Traumkristalle
niemals
Selbst dir begegnen?
Ewig scheidet neidisch die dunkle Fläche
Von einander uns die ersehnten Wege,
Und herüber zittert nur deines schwanken
Bildes Erscheinung.
Ja warum denn? Er brauchte doch nur um den Teich herumzugehen – wie dumm doch die Menschen sind! Ich beschloß, das Äußerste zu wagen, um dieses Warum zu ergründen. Der Mensch schickte sich an fortzugehen. Ich begab mich auf ihn, ich ließ mich von ihm tragen – ins Fremde, ins Ungewisse – wahrscheinlich in den Tod! Aber ich wollte es wissen – was ist Liebe?
Der Weg war weit, wir hätten auf eigenen Füßen wohl eine Tageswanderung gebraucht. Da blieb der Mensch so plötzlich stehen, daß ich fast herabgefallen wäre. Und eben so plötzlich setzte er seinen Weg fort. Die beiden Weibchen kamen ihm entgegen. Nun hatte er ja seinen Wunsch erreicht, jetzt konnte er wie früher mit ihr reden. Und ich erwartete, daß sie ihm entgegenspringen werde. Aber was geschah? Sie sah ihn gar nicht an, er hob schweigend den Arm nach dem Kopfe – ich verlor das Gleichgewicht und flog durch die Luft. Als ich wieder zur Besinnung dessen kam, was eigentlich mit mir geschehen sei, waren beide, der Mensch und die beiden Weibchen, schon ein Stück von einander entfernt, und bald verlor ich den Menschen aus dem Gesicht. Ich saß nämlich, wie ich jetzt bemerkte, in dem Gewände des Mädchen. Hier hielt ich mich verborgen, ich weiß nicht wie lange.
Eine plötzliche starke Erschütterung des Kleides warf mich auf den Boden. Als ich imstande war mich umzusehen, fand ich mich in einer Menschenwohnung. Das Weibchen war allein, aber sie hatte jetzt ein weißes Gewand an. Es war dunkel im Zimmer, nur auf dem Tische, an welchem das Weibchen saß, leuchtete eine helle Flamme. Ich sah mich in meinem Schrecken zunächst nach einem Zufluchtsort um, dann aber besann ich mich meiner Aufgabe und wanderte mutig dem Lichte entgegen. Auf dem Tische angelangt, verbarg ich mich in einem dort stehenden Blumenstrauße und konnte nun das Weibchen genau beobachten. Sie hielt ein Bild – die Menschen ahmen merkwürdig geschickt alles nach, was sie sehen – in ihrer Hand; einige Blätter Papier, in denen sie eben gelesen, lagen neben ihr. Ich hatte später – leider! – Gelegenheit, den Inhalt genau zu vermerken und will ihn sogleich hier verzeichnen unter der Überschrift:
Lieder des Menschen
Ja, ich bin glücklich, wenn ich dich gesehn,
Wenn ich ein Lächeln, einen Blick gewonnen!
Beseligt kann ich meine Wege gehn,
Wo ich auch wandle, strahlen milde Sonnen.
Die milden Sonnen sind die Augen dein,
Sie leuchten mir ins Schattenreich des Lebens.
So lang’ ich atmen darf in ihrem Schein,
So lange, weiß ich, leb’ ich nicht vergebens.
Ja, ich bin glücklich, wenn ich dich gesehn!
Du bist der stille Segen meiner Tage;
Denn alles Glück ist mir durch dich geschehn,
Seit ich dein Bild im tiefsten Herzen trage.
Unbegriffen, wie die Welt
Sich erfüllt in eignem Weben,
Hat sich wundersam gesellt
Ein Gedanke meinem Leben.
Daß ich nimmermehr mein Sein
Von dem deinen weiß zu scheiden,
Daß ich dein und daß du mein,
Und daß alles ist uns beiden.
Daß ich dein gedenken muß,
Ob ich nahe dir, ob ferne?
Und daß meiner Sehnsucht Kuß
Ewig weilt bei meinem Sterne.
Wenn ich dein gedenke,
Wird die Welt mir fern,
Meine Seele schwebet
Über Raum und Stern.
Wenn ich dich erblicke,
Wird mir heiß zu Sinn,
Unruhvolles Treiben
Drängt nach dir mich hin.
Wenn ich leise rühre
Hand an deine Hand,
Ach, in sel’ger Enge
Haft’ ich festgebannt.
Du siehst mich leben, siehst mich ruhig wandeln
Die ausgetreten Gleise meiner Tage.
Ja, ich kann lächeln, kann verständig handeln
Und vorwärtsschreiten – das ist keine Frage.
Doch dir ins Ohr muß ich es anvertrauen:
Ich bin’s nicht mehr, nicht ich, der sich gestaltet!
Ein Schatten ist’s, ich fühl’s mit tiefem Grauen,
Der seelenlos an meiner Stelle waltet.
Die Seele floh, und dich hat sie erkoren,
An deinen Augen hängt sie, deinem Munde!
Gib sie zurück! Doch nein, sie sei verloren –
Gib deine Seele mir, daß ich gesunde!
Mein herrliches Lieb, wie schlimm sie es quälen,
Die bösen Leute mit arger List!
Doch gräme dich nicht! Laß sie reden und schmälen!
Sie wissen ja nicht, wie hold du bist.
Und was die Welt auch Närrisches spricht,
Du gräme dich nicht!
Komm, neige dein Haupt, und mit süßen Schauern
Berühren die
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