Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
verboten.«
»Was?«, fragen Kira und Hailey gleichzeitig.
»Sie haben es verboten«, wiederholt er fassungslos. Die Ungeheuerlichkeit der Wahrheit trifft ihn mit einem Schlag und ihm wird schwindelig.
»Sie haben verboten, Impfstoff oder Traumkontrollmittel zu untersuchen. Das ist angeblich zu gefährlich, da die Mittel den eigenen Verstand verwirren könnten. Deshalb gibt es seit Beginn der Seelenfresser eine Auswahl an knapp 1000 Träumen, die wir nutzen. Mehr dürfen nicht entwickelt werden. Niemand hat das je in Frage gestellt. Aber wenn ihr Recht habt, dann ...«
»... wollte die Regierung nur nicht, dass ihre geheimen Machenschaften aufgedeckt werden«, vollendet Kira den Satz. »Bis jetzt hielt ich Calebs Theorie für möglich, aber unwahrscheinlich. Aber jetzt ...«
Sie lässt den Satz unvollendet und steht auf.
»Er muss erfahren, dass er Recht hat. Alle müssen es erfahren. Wir müssen unsere Träume nicht mehr kontrollieren lassen, wenn wir das Gift kennen, können wir auch ein Gegengift ohne Traumkontrollserum entwickeln. Wir sind frei .«
Das letzte Wort schwebt verheißungsvoll in der Luft und die Augen der Drei blitzen auf. Frei. Hailey sieht sich zu Hause mit einer glücklichen Mutter, die sie liebt. Die beiden sitzen im Wohnzimmer, genießen den Sonnenuntergang und lachen über die Vergangenheit. Nie wieder wird sie sich für ihre Traumlosigkeit rechtfertigen oder schämen müssen.
Auf einmal klopft es laut an der Tür.
»Aufmachen!«
»Mat! Scheiße!«
Panisch weicht Hailey von der Tür zurück und wirft Jules einen hilflosen Blick zu.
»Hailey, lass mich rein! Wir müssen dringend reden!«
»Wer ist das?«
»Ein Kontrolleur, den Jules niedergeschlagen hat, damit wir seine Schlüssel bekommen«, beantwortet Hailey Kiras Frage.
»Immerhin haben wir sie gerettet«, verteidigt Jules sich.
»Wir sollten ihn reinlassen, sonst schreit er noch die ganze Klinik zusammen.«
Widerwillig dreht Jules den Schlüssel herum und Mat stolpert herein. Seine Brille sitzt schief, so dass er sie erst einmal richtet, bevor er sich Hailey zuwendet.
»Mat hör zu ...«
»Die Regierung hat uns all die Jahre belogen. Die Kinderimpfung ist ein Gift und das Traumkontrollserum ist mit dem Gegengift gekoppelt. Seelenfresser existieren nicht.«
Alle starren Kira entgeistert an, die soeben ihre ketzerische Theorie vor einem Regierungsmitarbeiter enthüllt hat.
»Er hat mich gerettet.«
Nun wenden sich die Blicke Mat zu, der betreten zu Boden schaut und sich am Hinterkopf kratzt.
»So würde ich das nicht nennen –«
»Du hast behauptet, dass du keine Ahnung hast, wer hinter dieser Tür sitzt«, stottert Hailey entgeistert.
»Ich wusste nicht, dass ihr Freunde seid.«
»Als ich außer Gefecht gesetzt wurde, setzte auch mein Verstand aus. Aber irgendwann bin ich hier aufgewacht und dieser Mann hat mir eine Spritze gegeben. Er meinte, dass es ein Heilmittel ist und dass er sonst nichts für mich tun kann ...«
Ein unbehagliches Schweigen breitet sich im Raum aus.
»Die Seelenfresser existieren nicht«, flüstert Mat, als habe sein Gehirn diese unfassbare Information erst jetzt verarbeitet.
»Ist das euer Ernst?«
»Denken Sie doch mal nach«, fährt Jules ihn an und Mat zuckt erschrocken zusammen. »Es macht alles Sinn. Nehmen wir an, dass das Gift nur aktiv wird, sobald das Gehirn träumt, dann erklärt das, warum Hailey ohne Gegengift überleben konnte. Die anderen sind durch genetische Mutation immun und wieder andere hier haben die Impfung einfach nicht erhalten. Ärzten ist es verboten, mit den Traumsubstanzen zu experimentieren. Es fügt sich alles zusammen. Die Regierung wollte uns schon immer kontrollieren. Die Angst vor dem eigenen Schlaf kam ihnen gelegen. Ich weiß nicht, wie sie es genau angestellt haben, aber es funktioniert. Unsere ganze Gesellschaft hat ihnen geglaubt. Unser Leben ist eine einzige Lüge.«
»Der Traumstoff«, flüstert Mat tonlos und seine Augen fixieren Jules, als müsste dieser seine Worte verstehen. »Das Mittel, dass angeblich zur Prävention jedem Kind gespritzt wird, damit es auf jeden Fall träumen kann. Das ist das Gift.«
Wütend umklammert Jules das Skalpell und hält es in die Höhe.
»Was meinen Sie: Würden die Wächter uns glauben?«
Haileys Herzschlag dröhnt laut in ihrem Kopf. Mats Antwort wird über ihre weitere Vorgehensweise entscheiden. Werden sie strahlende Retter oder Staatsfeinde? Wird man ihnen glauben? Mat arbeitet schon lang genug mit den
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