Traummann mit Zuckerkuss
Frauen umarmten sich mitten auf der Straße.
» Hier«, sagte Issy und reichte ihr den Zettel, den sie schon den ganzen Tag mit sich herumgetragen hatte.
» Was ist das?«, wollte Helena wissen. Sie starrte auf das Blatt Papier und begriff augenblicklich. » Das Rezept! Das gibt’s doch nicht. O mein Gott!«
» Na«, meinte Issy. » Jetzt hast du alles, was dein Herz begehrt.«
Helena lächelte. » Begleit mich doch«, bat sie. » Komm mit und trink einen Tee mit mir. Es ist doch immer noch deine Wohnung.«
» Ich sollte besser los«, lehnte Issy ab » Zu meinem Freund, weißt du.«
Helena nickte. Das verstand sie nur zu gut. Aber das machte es nicht weniger seltsam, als sie sich noch einmal fest in den Arm nahmen und dann aufbrachen. Sie gingen beide nach Hause, aber in verschiedene Richtungen.
Helena hatte Issy auch ihre Post mitgebracht. Ihr wurde schwer ums Herz. Es waren wieder Rezepte dabei, aber es waren entweder solche, die sie bereits hatte, oder wirres Zeug, das keinen Sinn ergab. Keavie hatte ihr am Telefon erklärt, dass Gramps bei der letzten Visite zwar gut drauf gewesen war, es insgesamt aber nicht zufriedenstellend lief, und dass sie doch besser mal wieder vorbeischauen sollte, was sie tags darauf tun wollte.
Als sie am nächsten Tag im Heim ankam, befand sich zu ihrer großen Überraschung bereits jemand im Zimmer. Ein kleiner Mann hockte auf dem Stuhl neben Joes Bett, seinen Hut auf den Knien. Als er sich umdrehte, wusste sie, dass sie ihn kannte, konnte sein Gesicht aber einen Moment lang nicht einordnen . Un d dann fiel endlich der Groschen: der Eisenwarenhändler!
» Was machen Sie denn hier?«, fragte sie und ging zu Gramps hinüber, um ihm einen Kuss zu geben. Sie freute sich so, ihn zu sehen.
» Ist sie nicht ein liebes Mädchen?«, rief ihr Großvater. » Und ich bin fast völlig, aber nicht so ganz sicher, welches. Dieser nette Mann hat mir Gesellschaft geleistet.«
Issy sah ihn verschwörerisch an. » Also, das ist wirklich nett von Ihnen.«
» Keine Ursache«, winkte der Mann ab. Er reichte ihr die Hand. » Chester.«
» Issy. Danke für den Schlüsselanhänger«, sagte sie und war auf einmal ganz schüchtern. Der Mann lächelte ebenso schüchtern zurück.
» Ich habe Ihren Großvater durch Ihr Café kennengelernt. Wir sind gute Freunde geworden.«
» Gramps?«
Ihr Großvater lächelte sanft. » Ich habe ihn nur gebeten, ein Auge auf dich zu haben.«
» Lässt du mich etwa ausspionieren?«
» Du benutzt eine Mikrowelle! Was kommt bloß als Nächstes, etwa Margarine?«
» Niemals!«, rief Issy entrüstet.
» Das stimmt«, warf Chester ein. » Eine Margarinelieferung hat sie noch nie bekommen.«
» Hören Sie auf, mir hinterherzuschnüffeln!«
» In Ordnung«, versprach Chester. Er hatte einen leichten mitteleuropäischen Akzent, den sie nicht so recht einordnen konnte. » Dann halte ich mich ab jetzt zurück.«
» Oder… na ja, wenn es denn sein muss«, wandte Issy ein, die es gar nicht so schlimm fand, dass jemand auf sie aufpasste. Das war schließlich eine Premiere. » Aber schauen Sie doch wenigstens mal herein und probieren Sie unseren Kuchen.«
Der Mann nickte. » Ihr Großvater hat mich allerdings davor gewarnt, Ihnen den Gewinn wegzuessen. Er meinte, Sie hätten ein viel zu großes Herz und würden mich nur zu gerne umsonst durchfüttern, und deshalb sollte ich um nichts bitten.«
» Es ist immerhin ein Geschäft«, erklärte Grampa Joe mit schwacher Stimme vom Bett aus.
Keavie steckte den Kopf zur Tür herein. » Hi, Issy! Wie läuft das Liebesleben?«
» Sie weiß also auch schon alles!«, rief Issy eingeschnappt.
» Na, lassen Sie’s gut sein! Außerdem ist er für Ihren Großvater eine wahre Wohltat. Muntert ihn wirklich auf.«
» Hm«, knurrte Issy.
» Und mir macht die Sache Spaß«, erklärte der Eisenwarenhändler. » Schraubenschlüssel zu verkaufen ist ein ziemlich einsames Geschäft.«
» Und wir können uns über unsere Läden austauschen«, fügte Gramps hinzu.
» Okay, okay«, lachte Issy. Sie war so daran gewöhnt, sich als Einzige um ihren Großvater zu kümmern, dass sie nicht so ganz wusste, was sie von seinem neuen Freund halten sollte. Nun sah sich Gramps aber plötzlich verwirrt um.
» Wo bin ich hier denn?«, fragte er. » Isabel? Isabel?«
» Ich bin ja da«, beruhigte ihn Issy. Chester verabschiedete sich lieber und brach auf. Sie griff nach Gramps’ Hand.
» Nein«, sagte er. » Nicht du. Nicht Isabel. Dich habe ich gar
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