Traumfrau mit Fangzähnen
sollte, als plötzlich ein großer, dunkler Schatten am Rand des Daches erschien. Ich erstarrte, schwebte regungslos in der Luft über dem Kampfplatz. Ein Vampir, größer als ich und von hellerer Farbe, landete elegant genau dort, wo ich ebenfalls vor wenigen Minuten gelandet war, und sah zu mir herauf. Mein Herz setzte aus, als ich erkannte, wer es war. Darius.
Er bekam nicht einmal die Chance zu kämpfen. Allein sein Anblick reichte aus, um die drei Vampirjäger in die Flucht zu schlagen. Sie rannten durch die Tür davon, durch die sie wenige Augenblicke zuvor so plötzlich erschienen waren.
Mein erster Gedanke war, was Darius hier zu suchen hatte. Doch die Geräusche aus dem Verschlag lenkten mich ab. In der Stille nach dem Kampf vernahm ich wieder das Klagen und das flache, mühsame Atmen eines Tieres. Mir blieb nicht mehr viel Zeit, wenn ich es retten wollte. Ich landete vor dem hölzernen Verschlag, hackte meine Krallen in die Holztür und versuchte, sie aus den Angeln zu reißen. Doch das Holz hielt dem Druck stand. Ich wollte gerade ein weiteres Mal daran ziehen, als Darius neben mir erschien. Ohne ein Wort krallte er sich ebenfalls in die Tür, und zusammen rissen wir sie mühelos heraus. Schloss und Scharniere baumelten nutzlos am Türrahmen.
Im Inneren des Verschlags lag ein Hund, so ausgezehrt und erschöpft von dem Versuch, sich aus seinem Gefängnis zu befreien, dass er kaum noch atmete. Darius hockte sich hin und streichelte sanft das Fell des Tieres. Der Hund sah mich aus hellen Augen an, und mein Herz begann heftig zu schlagen. Ich konnte seine Gedanken so deutlich in meinem Kopf hören, als spräche das Tier sie laut aus. Sie offenbarten eine herzzerreißende Traurigkeit und ein Flehen nach Hilfe.
Darius schaute mit seinen Fledermausaugen zu mir auf. »Sie scheint nicht verletzt zu sein, außer an den Pfoten, weil sie versucht hat, durch die Tür zu kommen. Aber sie ist stark dehydriert und fast verhungert, und ihre Körpertemperatur ist zu niedrig. Jede andere Rasse hätte die Kälte umgebracht.«
»Welche Rasse ist sie denn? Sie sieht aus wie ein Wolf«, sagte ich und hatte das Gefühl, mitten in einem Traum zu sein.
Darius antwortete, ohne zu zögern. »Sie ist ein Malamute. Vielleicht hat sie auch ein paar Tropfen Wolfsblut. Wir müssen sie schnell ins Warme bringen. Am besten in deine Wohnung?«
In meine Wohnung? Mein Kopf drehte sich, die ganze Welt schien ins Schlingern zu geraten. Diese Situation war vollkommen surreal. Nur einige Stunden vorher hatte ich Darius mit einer anderen Frau gesehen, und davor hatte ich zwei Monate lang kein Wort mit ihm gewechselt. Und jetzt stand er plötzlich in Vampirgestalt vor mir. Darius war bei unserem letzten Einsatz von Terroristen angeschossen worden. Ich hatte ihn mit meinem Biss zu einem Vampir gemacht und ihm somit das Leben gerettet, und natürlich war ich mir über seine Verwandlung die ganze Zeit bewusst gewesen. Doch jetzt wurde ich mit der Realität dessen konfrontiert, was ich getan hatte. Darius war von enormer Größe, seine Muskeln stachen unter dem silbernen Pelz hervor, und sein langes Haar wehte im Wind. Im Gegensatz zu meinen goldenen Augen waren seine silberfarben, doch ansonsten war auch sein Gesicht unverändert. Eine gezackte Narbe lief über seine Wange und verlieh seinem so hübschen Aussehen etwas Rohes. Ich fühlte mich von seinem Anblick körperlich angezogen, obwohl ich wusste, dass ich nicht den
Mann
vor mir hatte, den ich liebte. Darius war nicht mehr menschlich. Er war ein Vampir.
Offenbar mit ganz anderen Gedanken beschäftigt als ich, hob Darius die große Hündin mühelos hoch und sagte: »Wir sollten zuerst deine Sachen holen.« Nachdem wir uns versichert hatten, dass auf der Straße keine Passanten oder vorbeifahrende Autos zu sehen waren, schwebten wir schweigend an der Vorderseite des Gebäudes hinab. Auf dem Boden angekommen, verwandelte ich mich wieder in menschliche Gestalt. Während ich mich anzog, bemerkte ich, dass Darius mich beobachtete. Doch dann wandte er den Blick ab und legte die Hündin vorsichtig neben mich. Ich ging neben sie in die Hocke und legte eine Hand auf ihre Flanke. »Ich bin sofort wieder da«, sagte Darius und flog einige Meter weiter zu einem großen Blumenkübel aus Beton. Er verschwand dahinter und erschien kurz darauf wieder in menschlicher Gestalt und vollständig bekleidet. Dann kam er zu mir zurück, hob die Hündin wieder auf die Arme und folgte mir zu meiner
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