Traummann mit Zuckerkuss
zwischen ihren Füßen herum.
» Ich bin Löwe in Käfig«, brummelte er. » Grrrr!«
» Und unser Wachlöwe vertreibt ungebetene Besucher, die wir nicht mögen«, grinste Issy.
» Aber ich mag doch alle!«, verkündete der Wachlöwe unter dem Tisch.
» Genau da liegt das Problem«, seufzte Pearl und nahm die leeren Tassen wieder mit hinein.
Jetzt müsste es doch jeden Tag so weit sein. Bald würde sie aufhören, sich wie ein Gast in einem fremden Zuhause zu fühlen. Sie würde nicht mehr auf Zehenspitzen durch das Apartment schleichen und Angst haben, alles durcheinanderzubringen. Ihr war vorher nie aufgefallen, wie… wie ernst Graeme es mit dem Minimalismus nahm.
Ja, natürlich war die Wohnung toll, sie hatte aber überall scharfe Ecken und Kanten. Die Sofas waren ungemütlich, die Blu-ray-Fernseh-Stereoanlage unglaublich kompliziert, und der Ofen war wohl im Nachhinein noch in die ab Plan erworbene Hightech-Junggesellenbude eingebaut worden. Die Küche war ganz einfach nicht für Leute gemacht, die gern kochten. Den Wasserhahn nur für siedend heißes Wasser fand Issy nach den ersten Brandblasen allerdings ganz nützlich.
Insgesamt ging es aber mehr um ihr Verhalten– sie durfte nicht vergessen, sich an der Haustür die Schuhe auszuziehen, und nie irgendwo etwas liegen lassen, nicht einmal ihren Mantel, nicht einmal für eine winzige Sekunde. Es durften keine Zeitschriften herumfliegen, die Fernbedienungen mussten parallel nebeneinander angeordnet werden. Und sie suchte verzweifelt nach ein wenig Platz, um eine Kommode mit ihren Kleidern unterzubringen, da Graeme seine alle noch in der Plastikfolie der Wäscherei auf Bügel hängte. Sein Badezimmerschrank war voll von allen nur erdenklichen Pflegeprodukten für Haut und Haar, alles fein säuberlich aufgereiht.
Zweimal die Woche wuselte die Putzfrau durch die Wohnung und schrubbte alles einmal von oben bis unten ab, und wenn Issy dann zu Hause war, wagte sie es danach nicht, irgendetwas anzufassen. Vom Toastbrot hatte sie sich leider verabschieden müssen– das krümelte auf den glänzenden Glasoberflächen der Küche viel zu sehr–, und sie aßen häufig Pfannengerichte, weil man danach leicht sauber machen konnte, aber Issy ärgerte sich sehr über eine Küche, in der es einen Heißwasserhahn, eine Wok-Flamme und sogar einen Weinkühlschrank, aber keinen vernünftigen Ofen zum Backen gab. Würde sie sich hier je richtig wohl fühlen?
Graeme hingegen fand, dass er sich wirklich an die neue Situation gewöhnen konnte. Solange er Issy nur jedes Mal scharf ansah, wenn sie etwas auf dem Fußboden liegen ließ– warum waren Frauen bloß so unordentlich? Wofür brauchten sie nur all die Tüten für ihren Kram? Er hatte ihr eine Kommode zugewiesen, ihm war aber aufgefallen, dass sich ihr Shampoo und ihr Haarserum– billiges Zeug, das er eigentlich für Geldverschwendung hielt– langsam in sein schwarz gekacheltes Badezimmer einschlichen. Darüber würde er mal ein Wörtchen mit ihr reden.
Abgesehen davon war es schön, abends zu jemandem nach Hause zu kommen– sie hatte ja viel früher Schluss als er. Es war schön, dass ihn nun jemand nach seinem Tag fragte und gekocht hatte, statt ihm die Marks-&-Spencer-Fertiggerichte vorzusetzen, von denen er früher gelebt hatte. Sie goss ihm ein Glas Wein ein und hörte sich an, was er über die Arbeit erzählte. Das gefiel ihm wirklich gut, er fragte sich nur, warum ihm so etwas nicht früher in den Sinn gekommen war. Sie hatte gefragt, ob sie ihre Bücher mitbringen könnte, aber das ging natürlich nicht. Er hatte keine Regale, die würden ja das Design des extra hohen Wohnzimmers verderben, und er wollte auch auf keinen Fall ihre kitschigen Küchenutensilien in seiner Wohnung. Aber das schien sie nicht zu stören. Alles lief super.
Trotzdem nagte da etwas ständig an ihm. Das Londoner Büro war inzwischen ganz heiß auf die Pear-Tree-Court-Idee, und alle warteten darauf, dass er die Geschichte endlich vorantrieb. Man sah darin die Möglichkeit, nicht länger einfach nur Büros zu vermieten, sondern vielmehr einen Lebensstil zu vermarkten, und wenn das gut lief, dann erwartete ihn eine große Zukunft in der Lifestyle-Entwicklung. Das war eine Riesensache.
Ihm dämmerte jedoch langsam, dass Issy tatsächlich so bescheuert war und dieses blöde kleine Café gern führte. Es machte ihr doch wirklich und wahrhaftig Freude, im Morgengrauen aufzustehen und den ganzen Tag wie eine Dienstmagd zu schuften. Je besser
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