Traummann mit Zuckerkuss
sie fühlte sich so wertlos und erbärmlich, dass es beinahe lachhaft war. Nicht wirklich zum Lachen, aber fast.
Und jetzt kam die Sache mit dem Café langsam ins Rollen– das war doch wie Vorsehung. Etwas Gutes und Konkretes, in das sie all ihre Energie investieren konnte, eine Tür zurück ins Leben. Ein Weg, auf dem sie all ihre alten Sorgen hinter sich lassen und ganz von vorn anfangen konnte.
» Bist du noch dran?«
Sie geriet in Panik. Sollte sie sich cool geben, so tun, als hätte sie kaum an ihn gedacht– während er ihr in Wirklichkeit nicht aus dem Kopf gegangen war? Sie dachte daran, wie sie stinkwütend aus dem Büro gestürmt war. Und dann kamen ihr einige der, äh, weniger angemessenen Trinksprüche von ihrem Umtrunk in der Kneipe in den Sinn. Und wie sie während der ersten Tage sicher gewesen war, dass er sich bei ihr melden würde, um ihr zu sagen, dass er einen schrecklichen Fehler begangen hatte, dass er sie liebte und sie bat, zu ihm zurückzukehren, weil das Leben ohne sie nichts wert war. Diese Tage waren in Wochen übergegangen, dann war schließlich der erste Monat verstrichen, und nun ging sie endlich ihren eigenen Weg, blickte nicht mehr zurück…
» Hallo?«, brachte sie schließlich hervor. Ihre Stimme klang wie ein ersticktes Flüstern.
» Kannst du sprechen?«, fragte Graeme. Aus irgendeinem Grund ärgerte sie das. Was glaubte er denn, womit sie gerade beschäftigt war?
» Eigentlich nicht«, entgegnete sie. » Im Moment liege ich nämlich bei George Clooney im Bett, und er ist nur kurz aufgestanden, um uns für den Whirlpool noch eine Flasche Champagner zu holen.«
Graeme lachte. » O Issy, ich hab dich so vermisst.«
Sie spürte, wie tief aus ihrem Inneren ein Schluchzen in ihr aufstieg, und versuchte verzweifelt, es runterzuschlucken. Er hatte sie nicht vermisst! Er hatte sie verdammt noch mal nicht vermisst! Denn wenn er an sie gedacht hätte, auch nur eine einzige Sekunde lang, dann wäre ihm klar gewesen, dass sie ihn in dieser Situation mehr gebraucht hätte als alles oder alle anderen auf der Welt. Nachdem sie ihre Arbeit verloren hatte und auch noch ihren Freund, quasi ihr ganzes Leben. Nachdem er beschlossen hatte, dass sie ihre Arbeit verlieren würde. Und es war ihm so was von egal gewesen.
» Nein, hast du nicht«, brach es schließlich aus ihr heraus. » Das hast du verdammt noch mal nicht. Jetzt bist du mich und das alles doch endlich los.«
Graeme seufzte. » Ich hätte nicht gedacht, dass du dich so aufführen würdest.«
Issy biss sich auf die Lippe. » Wie denn sonst– soll ich dir vielleicht auch noch dankbar sein?«
» Ja, also, du weißt schon. Vielleicht ein bisschen. Dankbar dafür, dass du nun die Gelegenheit hast, dich der Welt zu stellen und vielleicht etwas mehr aus deinem Leben zu machen. Du weißt doch, welches Potenzial in dir steckt, Issy. Und wie hätte ich mich denn vorher bei dir melden sollen? Das wäre unangemessen gewesen, das musst du doch verstehen.«
Darauf erwiderte Issy lieber nichts. Er sollte nicht auch noch glauben, dass er hier von beiden der Vernünftigere war.
» Hör mal«, erklärte er aufrichtig. » Ich habe oft an dich gedacht.«
» Ach, tatsächlich? Während du erst meine Stelle wegrationalisiert und dann mich abserviert hast!«
» Ich habe dich doch nicht abserviert«, erwiderte Graeme gereizt. » Diese Stelle gibt es eben nicht mehr. Es waren doch alle Arbeitsplätze in Gefahr! Ich hab versucht, dich zu schützen, indem ich unsere persönliche Beziehung geheim gehalten habe. Und dann legst du los und posaunst es mitten im Büro heraus! Das war wirklich peinlich für mich, Issy.«
» Es wussten doch ohnehin alle«, murrte sie.
» Also, darum geht es doch gar nicht. Du hast es vor versammelter Mannschaft verkündet, und im Pub sollen ja auch recht unpassende Bemerkungen gefallen sein.«
Es gibt einfach keine Loyalität unter Kollegen, dachte Issy wütend.
» Und, warum rufst du mich jetzt an?«, fragte sie.
Graemes Stimme wurde sanfter.
» Na, ich wollte mal hören, wie es dir so geht. Sag mal, hältst du mich etwa für einen kompletten Mistkerl?«
Konnte das denn sein?, fragte sich Issy. War es etwa möglich, dass sie das alles ganz falsch gesehen hatte? Immerhin war sie ja fauchend aus dem Raum gestürmt. Vielleicht war sie hier nicht die Einzige, die sich schlecht fühlte. Vielleicht war er genauso betroffen und durcheinander gewesen wie sie. Womöglich hatte er all seinen Mut zusammennehmen müssen, um
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