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Traumfrau (German Edition)

Traumfrau (German Edition)

Titel: Traumfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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alter Lehrer. Ja, lieber Günther, das mögen wir so an dir! Immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Sieh mal, diese hier sind auch unverwechselbar.” Martin Schöller schob die Fotos näher zu Günther Ichtenhagen. „Jede von ihnen wird sich abstrampeln, um genauso unverwechselbar zu sein, wie du sie haben möchtest. Aber das mit Mary, das geht nun wirklich nicht.”
    Im oberen Stockwerk wurden Stimmen laut. Männerlachen.
    Günther Ichtenhagen fuhr herum. Erwartungsvoll blickte Martin Schöller hoch und atmete tief mit stolzgeschwellter Brust ein. Bereit, jetzt jeden Gegner hinauszuwerfen. Wolfhardt Paul ging einen Schritt zurück, um im Korridor zu verschwinden. Er wusste nicht, wer kam. Er wollte nicht gesehen werden. Hans Wirbitzki stieg unbemerkt die Kellertreppe hinunter und suchte dort nach Mary.
    Drei Günther Ichtenhagen unbekannte Männer kamen aus Marys Zimmer.
    Sie wirkten euphorisch. Aufgedreht. Der mit den blonden Haaren lachte Martin Schöller an: „Wo ist denn die Kleine? Wir wollen sie für unsere Angeltour abholen! Wir dachten, den Abend vorher könnte man sich schon mal kennen lernen ...”
    „Ich schick sie euch gleich rauf. Wir haben hier unten nur noch etwas zu klären. Oben im Kühlschrank steht Bier. Bedient euch. Macht aber die Tür hinter euch zu.”
    „Schon gut, schon gut, wir wollten nicht stören. Lass uns aber nicht zu lange warten.”
    Martin Schöller packte mit beiden Händen Günther Ichtenhagens Hals und schüttelte ihn: „Also, die Entscheidung ist längst gefallen. Wir zusammen haben achtzig Prozent an ihr und du nur zwanzig. Du kannst dankbar sein, dass wir uns überhaupt so lange mit dir beschäftigt haben. Wo ist sie? Heul nicht! Du kriegst ja eine Neue von uns.”
    Hans Wirbitzki stampfte die Kellertreppe wieder hoch und rief schon auf halber Strecke: „Martin! Die Tür zum Heizungskeller ist verschlossen, und der Schlüssel steckt nicht.”
    Martin Schöller drückte fester zu. „Also Günther, du hast sie im Heizungskeller versteckt. Wo ist der verdammte Schlüssel? Gib ihn raus.”
    Mit einem hoffnungsvollen Seitenblick auf Wolfhardt Paul brüllte Günther Ichtenhagen seinem ehemaligen Schüler die Antwort ins Gesicht: „Nein!”

Die Recherche
    Mit den Recherchen zur „Traumfrau” begann ich 1986. Damals war die Welt noch eine andere. Wenn Schriftsteller sich einem Thema näherten, gaben sie keinen Suchbegriff bei Google ein, sondern sie besuchten Menschen, machten Interviews und schmierten Notizblöcke voll. Das alles war nicht mit einem Mausklick zu erledigen. Es dauerte lange. Sie wurden mit Lügen, Halbwahrheiten oder geschwätzigem Schweigen konfrontiert. Trotzdem hatte es viele Vorteile, denn das alles wurde sinnlich viel erfahrbarer. Ich roch, schmeckte, erlebte meine Geschichte.
    Als ich mit dem Schreiben begann, war das alles für mich ganz normal. So ging ein Autor eben vor. Nie wären in meinen Büchern Mädchenhändler vorgekommen, wenn ich nicht gewusst hätte, wie sie aussehen, sprechen, sich bewegen, also, wenn ich nicht vorher mindestens einen erlebt hätte. In welchen Strudel von Ereignissen ich dann geriet, hätte man, im Nachhinein betrachtet, vielleicht voraussehen können. Doch ich war ein junger Schriftsteller, voller Kraft und Leidenschaft. Ich wollte einen wahrhaftigen Roman schreiben und war bereit, dafür, wie ich es damals ausdrückte, „meinen Arsch zu riskieren”.
    Es war die große Zeit des Umbruchs. Jeder spürte, dass es so nicht weitergehen konnte. Unser Land wurde durch eine Mauer geteilt, die politischen Systeme standen sich feindlich gegenüber und bedrohten sich gegenseitig mit Atomraketen. Damals wurden Talibankrieger noch „Freiheitskämpfer” genannt und von den westlichen Regierungen mit Waffen und Geld unterstützt.
    RTL war ein neuer Sender, den kaum jemand reinbekam. Pro 7 ein Drink zum Fitwerden nach durchzechter Nacht mit vielen Vitaminen und rohen Eiern.
    Irgendwie wusste jeder, dass es so mit der Welt nicht weitergehen konnte. Meine Art, an der notwendigen Veränderung mitzuarbeiten, war es, Bücher zu schreiben und dabei wollte ich genau sein.
    Man hatte sich damals an viel Irrsinn gewöhnt. Auch an die Kleinanzeigen verschiedener Ehevermittlungsinstitute, die Thaifrauen und Filipinas für heiratswillige Männer anboten, die sich angeblich wohltuend von den deutschen Emanzen unterscheiden sollten.
    Diese Anzeigen gingen fast unter in der Flut von Zigaretten und Schnapswerbung, aber sie waren da. So

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