Traummann auf Raten
wäre umschifft, dachte sie resigniert, als sie wieder allein war. Die erste von vielen, die zweifellos noch folgen würden.
Wie an jedem Tag schenkte Joanna sich Tee ein und nahm die Tasse mit ins Bad, wo sie Wasser in die Wanne einließ. Als sie ihren Tee getrunken hatte, war das Wasser genau so, wie sie es liebte. Sie streifte das Nachthemd ab und stieg in den duftenden Schaum. Seufzend schloss sie die Augen und lehnte den Kopf an die Nackenstütze. Normalerweise stand ihr Tagesplan um diese Zeit fest, aber trotz ihrer zuversichtlichen Worte zu Mrs. Ashby hatte sie nicht die leiseste Ahnung, was vor ihr lag.
Wollte Gabriel, dass sie das Haus wie gewohnt weiterführte, oder beabsichtigte er, selbst die Anweisungen zu erteilen?
Ein Problem mehr, das sie mit ihm klären musste. Sie überlegte, wie sie das Thema anschneiden könnte, ohne den Eindruck zu erwecken, sie klammere sich an ihre alte Stellung.
„Es ist gefährlich, in der Wanne zu schlafen. Oder hast du vor, dich selbst zu ertränken?“
Da sie gerade so intensiv an ihn gedacht hatte, dauerte es einen Moment, bis Joanna begriff, dass sie sich Gabriels amüsierte Stimme nicht nur eingebildet hatte. Erschrocken wandte sie den Kopf zur Tür.
Gabriel lehnte lässig am Rahmen und beobachtete sie interessiert.
„Was, zum Teufel, suchst du hier?“ In letzter Sekunde fiel ihr ein, dass es klüger wäre, sich nicht aufzurichten.
„Ich wollte dich nur informieren, dass ich eine Weile fort sein werde. Ich habe einen Termin in Paris und ein paar Tage später eine Konferenz in Wien.“
„In Ordnung, ich weiß Bescheid“, erwiderte sie kühl. „Und nun kannst du wieder verschwinden.“
Gabriel zog die Brauen hoch. „Deine Manieren haben sich während unserer Trennung nicht unbedingt verbessert. Nicht dass es einen Unterschied macht … Ich gehe, wenn ich fertig bin.“
„Mit anderen Worten, mir steht keine Privatsphäre mehr zu“, konterte sie empört.
„Wenn das tatsächlich der Fall wäre, hättest du die letzte Nacht nicht allein im Bett verbracht. Außerdem würde ich dir jetzt in der Wanne Gesellschaft leisten.“ Er beobachtete zufrieden, wie sich ihre Wangen röteten. „Also sei nicht albern, und hör mir zu.“
Betont demütig neigte sie den Kopf. „Ja, mein Gebieter.“
Er lachte. „Endlich hast du es begriffen. Hat Mrs. Ashby mit dir über Lionels Zimmer gesprochen?“
„Sie hat es erwähnt.“ Joanna zögerte. Die Erinnerung an Gabriel, wie er vor Lionels Bett gekniet hatte, wollte ihr nicht aus dem Sinn. „Ist es nicht ein bisschen früh?“
„Mag sein“, räumte er ein. „Aber ich will es nicht in ein Heiligtum verwandeln, in dem einmal pro Woche Staub gewischt wird und ansonsten nichts berührt werden darf. Ich will, dass das Leben hier so schnell wie möglich wieder in normalen Bahnen verläuft.“
„Du hast eine sonderbare Vorstellung von Normalität.“ Joanna spürte, wie das Wasser allmählich kälter wurde. Überdies begannen ihre Muskeln zu schmerzen, weil sie sich nicht zu bewegen wagte.
„Willst du damit in deiner schüchternen Art andeuten, dass dir eine konventionelle Ehe lieber wäre?“ Er zog das Jackett aus, warf es auf einen Stuhl und lockerte die Krawatte. „Vielleicht sollte ich doch zu dir kommen.“
„Wage es nicht!“ Ihr stockte der Atem, als Gabriel sich der Wanne näherte und auf den schmalen Rand setzte. „Geh weg!“ Ihre Stimme klang heiser und unsicher. „Raus. Sofort.“
„Nein, Liebling. Jetzt noch nicht.“
Schockiert beobachtete Joanna, wie er die Hand zur Wasseroberfläche senkte. Einen Moment lang hielt er inne, nur wenige Zentimeter von ihrem zitternden Körper entfernt, dann tauchte er die Finger in den duftenden Schaum und schnupperte daran.
„Das weckt Erinnerungen. Jedes Mal, wenn ich in den vergangenen zwei Jahren Nelken gerochen haben, musste ich an den Duft deiner Haut in der Dunkelheit denken.“
„Erwarte nicht, dass ich mich geschmeichelt fühle“, entgegnete sie gereizt.
„Nein, das wäre wohl zu viel verlangt.“ Versonnen blies er die Seifenblasen von der Hand. „Hast du denn keine Erinnerungen?“
„Keine, die mir wichtig wären.“
„Verspürst du auch keine Neugier? Hast du dich nie gefragt, wie es zwischen einem Mann und einer Frau sein könnte? Wie es sein sollte?“
„Nie.“
„Welch ein Jammer.“ Gabriel tauchte die Hand erneut ins Wasser. Joanna rührte sich nicht, fest entschlossen, nicht zurückzuzucken. „Ich habe mir nämlich viele
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