählt hatte, war eine bereinigte
Version der Wahrheit. Am Tag ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus hatte sie sich den Reportern stellen müssen und ihnen erklärt, sie wäre auf einem Ausflugsschiff auf dem Atlantik umhergetrieben. Sonst nichts.
»Ja, mir geht’s gut«, antwortete sie auf Roses Frage, obwohl sie sich nicht sicher war, ob es der Wahrheit entsprach – das heißt, es entsprach zwar der Wahrheit, aber einer anderen als der, die sie gewohnt war.
Das Klappern von Roses Absätzen auf dem Holzfußboden erfüllte das Büro, als sie hinausging. Sie schloss die Tür hinter sich, und Lolas stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und legte das Gesicht in die Hände.
Schon vor ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus in Key West hatten zwei sehr offiziell aussehende Herren sie aufgesucht, die ihr eindringlich zur Verschwiegenheit geraten hatten. Sie appellierten an ihren Patriotismus und ihren Selbsterhaltungstrieb. Aber sie hätten sich den Weg und die Worte sparen können, schließlich war sie nicht dämlich. Das FBI oder der CIA brauchten ihr nicht zu erklären, dass von ihrer Verschwiegenheit über die Einzelheiten ihres Aufenthalts womöglich ihr Leben abhing. Ihr war klar, dass sie mit niemandem darüber reden konnte. Mit niemandem außer Max, aber mit ihm konnte sie nicht reden, weil sie nicht wusste, wo er zu erreichen war, und er hatte sich noch nicht bei ihr gemeldet.
Lola atmete tief aus und griff nach ihrem Tischkalender. Bevor sie zu den Bahamas aufgebrochen war, hatte sie ihren Terminplan für die nächsten vier Monate aufgestellt – eine Besprechung und Essenseinladung nach der anderen. Einige davon waren wichtig, andere wiederum vollkommen nebensächlich. Bei keinem Termin ging es um Leben und Tod.
Sie hob den Kopf. Vielleicht war es das. Vielleicht war ihr Leben im Augenblick einfach auf den Kopf gestellt. Nachdem sie nun nicht mehr in Gefahr schwebte und keines großen,
starken Mannes zu ihrer Rettung bedurfte, erschien ihr das Leben vielleicht einfach nur langweilig.
Um zehn nach drei schlüpfte Lola in ihre Schuhe, griff nach ihrer dazu passenden roten Unterarmtasche und machte sich zu ihrem Lieblings-Schönheits-Salon auf, wo sie sich einer Tiefenmuskelmassage und einer Ganzkörper-Kräuterpackung unterzog und außerdem die Augenbrauen zupfen, die Fingernägel feilen und polieren und kleine weiße und gelbe Gänseblümchen auf den pinkfarbenen Lack ihrer Zehennägel pinseln ließ.
Als die Maniküre beendet war, betrachtete sie sich im Spiegel und
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