Traummann auf Raten
geführt“, erinnerte sie ihn. „Eine gewisse Erfahrung kann man mir also kaum absprechen.“
„Du hast keine Referenzen, und ohne die hast du keine Chance. Die Leute haben schließlich ein Recht zu wissen, wer bei ihnen einzieht.“
Joanna furchte die Stirn. „Vielleicht könntest du …“ Sie verstummte, als er energisch den Kopf schüttelte.
„Kommt nicht infrage, geliebtes Eheweib.“
„Nenn mich nicht so.“
„Nein?“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Aber du bist meine Frau, Joanna, und da mich die nächsten zwölf Monate ziemlich teuer zu stehen kommen, erscheint mir die Anrede durchaus angemessen.“
Sie atmete tief durch. „Hör auf damit. Du willst mich doch gar nicht hier haben. Und ich will nicht bleiben. Ich schwöre, ich werde nichts von dir verlangen. Warum lässt du mich nicht gehen?“
„Weil es nicht das ist, was mein Vater gewünscht hat. Er mochte dich und wollte dir offenbar eine Atempause verschaffen. Zeit zum Nachdenken, damit du eine vernünftige Entscheidung über dein weiteres Leben treffen kannst. Ich bin überzeugt, ihm schwebte für dich kein Dienstmädchenjob vor, und das respektiere ich. So einfach ist das.“
„Und wenn ich dennoch gehe?“ Trotzig sah sie ihn an.
„Dann kannst du eine einvernehmliche Scheidung vergessen.“ Gabriel begegnete herausfordernd ihrem Blick. „Ich werde nämlich nicht einwilligen und auf Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Trennungsjahre pochen. Und selbst danach wirst du vor Gericht kämpfen müssen.“ Er machte eine Pause. „Was willst du also tun?“
„Ich würde gern glauben, dass ich eine echte Wahl hätte, aber wie es scheint, hast du alles bedacht. Wie ist es eigentlich, wenn man immer seinen Willen bekommt, Gabriel?“
„Wenn du dir einbildest, dass ich diese Entwicklung angestrebt habe, dann hat die Ohnmacht deinen Verstand verwirrt.“ Er erhob sich. „Wohne hier, Joanna, benimm dich, und sobald das Jahr und ein Tag vorbei sind, wird die Scheidung vollzogen, und du bekommst das glänzendste Zeugnis, das du dir nur wünschen kannst. Ist das ein Angebot?“
„So kann man es auch nennen.“
„Deine Dankbarkeit ist wie immer überwältigend. Was hast du eigentlich mit deinem Trauring gemacht?“
„Er ist in meiner Tasche.“
Er streckte die Hand aus. „Gib ihn mir.“
Zögernd gehorchte Joanna.
Gabriel betrachtete den schmalen goldenen Reif, als hätte er ihn noch nie gesehen. „Und nun deine Hand.“ Er schob ihr den Ring auf den Finger. „Ich bin sicher, du möchtest das Ehegelübde nicht wiederholen.“ Ironie und ein sonderbarer Unterton schwangen in seiner Stimme mit. „Nichtsdestotrotz finde ich, wir sollten den feierlichen Moment besiegeln.“ Er legte die Hände auf ihre Schultern und zog sie unerbittlich auf die Füße. „Ich werde die Braut küssen.“
Sie wollte protestieren, ihn fortstoßen, doch die Arme, die sich um sie schlossen, waren zu stark. Und sein Mund war zu warm, zu verführerisch, und erstickte jeglichen Widerspruch.
Gabriel küsste sie so langsam und sinnlich, als hätte er alle Zeit der Welt. Als glaubte er, sie würde den Druck seiner Lippen auf ihren begrüßen und das Spiel seiner Zunge auskosten. Als hätte es zwischen ihnen keinen Kummer, keine Enttäuschung und keine Trennung gegeben. Mit einem Arm hielt er sie umschlungen, mit der anderen Hand strich er ihr aufreizend über den Rücken.
Ein lustvoller Schauer durchrann Joanna.
Er hatte ihr leichtes Zittern bemerkt, denn als er den Kopf hob, lächelte er. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glattweg behaupten, dass du es genossen hast, Jo.“
Die Erkenntnis, dass er Recht haben könnte, trug nicht dazu bei, ihren Seelenfrieden wiederherzustellen. „Gehört es zu den Regeln, von denen du vorhin gesprochen hast, dass es dir gestattet ist, mich jederzeit zu überfallen, wenn dir danach ist?“
„Nein. Betrachte es als einmaligen Ausrutscher, der sich nicht wiederholen wird. Aber erwarte keine Entschuldigung von mir.“ Er ließ den Finger über ihre gerötete Wange gleiten und lachte leise. „Sieh mich nicht so verschreckt an, Liebling. Tag eins ist fast vorbei. Bald sind es nur noch dreihundertfünfundsechzig. Und die gehen auch vorüber, das versichere ich dir.“ Er verließ das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Joanna war völlig benommen und rührte sich nicht von der Stelle. „Es ist alles bald vorbei“, flüsterte sie vor sich hin.
Doch dieses Mal vermochten sie die Worte nicht
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