Traummann mit Zuckerkuss
aus, dass ich ja offensichtlich zum Arbeiten in der Lage bin und deshalb auch alleine klarkomme! Das ist so unfair! Mit dem, was ich hier verdiene, kann ich doch unmöglich Haus und Personal und das alles bezahlen. Das reicht ja kaum für meine Pediküre!«
Issy und Pearl blickten konzentriert auf den Kuchenteig.
» Tut mir leid, aber so ist es doch. Also weiß ich jetzt wirklich nicht, was ich machen soll.«
» Er würde dich doch sicher nicht zwingen, mit den Kindern da auszuziehen, oder?«, fragte Issy.
» Bei uns in der Sozialsiedlung findet sich bestimmt noch ein Plätzchen für euch«, beruhigte sie Pearl, woraufhin Caroline ein Schluchzen unterdrückte.
» Sorry«, sagte sie. » Das sollte jetzt keine Beleidigung sein.«
» So hab ich’s auch nicht aufgefasst«, sagte Pearl. » Ich würde auch lieber in deinem Haus wohnen. Oder auch nur in deiner Küche.«
» Na ja, in dem Brief steht jedenfalls, dass ›weitere Schritte eingeleitet werden könnten‹«, erklärte Caroline. » O Gott.«
» Aber er muss doch einsehen, dass du dir Mühe gibst«, wandte Issy ein. » Zählt das denn gar nicht?«
» Er will nicht, dass ich mir Mühe gebe«, fauchte Caroline. » Er will, dass ich von der Bildfläche verschwinde. Und zwar für immer. Damit er weiter mit dieser verfluchten Annabel Johnston-Smythe rummachen kann.«
» Passt so ein Name überhaupt auf eine Kreditkarte?«, wunderte sich Pearl.
» Egal, lasst uns lieber das Thema wechseln«, erwiderte Caroline gereizt. » Also, Pearl, warum bist du bloß so fröhlich?«
Die Gefragte sah verlegen drein und erklärte, dass eine Dame am besten genießt und schweigt, woraufhin ihre Kolleginnen zu quietschen begannen, was Pearl ziemlich wütend machte. Dann tauchte auch noch Doti, der Briefträger, auf und betonte, dass sie an diesem Morgen besonders schön aussah. Erst in diesem Moment fiel ihnen auf, dass vor der Tür bereits hungrige Kunden Schlange standen, die es zwar eilig hatten, ihren vertrauten Schwatz aber nicht unterbrechen wollten.
» Ich habe zu tun«, verkündete Pearl steif und stand auf.
» Lass es schön langsam angehen«, riet ihr Issy, die hastig nach unten eilte, als die erste Kundin nach dem Orangen-Kokos-Cupcake fragte, den sie bereits auf die Tageskarte gesetzt hatten.
» Bald, bald«, versprach sie.
» Liefert ihr auch nach Hause?«, fragte die Frau. Die Cafédamen sahen sich an.
» Das sollten wir wirklich anbieten«, meinte Pearl.
» Ich setze es auf die Liste«, versprach Issy.
Pearls gute Laune war ansteckend– da sie sich zur Identität ihres Verehrers nicht äußern wollte, vermutete Issy, dass es vielleicht Louis’ Vater war, aber es wäre ihr nie in den Sinn gekommen, ihre Angestellte so etwas Persönliches zu fragen. Allerdings machte ihr Carolines Scheidung Sorgen, zum einen ihretwegen, zum anderen, weil sie sie nicht verlieren wollte. Denn Caroline war zwar kratzbürstig und ein Snob, aber sie arbeitete hart und hatte ein Gespür für zauberhafte Kuchenarrangements. Außerdem hatte sie im Café kaum merkliche Verbesserungen eingeführt– wenn es draußen dunkel wurde, tauchten auf einmal winzige Schwimmkerzen auf, und unbequeme Ecken hatte sie mit weichen Kissen gemütlicher gestaltet. Für solche Sachen hatte sie zweifellos ein Händchen.
Während Issy den neuen Kuchenteig anrührte, mit lockerer Geste die Kokosraspeln einstreute und für einen intensiveren Geschmack statt weißem Zucker lieber braunen nahm, konnte sie nicht anders, als an Helena zu denken. Sie hatten sich noch nie so gestritten, nicht einmal damals, als Issy sie gebeten hatte, die einbeinige Taube zu retten. Sie verstanden sich sonst immer, und Issy konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie Helena jetzt nicht von Pearls Neuigkeiten und all dem anderen Klatsch und Tratsch erzählen konnte. Sie überlegte, sie vielleicht anzurufen, aber es war einfach keine gute Idee, mit Helena zu telefonieren, wenn die bei der Arbeit war, da ihre Hand immer gerade in irgendeinem Hintern steckte oder sie mit einem abgetrennten Zeh hantierte oder so. Sie würde persönlich vorbeischauen. Und ihr ein Geschenk mitbringen.
Issy traf Helena auf halber Strecke.
» Ich war gerade auf dem Weg zu dir…«, rief Helena. » Es tut mir so, so, so…«
» Nein, mir tut es leid«, beteuerte Issy.
» Ich freue mich für dich, wirklich«, erklärte Helena. » Ich will doch nur, dass du glücklich bist.«
» Ich auch. Bitte, lass uns nicht streiten.«
» Nein.« Die beiden
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