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Traumpfade

Traumpfade

Titel: Traumpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Chatwin
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Meilen westlich von Cullen hinter der Gibson-Wüste.
    »Und was geschieht mit dem Alten Mann«, fragte ich, »wenn er ans Meer kommt?«
    »Ende«, sagte Walker. »Vorbei.«
    Als nächstes zeigte ich auf einen niedrigen Berg mit flachem Gipfel, der, wie Rolf mir versichert hatte, ein Kothaufen war, den der Perenty-Mann in der Traumzeit ausgeschieden hatte.
    »Und was ist mit dem dort?«
    Walker zupfte nervös an seinem Bart.
    »Ich bin zu jung«, sagte er verschämt – womit er sagen wollte, daß er in dieses besondere Lied nicht eingeweiht worden war.
    »Frag Nero«, fuhr er fort. »Er weiß es.«
    Nero kicherte und wiegte den Kopf.
    »Toiletten-Traum«, sagte er. »Scheiße-Traum.«
    Donkey-donk krümmte sich vor Lachen und fuhr eine Zeitlang im Zickzack.
    Ich wandte mich den beiden auf dem Rücksitz zu.
    »Perenty-Scheiße?« fragte ich.
    »Nein, nein«, gickerte Nero albern. »Zwei Männer.«
    »Und woher kommen diese zwei Männer?«
    »Sie kommen von nirgendwo.« Er klatschte in die Hände. »Sie machen es dort!«
    Nero machte eine Geste mit Daumen und Zeigefinger, und es wurde nur zu deutlich, was die beiden Männer trieben.
    »Schwäger«, sagte er.
    Walker runzelte die Stirn, spitzte die Lippen und drückte die Knie fest zusammen.
    »Ich glaube euch nicht«, sagte ich zu Nero. »Ihr nehmt mich hoch.«
    »He! He!« kicherte er und wurde dann wieder von einem Lachanfall überwältigt.
    Er und Donkey-donk prusteten noch immer vor Lachen, als wir nach etwa drei Meilen bei ein paar flachen Felsen anhielten. Alle drei sprangen aus dem Auto.
    »Komm her«, rief Nero mir zu. »Wasser.«
    Zwischen den Felsen waren Tümpel stehenden Wassers, in dem sich Moskitolarven ringelten.
    »Bandwürmer«, sagte Nero.
    »Keine Bandwürmer«, sagte ich. »Moskitolarven.«
    »Dingo«, sagte Donkey-donk.
    Er zeigte auf den größten Felsen, der tatsächlich wie ein liegender Hund aussah. Die kleineren Felsen, sagte er, seien junge Hunde.
    Sie planschten ein paar Minuten im Wasser herum. Dann verließen wir die Piste und fuhren querfeldein nach Westen.
    Donkey-donk, das muß ich sagen, war ein erstaunlicher Fahrer. Er ließ den Wagen durch das Spinifexgestrüpp tanzen. Er wußte genau, ob er einem Busch ausweichen oder ob er ihn flachfahren mußte. Die Samenkapseln rieselten über die Windschutzscheibe.
    Nero hielt den Lauf seines Gewehrs aus dem Fenster.
    »Truthahnspur«, flüsterte er.
    Donkey-donk bremste, und ein Buschtruthahn – der zu der Gattung der Trappen gehört – reckte seinen gesprenkelten braunen Hals aus den Grashalmen hervor und trabte davon. Nero feuerte, und der Vogel brach in einem Wirbel fliegender Federn zusammen.
    »Gut getroffen!« sagte ich.
    »Noch einer!« rief Walker, und ein zweiter Truthahn rannte ins Dickicht hinein. Nero feuerte wieder, verfehlte ihn jedoch. Als wir zu dem ersten Truthahn zurückkamen, war auch dieser verschwunden.
    »Verdammter Truthahn«, sagte Nero.
    Wie hielten Kurs nach Westen, und kurz darauf tauchten ein Känguruh und sein Junges vor uns auf. Donkey-donk drückte seinen Fuß auf das Gaspedal, und der Wagen rumpelte und polterte über die Grashöcker hinter den hüpfenden Känguruhs her, die ihren Vorsprung vergrößerten. Dann fuhren wir aus dem Spinifexgebüsch hinaus in abgebranntes offenes Gelände, und wir holten auf und holten sie ein und rammten das Muttertier an der Flanke – das Junge war zur Seite gesprungen –, und sie flog in einem Rückwärtssalto über das Dach des Wagens und landete – tot, hoffte ich – in einer Wolke aus Staub und Asche am Boden.
    Wir sprangen aus dem Auto. Nero feuerte in die Wolke, aber das Känguruh war wieder auf den Beinen. Ein bißchen wackelig und lahmend, rannte es dennoch in ziemlich flottem Tempo weiter, und Donkey-donk, jetzt allein im Auto, war ihm dicht auf den Fersen.
    Wir sahen, wie der Wagen das Känguruh ein zweites Mal rammte, aber es landete auf der Motorhaube, sprang hinunter und kam in unsere Richtung gehüpft. Nero ballerte drauflos, aber er verfehlte es – die Kugeln zischten an mir vorbei ins Gebüsch –, und das Känguruh lief im Zickzack den Weg zurück, den es gekommen war. Donkey-donk riß daraufhin das Steuer herum und rammte es zum drittenmal. Ein schrecklicher Aufprall, und jetzt rührte es sich nicht mehr.
    Er öffnete die Wagentür und versetzte ihm mit einem Schraubenschlüssel einen Schlag auf die Schädeldecke – worauf es sich noch einmal auf den Hinterbeinen aufrichtete und er es am Schwanz packen

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