Traummoerder
atmete unwillkürlich auf – jetzt hatte er einen guten Grund, aufzuhören.
Es war Nick. »Ich bin gerade auf dem Weg zu Sotheby’s und dachte, ich schaue herein, um dich zu fragen, ob du eine Pause bei dem, was du gerade tust, einlegen willst.« Er strahlte vergnügt. »Hast du Lust auf einen Kaffee?«
Nick und Dermot gingen zu Bill’s Corner Place, wo Dermot einen Kaffee und Nick Pfannkuchen mit Banane und Honigwaffeln bestellte.
»Meiner Meinung nach hast du die richtige Entscheidung getroffen, Dermot«, sagte Nick und schob sich eine Gabel voll Pfannkuchen in den Mund. »Ich weiß, dich treibt es in den Wahnsinn, dass Esther dir ständig in den Ohren liegt und etwas von dir lesen will, und die Geldsorgen machen die Sache auch nicht besser. Wer weiß? Während du dieses Ding umschreibst, fällt dir vielleicht was ähnlich Gutes ein. Das wäre wundervoll.«
Ein guter Gedanke. Definitiv. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass Arnolds Machwerk eine ähnlich originelle Idee hervorbringen könnte, war nicht sehr groß. Nichtsdestotrotz lächelte Dermot, ehe er die Kaffeetasse an die Lippen setzte.
»Nick, dir ist doch klar, dass es absolut unter uns bleiben muss, wenn ich das Tagebuch umschreibe.«
»Natürlich. Das habe ich verstanden«, erwiderte Nick. »Das brauchst du mir nicht extra zu sagen.«
Dermot wurde verlegen.
»Ich vermute, dass sich dein Manuskript so erheblich vom Original unterscheiden wird, dass nicht einmal ich irgendwelche Ähnlichkeiten erkenne«, versicherte Nick. »Das ist die Macht deines Talents. Wir müssen es nur wiederbeleben. Es hat praktisch ein Jahr im Koma gelegen, stimmt’s?«
Nick gab der Serviererin ein Zeichen. »Noch zwei Kaffee. Dasselbe wie vorhin.«
»Hast du überlegt, ob du Details des Plots verändern willst?«, fragte Nick.
»Natürlich. Wieso fragst du?«
»Na ja, ich hab auf dem Weg hierher über ein paar Ideen nachgegrübelt. Mir sind einige Sachen in den Sinn gekommen.« Er legte eine Pause ein, dann fragte er: »Was dagegen, wenn ich dir davon erzähle?«
»Ganz und gar nicht. Schieß los.«
Nick beugte sich vor und senkte die Stimme – dies war keine Unterhaltung, die andere Gäste mitbekommen sollten. »Wenn du die Einzelheiten veränderst, nimmst du Abstand von den Morden. Wenn du allerdings zu viel veränderst, könntest du die anschauliche Intensität, die Arnold erreicht hat, verwischen.«
»Das weiß ich. Mein Plan ist, Arnolds Berichte als Ich-Erzähler zu schildern. Ich werde versuchen, wie ein Psychiater zu denken, dem Arnold die Morde gesteht.«
Nick verzog das Gesicht. »Mmm …«
»Du bezweifelst, dass dieser Kunstgriff funktioniert?«
»Ich bin kein Schriftsteller. Das ist deine Domäne. Aber die Sache mit dem Psychiater könnte zu nüchtern sein und den Horror für die Leser abschwächen. Wie auch immer, du solltest das Original auf jeden Fall behalten, wenn du fertig bist.«
»Kommt gar nicht in Frage! Das wandert direkt in den Reißwolf.«
»Wahrscheinlich eine vernünftige Entscheidung. So viele Menschen können nicht anders – sie müssen belastende Beweise aufbewahren. Es ist ein eigenartiger Zwang. Nichts für ungut.«
Dermot war sofort beunruhigt. »Du gibst mir das Gefühl, ein Krimineller zu sein.«
»Sorry. Das wollte ich nicht. Erinnerst du dich an den Autor, der von dem Flugzeug geschrieben hat, das ins weiße Haus fliegt? Also nach dem elften September hat niemand behauptet, dass der Schriftsteller die Piloten angelernt oder das ganze Ding geplant hat, oder? Es ist ein eigenartiger Zufall. Fiktion.«
»Es sei denn, Al-Qaida hat die Idee aus seinem Buch aufgegriffen …«
»Unmöglich. Das Szenario gab es schon seit Jahren. Der Autor hat das lediglich in seinem Roman verwendet. Und genau das wird mit deinem Werk auch geschehen – das heißt, falls überhaupt jemand die wirklichen Verbrechen mit deinem Werk in Zusammenhang bringen sollte, was höchst unwahrscheinlich ist. Niemand kann dir etwas anderes nachweisen.
Es war …«, er legte eine kleine Pause ein, »… Zufall. Das ist alles.«
»Beruhigend«, gab Dermot zurück. Beruhigender; als du ahnst.
»Ich dachte, ich könnte die Verbrechen nach Australien verlegen«, fuhr Dermot fort. »Ich bin sicher, dass dort ganz ähnliche Gräueltaten vorkommen wie bei uns.«
Der Kaffee wurde serviert. Dermot wartete, bis das Mädchen wieder außer Hörweite war, ehe er hinzufügte: »Und ich dachte daran, einen eigenen Touch dazuzugeben.«
Nick sah ihn fragend an. »Was
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