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Traumkristalle

Traumkristalle

Titel: Traumkristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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Dämmerlicht und brach sie auf. Und als er sie aufgebrochen hatte, war sie – leer. Er wurde sehr bös und lief unter die Buche und schalt mich. Ich sagte aber, er müsse Geduld haben, er solle nur die Kiste am Tage wieder eingraben, dann werde es schon gelingen. Nun gräbt er im Sonnenbrand die leere Kiste wieder ein, und in der Nacht gräbt er sie wieder aus, und immer ist sie leer. Und das treibt er unermüdlich. Ist es nicht rührend, wie treu er mir dient?“
    „Warum ist sie leer?“ fragte der mit dem Schirme.
    „Warum? Nun, weil ich die Augen gar nicht hineintue.“
    „Ei, dann bist du ja aber eine ganz tückische Lügnerin.“
    „O pfui“, sagte die Elfe, „wie kannst du so reden? Ich kann sie ja nicht hineintun, das müßte sich der Schatzgräber doch selbst denken. Ich habe ja gar keine goldnen Augen.“
    Da nahm der Mann unter dem Baume den Schirm fort und blickte in die Höhe, und die Goldaugen der Elfe blitzen ihm entgegen, und ihre Arme streckten sich aus, und er wollte aufspringen. Aber zum Glück stieß er an den Schirm, und der Schirm schob sich wieder dazwischen. Da warf er sich gemächlich hin und sagte:
    „Nun kenn’ ich dich, schöne Elfe, und wenn du mich wieder ansehen willst, so mußt du unter meinen Schirm kommen.“
    „Ich werde mich hüten“, rief die Elfe schmollend. „Warum willst du den dummen Schirm nicht fortnehmen? Die Sonne scheint ja gar nicht mehr.“
    „Er ist auch gut gegen den Regen. Es ist ein Schirm für alle Fälle, und es ist ein großer, weiter, herrlicher Himmel darunter. Wenn du herabkommst, so darfst du ihn sehen.“
    „Aber es regnet gar nicht. Sag’ mir bloß, warum du den Schirm brauchst?“
    „So lange ich den Schirm habe, hab’ ich die Welt für mich, und alles gehört mir, und niemand kann mich stören. Aber wenn ich ihn nicht hätte – Doch höre, ich will dir eine Geschichte erzählen.
    Es war einmal ein Mann, der hatte seinen Schirm stehen lassen. Und als er nun ausging, um nachzusehen, ob die Welt bald fertig wäre, da nahm er in der Zerstreutheit sein Herz in die Hand. Das schadete ihm nichts und tat ihm wohl, so lange die Sonne schien.
    Es kam aber eine Wolke und dann noch eine, und da sie nichts Besseres zu tun wußten, so regneten sie eine Weile und gaben auch noch ein Stündchen zu. Da hielt der Mann sein Herz über den Kopf, und das Herz wurde weich, pflaumenweich.“
    „Der Mann scheint mir noch dümmer als der Schatzgräber“, sagte die Elfe.
    „Das war er, doch höre nur weiter. –
    Im Bache spielten die Goldfische, und als der Mann am Ufer hinwandelte, tat es ihm leid, daß die armen Goldfische so naß werden sollten vom Regen. Darum hielt er sein Herz über sie, damit ihnen nicht die Farbe abginge; denn er wußte nicht, ob sie echt sei.
    So wurde das Herz noch weicher, windelweich, und man konnte es auswinden.
    Das tat denn auch der Mann, und als der Regen aufgehört hatte, wollte er’s zum Trocknen aufhängen. Schwierig war das nicht, weil das Herz ein Loch hatte; ohne dieses wäre es gar nicht so durchregnet. Dafür blieb es aber auch leicht hängen. Er mußte nur etwas haben, woran er sein Herz hängen konnte.
    Während er so am Bache suchend hinschritt, sah er zwei Bäume stehen, die grünten und blühten, daß es eine Pracht war; das heißt, der eine grünte mehr und der andre blühte mehr, aber eine Pracht war es nun einmal, das meinte der Mann auch.
    Und der eine Baum, an welchem die vielen grünen Blätter waren, winkte mit seinen Zweigen, er möge sein Herz daran hängen, damit es wieder fest und fröhlich werde. Dabei wuchsen die Zweige immer höher und ordneten sich oben zu schönen Kränzen. Goldne Schleifen flatterten daran, und die Sonne glänzte darauf mit ihren Strahlen, als wenn tausend selbstleuchtende Sterne auf dem Baume Verstecken spielten. In ihrem gegenseitigen Schimmer schienen sie heller und herrlicher, und lockender neigten sich die Kränze.
    Die Vögel flogen herbei und sangen, daß dies der gepriesenste Baum der Welt sei; denn er stehe frei und groß im ewigen Äther, und keine Krone dauerte so lange wie seine Kränze. Und eine alte Eule schlug ein Rad mit den Augen und meinte, er sei allerdings ein großartiger Baum; selbst der Mond habe gesagt, daß nichts darüber ginge als die Purzelbäume, welche die Kometen um die Sonne schlagen.
    Da hing der Mann sein Herz an den Baum.
    Die Zweige bewegten sich und hoben es allmählich höher zwischen die Kränze und die goldenen Schleifen.
    Klar funkelte das

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