Traumfrau (German Edition)
lästerte: „Ich hab schon von deinen Problemen gehört, Alter. Da hast du dir eine Menge Ärger aufgeladen. Es wird nicht lange dauern, und die Passbehörde hetzt dir die Ausländerpolizei auf den Hals. Wenn du die Kleine nicht bald unter der Haube hast, lässt du sie besser wieder zurückfliegen, sonst ...”
„Woher weißt du überhaupt ...”
Martin hatte Udos angeberisches Lachen noch nie leiden können, doch jetzt, als er es wieder hörte, wurde Martin klar, dass er jahrelang versucht hatte, dieses Lachen zu imitieren. Aber um so lachen zu können, musste man etwas im Rücken haben. Geld von Papi, eine reiche Freundin, einen aussichtsreichen Posten, irgendetwas. Ihm war es nie gelungen, so zu lachen, denn er hatte nichts.
„Unser Willi hat mir die ganze Sache erzählt.”
„Wer ist Willi?”
„Willi war in Frankfurt mal eine ganz große Nummer. Aber seit AIDS geht das Geschäft mächtig zurück, und dann haben ihn ein paar Puppen reingelegt. Und Willi war nicht clever genug. In dem Geschäft muss man hart sein. Ein Kerl wie ein Baumstamm ... Willi war mehr so’n pflaumenweicher, weißt du ... mit der Masche kam er bei den Weibern zunächst gut an, aber dann ... er hat seine Pferdchen nie richtig ans Laufen gekriegt ... jedenfalls arbeitet er jetzt als Aufpasser für mich im Club.”
„Ich denk, das Haus ist verpachtet!”
Wieder lachte Udo Tiedemann sein unverschämtes Lachen. „Hast du dieses Märchen etwa auch geglaubt? Ach du liebe Güte, bin ich doof und vermiete den Laden für tausend im Monat, wenn ich auch das Zehnfache herausholen kann? Deine Kleine ist dir weggelaufen und flieht ausgerechnet zu uns in den Puff! Na, wenn das kein Zeichen des Himmels ist! Komm, lass uns eine Runde zusammen trinken.”
„Nein, nein”, winkte Martin Schöller ab, „nein, nein. Das will ich genau wissen. Erzähl mir mehr.”
„Dir muss das Wasser bis zum Hals stehen. Mensch, du schwitzt ja richtig. Bist du zu Fuß gekommen? Was für ein Auto fährst du eigentlich? Jedenfalls ist sie zu uns gekommen, weil sie mit einem unserer Mädchen sprechen wollte. Sie hat wohl gesehen, dass ein paar Thai-Schwestern bei uns arbeiten. Sie hat ihnen den üblichen Scheiß erzählt, dass sie eigentlich heiraten wollte, jetzt aber dauernd ein anderer über sie steigt, na ja, du weißt selbst, welche Rosinen die Mädchen im Kopf haben. Komm, lass uns jetzt trainieren.”
Martin hielt sich an der Theke fest.
„Was ist, Martin, hab ich was Falsches gesagt?”
„Sie hat gesprochen?”
„Na klar hat sie gesprochen. Was dachtest du denn?”
„Ich dachte, sie sei stumm.”
„Haha. Bist du auch auf den Mist reingefallen? Hast du sie etwa von Lothar Sommer? Das alte Schlitzohr! So viele Stumme, wie der verkauft, gibt es in ganz Thailand nicht!”
„Ja aber ...”
„Stell dich nicht so blöd an, Mensch. Wenn eine erst mal hier ist und zum zweiten oder dritten Mal von einem Typ abgelehnt wurde, steht sie derart unter Stress, dass sie plötzlich alles kann. Sie weiß, die Uhr läuft, weil sie höchstens sechs Monate Zeit hat, um zu heiraten. Dann geht’s ab nach Hause. Ich sag dir, egal wie steif die Maus vorher war, plötzlich kann sie Spagat! Aber jetzt lass uns endlich trainieren. Ich hab nur zwei Stunden Zeit.”
„Er hat mich betrogen”, stammelte Martin Schöller plötzlich. Diesmal war Udo Tiedemanns Lachen nur noch gemein. So lachte man jemanden aus, den man verletzen wollte.
„Natürlich hat er dich betrogen. Ob du nun eine Frau kaufst oder einen Gebrauchtwagen, das ist dasselbe. Die Händler erzählen dir immer, was du hören willst. Ist aus ihrer Sieht ganz verständlich. Alle kommen gucken, wollen dran rumfummeln, ‘ne Probefahrt machen, aber keiner kauft. Du hast dich da ein bisschen übernommen. Ich weiß, ich weiß: Martin, du hast jetzt Blut geleckt, denkst, das läuft immer so. Aber das sag ich dir: Für dieses Geschäft bist du nicht hart genug. Schuster, bleib bei deinem Leisten. Wie viel Kohle hast du bisher mit ihr gemacht? Soll ich mal schätzen? Als sie alle ganz wild auf sie waren, habt ihr die Nummer mit den kranken Eltern und den Schulden in Thailand gefahren. Stimmt’s?”
Martin nickte.
„Und sie haben gleich alle Knete abgedrückt?”
„Günther hat das meiste gezahlt.”
„Und sie haben das Ticket bezahlt, obwohl sie längst hier war, stimmt’s? Siehst du, hab ich mir doch gedacht. Da sind sie alle gleich. Wenn sie sich einmal entschieden haben, kann sie nichts mehr
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