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Traumkristalle

Traumkristalle

Titel: Traumkristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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kann ich nicht. Dazu bedarf es mehr mechanischer Arbeit, als in meinem gegenwärtigen Körper angehäuft ist. Das wäre gegen den Satz von der Erhaltung der Energie.“
    „Elender Sklave“, rief ich, „warum konntest du es Aladin bringen?“
    „Damals wußte man noch nichts von der Erhaltung des Stoffes und der Energie.“
    „Wie, du willst doch nicht behaupten, daß diese Naturgesetze damals nicht in Geltung waren?“
    „Die Naturgesetze“, antwortete der Geist, „sind nichts anderes als der Ausdruck des wissenschaftlichen Bewußtseins einer bestimmten Zeit. In meinem transzendentalen Bewußtsein bin ich davon unabhängig; aber in meiner Tätigkeit in der Zeit, in eurer Zeit, darf ich die Bedingungen nicht durchbrechen, welche die Grundpfeiler der modernen Kultur sind. Wir können zu der unkritischen Weltanschauung einer entschwundenen Epoche nicht zurückkehren.“
    „Ihr Geist ist doch ein braver Kerl“, sagte Alander. „Er ist zehnmal gescheiter als Ihr Transzendental-Psychologen. Fragen Sie ihn einmal nach etwas, was die Zukunft erst entdecken wird.“
    „Sklave der Lampe, worauf beruht die Schwerkraft der Körper?“
    „Das kann ich dir nicht sagen. Es wäre gegen das Gesetz der kontinuierlichen Entwicklung der mathematischen Naturwissenschaften, wenn es heute ein Mensch schon wüßte.“
    „Ein verteufelter Schlaukopf! Lassen Sie ihn laufen!“
    „Nicht doch“, riefen die Frauen, „wir wollen auch etwas wünschen!“
    „Ich bitte darum“, sagte ich ziemlich deprimiert, „wenn es nur etwas nützt!“
    „Sag’ ihm, er solle uns jetzt alle vier an den Golf von Neapel versetzen.“
    „Du hörst, Sklave, was meine Frau befiehlt – gehorche!“
    „O Herr, das ist gegen die Gesetze der Mechanik!“
    „So bringe uns in somnambulen Zustand und führe unsere Astralleiber dahin!“
    „Früher konnte ich alles tun, weil man alles für möglich hielt. Jetzt kann ich den Astralleib nur bei solchen Menschen abtrennen, welche dazu nervös disponiert sind. Von den geehrten Anwesenden ist aber niemand mediumistisch veranlagt.“
    Meine Frau zuckte mit den Schultern und sagte:
    „Ich dachte mir schon, daß es wieder nichts sein würde. Ich soll nicht nach Italien kommen!“
    Ich war innerlich wütend über den degenerierten Geist und wünschte, die Lampe niemals angerührt zu haben. Ich seufzte.
    Alander rieb sich schmunzelnd die Hände und sagte:
    „Der Geist scheint Ihnen schlecht zu bekommen. Sie sehen schon ganz schwach aus; hätten Sie nur lieber den Apfel des Lebens gewählt! Nun, Helene, jetzt bist du an der Reihe, vielleicht gelingt dir’s besser.“
    Frau Alander stützte den Arm auf den Tisch und zupfte nachdenklich an ihren Stirnlöckchen.
    „Ich weiß gar nicht recht, was ich mir wünschen soll“, sagte sie. „Nach Italien kann uns der Geist nicht bringen, aber er wird uns noch halbtot ärgern. Kann er uns vielleicht ein Universalmittel verschaffen?“
    „Sklave, bring’ ein Lebenselixier!“
    „Herr, das gibt es nicht. Heutzutage hat man nur Spezialisten.“
    „Wünschen Sie etwas anderes, Frau Professor? Ich bedaure sehr -.“
    „Je nun“, sagte sie und griff wieder nach ihrer Handarbeit, „ich bin eigentlich ganz zufrieden und brauche im Augenblick weiter nichts.“
    Das Zwirnknäuel fiel unter den Tisch.
    „Ei“, rief meine Nachbarin weiter, „so wünschte ich doch, daß das Knäuel nicht mehr hinunterfallen kann!“
    „Sklave“, sagte ich, „du hast gehört, gehorche!“
    „Herr“, antwortete der Geist kläglich, „ich kann es nicht bewirken, es wäre gegen die Fallgesetze Galileis und gegen die Naturgeschichte der weiblichen Handarbeiten.“
    „Zum Teufel!“ rief ich ärgerlich, „was kannst du denn eigentlich, fauler Bursche?“
    „Alles, was nicht gegen ein Gesetz verstößt, das durch das Bewußtsein der Zeit verbürgt ist. Aber mir ist bestimmt, ich solle erlöst sein, sobald mein Herr keinen Wunsch mehr zu nennen weiß, bei dessen Gewährung ich nicht durch mein Eingreifen den Kausalzusammenhang der Welt zerstören würde.“
    „Nun denn“, sagte ich resigniert, „so hebe wenigstens das Knäuel auf, das wird ja doch wohl um Himmelswillen gegen kein Gesetz verstoßen.“
    „Verzeiht mir, Herr, auch das ist mir nicht möglich.“
    „Und warum nicht?“
    „Nach den Gesetzen des Universums, deren Notwendigkeit die moderne Wissenschaft voraussetzt, ist deinen Muskeln bestimmt, heute abend durch Beugen deines Rumpfes 916,11 Meter-Kilogramm Arbeit zu

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