Traumkristalle
entrückt,
Und der Sinne Sklavenketten
Liegen machtlos und zerstückt.
Ob der Weltenlauf verronnen,
Ob der Sternenglanz versprüht,
Raumlos über allen Sonnen,
Zeitlos meine Liebe glüht.
Und hierunter stand von derselben Hand:
„Wie diese Blätter, so werde auch ich den Weg zu Dir finden, trotz alledem! Dein für immer.“
Beutesonne 19. Der Schlüssel klirrte, wir flohen in das Armband. Aber, o Schrecken! Die Schachtel wird geöffnet – wir verbergen uns in der äußersten Windung – das Armband wird emporgehoben, Lydia hat es angelegt! Wir halten uns fest zusammen. Langsam verrinnt die Zeit, schwer werden wir durcheinandergeschüttelt, aber frische Luft dringt durch das Schlangenauge – Waldluft! Die Erschütterungen hören endlich auf – alles ruhig. Ich wage mich als Kundschafter hinaus – wir sind am Weiher! Lydia sitzt ruhig da – vielleicht können wir entfliehen – ich winke den Genossen. Da nahen Schritte, es ist jener Mensch! Lydia erblickt ihn, sie springt auf und schreitet eilig nach der anderen Seite, sie flieht ihn, und er wendet sich mit finsterem Blicke zum Gehen.
Da – ein Schrei – Lydia schleudert das Armband von sich – der unvorsichtige Rlf hat die Genossen hinausgeführt, sie wollten entfliehen, aber bei der ersten Berührung ihres Armes bemerkte Lydia, daß sie aus dem Armband hervorquellen – das goldne Gefängnis mit der ganzen Expedition liegt im Grase. Ich sehe noch Lydia wie versteinert stehen und auf ihren Arm starren, ich sehe den Menschen umkehren und sich ihr nähern, er fragt, ob sie verletzt sei, er ergreift ihre Hand, er blickt auf den Arm, er drückt ihn an seine Lippen, – nun endlich scheint sie sich zu besinnen, daß sie fliehen wollte – Die Genossen sind schon auf der Wanderung nach dem Stock, ich allein hafte in Lydias Gewände, ich kann mich nicht entschließen, zu fliehen, bis ich gehört habe –
„Vertrau’ mir“, sagte er. „Ich bin dein, werde dein fürs Leben. Ich habe es durchgesetzt, mich von allen Schranken zu lösen. Ein bescheidenes Los, aber ein freies. Was ist mir die Welt ohne dich? Du bist mein Glück, meine Hoffnung, nur in deiner Liebe finde ich meine Kraft. Ich werde dich erringen, fürchte nichts!“ Sie schweigt, sie weint. „Ich kann ja nicht anders,“ flüsterte sie endlich. „Ich habe gerungen gegen dich, gegen mich – ich war zu schwach. Nun komme was da wolle. Ich kenne nichts mehr als deine Liebe!“ Er sank zu ihren Füßen, ich fiel zu Boden. Ich mußte den Genossen folgen.
Aber was ist Liebe? Ich habe es nicht erfahren. Das höchste Glück und das höchste Elend der Menschen? Sie werfen es fort, und dann vergessen sie alles um der Liebe willen? Den ganzen Staat für einen Menschen, die Welt um ein Weibchen? Unglückseliges, bedauernswertes Geschlecht! Wie weise sind doch die Einrichtungen der Ameisen! Wie herrlich das „Unbewußtsein der unvermeidlichen Handlungsweise!“ – Morgen ist die erste Hochzeitssonne. So ist es ein Jahr wie das andere, und das ist gut so.
Hochzeitssonne 3.
Wieder ordentlich im Stock eingerichtet. Mögen die Menschen machen was sie wollen, ich habe höhere Pflichten, als mich um den Unsinn zu kümmern, den sie Liebe nennen. Bei uns läuft alles im Stock durcheinander. Es ist Zeit, daß die unnützen Esser, die Männchen, beseitigt werden.
Hochzeitssonne 5.
Am nächsten schönen Sonnentage, den wir haben, wird das Hochzeitsfest gefeiert. Es ist eigentlich schade, daß mein guter Freund Klx ein Männchen ist, in wenigen Tagen ist es mit ihm vorbei. Wäre er als Führer ausgekrochen, so hätte etwas aus ihm werden können; für ein Männchen macht er sich viel zu viel Gedanken. Es scheint wirklich, als wären wir alle schon ein wenig angesteckt von der Zerfahrenheit und Unbefriedigung der Menschen. So fragte mich Klx, warum er nach der Hochzeit sterben müsse. Dumme Frage! Weil er dann nichts mehr nutze ist. Gewiß hat er einmal etwas von dem sogenannten Selbstzweck gehört, auf den sich die Menschen etwas einbilden. Und was dann aus ihm würde? Ob es wahr wäre, daß er in die Erde komme, in den großen Ameisenstock, wo es nur Führer gibt und keinen Winter? Und ob im nächsten Jahre und dann immer wieder es Männchen geben würde? Und ob hinter dem Walde noch andere Wälder und darin Ameisen und immer wieder Ameisen wären? Und warum es so viele gebe, wenn sie doch nie miteinander Krieg führen und Puppen erbeuten könnten? Es sei oft ein seltsames Gefühl in ihm,
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