Traummann mit Zuckerkuss
benutzen.«
» Oh, das wäre perfekt«, antwortete der Makler.
Nein, wäre es nicht, schoss es Issy augenblicklich durch den Kopf. Näher beim Fenster ist die Belüftung besser, die Leute können sehen, was man macht, und man kann gleichzeitig den Laden im Auge behalten. Die hintere Ecke war ein ganz schlechter Platz für den Herd, da würde man ja mit dem Rücken zu allem anderen stehen. Nein, wenn man für Menschen kochen will, dann muss man es dort tun, wo man gesehen wird, die Kunden mit einem freundlichen Lächeln willkommen heißen und…
Angesichts dieser Überlegungen hatte sie fast nicht mitbekommen, dass der Bus heranrollte, genau in dem Augenblick, als die Frau sagte: » Also, Desmond, dann lassen Sie uns mal über Geld reden…«
Wie viel Geld?, fragte sich Issy, als sie durch die hintere Tür in den Bus einstieg, während Linda immer noch über Kreuzsticharbeiten faselte.
Das verspiegelte Glas der Bürowände wirkte im eisigen Morgenlicht kalt und blaugrau. Issy fiel wieder ein, dass ihr guter Vorsatz zum neuen Jahr ja darin bestanden hatte, jeden Tag die Treppe bis in den zweiten Stock zu nehmen. Sie stöhnte und beschloss, dass es durchaus erlaubt war, den Aufzug zu nehmen, wenn man schwere Gegenstände dabeihatte (wie zum Beispiel eine große Tupperdose mit neunundzwanzig Cupcakes).
Als sie den Verwaltungsflur betrat und ihren Mitarbeiterpass (mit dem furchtbar unvorteilhaften Foto, das für immer darauf laminiert war) durchzog, damit die gläsernen Türen sie hereinließen, lag eine seltsame Stille in der Luft. Tess, die Rezeptionistin, hatte zwar rasch Hallo gesagt, ihr aber sonst keine weitere Beachtung geschenkt– normalerweise hatte sie doch immer ein wenig Klatsch und Tratsch über das Treiben hier im Büro parat. Seit Issy mit Graeme zusammen war, kam sie nicht mehr mit, wenn die Kollegen einen trinken gingen, nur für den Fall, dass sie sich nach einem Glas Wein zu viel womöglich verplapperte. Sie hatte nicht den Eindruck, dass irgendjemand Verdacht schöpfte. Manchmal dachte sie bei sich, dass die anderen ihr das vielleicht gar nicht abkaufen würden. Graeme sah so gut aus und war ein richtiger Draufgänger. Und Issy war zwar hübsch, aber nicht annähernd so sehr wie zum Beispiel Tess, die zwar winzige Miniröcke trug, aber damit schön und lieblich aussah statt nuttig, vermutlich deshalb, weil sie erst zweiundzwanzig war. Oder wie Ophy, die über 1,80 war und durch die Gänge stolzierte wie eine Prinzessin, und nicht wie eine Angestellte mit eher magerem Gehalt. Aber darum ging es ja gar nicht, redete Issy sich selbst ein. Graeme hatte sich für sie entschieden, und damit war alles gesagt. Sie musste daran denken, wie sie in Rotterdam aus dem Hotel gestolpert waren, um von den anderen wegzukommen– sie hatten so getan, als würden sie rauchen, obwohl das gar nicht stimmte–, und überhaupt nicht mehr aufhören konnten zu kichern. Die süße Erwartung vor dem ersten Kuss, die Schatten der dichten, schwarzen Wimpern auf seinen Wangen, sein herbes, frisches Aftershave von Hugo Boss. Sie hatte lange von der Romantik jenes ersten Abends gezehrt.
Und das würde ihr vielleicht niemand glauben, aber es stimmte tatsächlich: Sie waren definitiv zusammen. Er war eindeutig ihr Freund. Und da war er nun, er stand am anderen Ende des Großraumbüros direkt vor dem Sitzungsraum, und sein ernster Gesichtsausdruck war offensichtlich der Grund für die Stille an den achtundzwanzig Schreibtischen.
Issy stellte die Cupcakes mit einem dumpfen Knall auf den Tisch. Und genauso dumpf schlug auch ihr Herz.
» Es tut mir wirklich leid«, erklärte Graeme, als alle da waren. Er hatte lange darüber nachgedacht, wie er die Sache angehen würde. Er wollte keiner von diesen fiesen Chefs sein, die nicht mit der Sprache rausrückten und zuließen, dass die Angestellten durch Gerüchte und Tratsch von ihrem Schicksal erfuhren. Stattdessen würde er seinen Vorgesetzten zeigen, dass er es sich nicht leicht machte, und seinen Mitarbeitern, dass er zu ihnen ehrlich war. Das machte es für sie zwar auch nicht besser, aber er hatte die Karten wenigstens auf den Tisch gelegt.
» Ich muss Ihnen allen ja nicht erklären, wie die Dinge stehen«, fuhr er fort und versuchte dabei, möglichst sachlich zu klingen. » Das sehen Sie ja selbst. In der Buchhaltung, an den Verkaufszahlen, am Umsatz. Immerhin kümmern Sie sich hier um das Alltagsgeschäft, schlagen sich mit dem täglichen Kleinkram rum, mit Zahlen und
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