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Traumkristalle

Traumkristalle

Titel: Traumkristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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daß man die weiten Schulwege zurücklegt, Lehrer und Schüler können hübsch zu Hause bleiben.“
    „Sehr erfreulich“, murmelte Frister. „Aber die persönliche Anregung –“
    „Fehlt nicht. So wie Sie die Schüler erblicken, so sehen diese den Lehrer, nur in einem bedeutend größeren Rahmen, sozusagen in Lebensgröße vor sich. Dagegen können die Schüler sich untereinander nicht sehen, sondern nur hören, aber was sie reden, das hören Sie dann auch alles. Sie brauchen nur auf die Taste dort vorn zu drücken, so sind Sie angeschlossen und der Unterricht kann beginnen.“
    „Ich verstehe! Wieviel Störungen sind damit ausgeschlossen! Aber ist es denn so eilig? Hören Sie, Kollege, die Einrichtung muß doch den Staat ein gutes Stück Geld gekostet haben!“
    „Was tut das? Seitdem die unermeßlichen Goldfelder auf Neu-Guinea und die Petroleumquellen in Deutsch-China entdeckt sind, haben wir so viel Geld, daß man es schließlich zu gar nichts Besserem als zu Bildungszwecken zu verwenden weiß.“
    „Ei, ei! Was habe ich denn da jetzt für ein Gehalt?“
    „Aber Sie wissen doch! Als Naturrat – 50000 Mark. Doch zur Sache. Natürlich hat die Schulhygiene nicht geringere Fortschritte gemacht. Die Überbürdungsfrage ist erledigt. Die Sessel, auf denen die Schüler ruhen, sind in sinnvollster Weise mit selbsttätigen Meßapparaten versehen, die das Körpergewicht, den Pulsschlag, Druck und Menge der Ausatmung, den Verbrauch von Gehirnenergie anzeigen. Sobald die Gehirnenergie in dem statthaften Maß aufgezehrt ist, läßt der Psychograph die dadurch eingetretene Ermüdung erkennen, die Verbindung zwischen Schüler und Lehrer wird automatisch unterbrochen und der betreffende Schüler damit vom weiteren Unterricht dispensiert. Sobald ein Drittel der Klasse auf diese Weise ‚abgeschnappt’ ist, haben Sie die Stunde zu schließen.“
    „Sehr gut, scheint mir. Indessen, wenn ich selbst ein wenig müde bin, wie z. B. heute –“
    „Aber bei dem Gehalt! Doch auch dafür ist gesorgt. Wenn Sie jetzt anfangen wollen, so legen Sie gefälligst erst diese gestempelte Gehirnschutzbinde an. Sie werden dadurch vor der Gefahr bewahrt, in der Schule mehr Gehirnkraft zu verschwenden, als der Fähigkeit der Schüler und Ihrer eigenen Gehaltsstufe entspricht. Und nun drücken Sie. Hören Sie, es klingelt. Jetzt erscheint Ihr Bild auch den Schülern, und Sie könne mit ihnen sprechen.“
    „Aber was denn? Ich bin ja nicht vorbereitet,“ flüsterte Frister leise zu Voltheim.
    „Das wird sich schon finden“, erwiderte dieser ebenso. „Sie, als erfahrener Lehrer – lassen Sie nur die Schüler reden. An jedem Rahmen steht der Name. Ihr Vortrag steckt hier im Phonographen, Sie brauchen bloß zu drücken.“
    Man bemerkte sogleich, daß der Lehrer auf dem Wege der Fernwirkung in die Klasse getreten, d.h. den Schülern sichtbar geworden war. Rathenberg steckte seine Zeitung fort, Meyer brachte schleunigst seinen Zigarrenstummel beiseite, Suppard und Neumann schluckten die letzten Bissen ihrer Frühstücksbrötchen herunter.
    Frister überblickte seine Bilderrahmen.
    Einer der Schüler, es war Meyer, machte eine Verbeugung und sagte: „Ich habe vorige Stunde gefehlt.“
    „Warum?“
    „Ich mußte mir die zweite Gehirnwindung massieren lassen.“
    Frister schüttelte den Kopf. Wie konnte er wissen, ob das eine genügende Entschuldigung nach moderner Auffassung war? „Wozu war denn das nötig?“ fragte er und gab dabei Voltheim einen Wink, er möge ihm einhelfen.
    „Ja“, sagte Meyer, „meine Eltern haben meine Träume photographieren lassen, und dabei zeigte sich, daß ich immer von Pferden träumte.“
    „Schwindel!“ flüsterte Voltheim. „Die Pferde sind längst ausgestorben.“
    „Aber die Pferde sind ja schon lange ausgestorben“, sagte Frister.
    „Eben darum, Herr Naturrat, mußte ich mich massieren lassen.“
    „Ach was, Geographie ist die beste Gehirnmassage.“
    Frister merkte, daß zwei der Rahmen, die noch leer waren, sich eben erst füllten. Er las die Namen und sagte: „Nun, Heinz, wo kommen Sie denn erst jetzt her?“
    „Entschuldigen Sie, Herr Naturrat, meine Mama hat gestern unsere Tascheneiweißmaschine im Frauenklub auf Spitzbergen liegen lassen, die mußte ich schnell holen, und da es sehr windig war, habe ich mich etwas verspätet.“
    „Und Sie, Schwarz, weshalb kommen Sie so spät?“
    „Ich, ich – mein Vater ist gestern Geheimer Elektrizitätsrat geworden –“
    „Nun, da sehe

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