Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumreisende

Traumreisende

Titel: Traumreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
Vom Netzwerk:
schwankte auf unvorhersehbare Weise. Im Sommer wurde es immer heißer, und die Winter waren weniger kalt. Eine ganze Schlangenart war verschwunden.
    Ein Fisch, der früher so groß war, dass ihn zwei Männer hatten tragen müssen, war jetzt viel kleiner. Wurtawurta berichtete von den missgebildeten Kaulquappen. Sie wussten nicht, was die Ursache für all die Veränderungen war. Die Tatsache, dass Kängurus, Dingos und Koalas massenweise abgeschlachtet wurden, konnte man direkt mit der weißen Bevölkerung in Verbindung bringen. Das Ungleichgewicht in der Natur, das durch die Einführung fremder Tierrassen wie Schafe, Rinder, Kamele, Pferde, Wasserbüffel, Kaninchen, Katzen, Hunde, Kröten, Ratten und Insekten ausgelöst worden war, war ebenfalls eine direkte Folge anwesender Europäer im Land.
    »Es gibt noch etwas zu bedenken«, warf Googana ein, »und zwar die neueste Liste von Regelungen, die jetzt für alle Aborigines Gesetz sind.« Und er begann damit, diese Gesetze vorzutragen. Aborigines müssen:
    ein Formular für die Volkszählung ausfüllen und sich zählen lassen;
    sich in die Steuerliste eintragen; jede Geburt melden; jeden Todesfall melden;
    alle Toten begraben, und zwar nur an den dafür zugelassenen Orten;
    alle Kinder zur Schule schicken; alle Kinder impfen lassen; sich um Lizenzen bewerben, wenn sie Maschinen bedienen wollen.
    »Wie gehen wir damit um, all das zu befolgen und nicht darüber zu urteilen?« fragte Der, der aus der Ferne gerufen wird.
    »Das ist keine Frage des Wie«, antwortete Googana. »Es geht darum, was wir tun! Um welches Prinzip geht es hier? Darum, dass unser Verantwortungsgefühl unsere Gedanken, unsere Handlungen, unsere Worte, all unsere Energie auf das lenken soll, was wir wachsen sehen wollen. Das, was für uns gut riecht und von dem die Anleitung sagt, wir sollen uns darauf konzentrieren, damit die Harmonie mit allem Leben bewa hrt werden kann.«
    Andere meldeten sich ebenfalls zu Wort. »Was geschehen ist, kann nicht rückgängig gemacht werden. Nur Mutter Natur selbst könnte diese Dinge wiederherstellen.«
    »Sie werden nicht wiederhergestellt, aber vielleicht wird etwas Neues und Stärkeres an ihre Stelle treten.«
    »Der schwarze Mensch kann die Welt nicht retten. Es ist fraglich, ob er sich selbst retten kann.«
    »Vielleicht ist Rettung nicht das Thema. Vielleicht versuchen wir, die Dinge so zu bewahren, wie sie einmal waren, und glauben, dies sei die Rettung der Erde. Vielleicht geht die Welt nicht verloren, sondern verändert sich nur, und zwar sehr drastisch.«
    Googana wandte sich an Minendie. »Du hast die neuesten Kenntnisse aus der Welt der >Veränderten<. Einige sagen, sie seien für einen großen Teil von all dem verantwortlich. Wie ist es möglich, dass sie die Federn an einem Vogel beeinflussen können?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Minendie. »Dauernd gibt es neue Erfindungen. Ab und an gibt es einen geringen Widerstand, und jemand behauptet, dieser Gegenstand oder jene Fabrik leite Gift in die Luft und ins Wasser. Ich weiß nicht, ob das wahr ist. Die weiße Welt ist nicht erpicht darauf, die Wahrheit zu sagen. Sie behaupten: >Natürlich stimmt das nicht.< Sie sagen: >Wir würden uns doch nicht selbst vergiften.<«
    Alle Versammelten nickten. Ja, das war eine gute Frage. Es schien zu stimmen, dass die >Veränderten< keine Rücksicht auf ihre Rolle als Hüter der Erde nahmen. Sie waren damit beschäftigt, überall Zement zu verbreiten, aus bloßem Zeitvertreib Tiere zu töten, aber würden sie so weit gehen, sich dabei selbst zu vergiften? Und würde solches Gift Tiere und Vögel beeinträchtigen, die kilometerweit entfernt waren?
    Die Diskussion ging weiter. »Es tut uns nicht gut, in den Missionen zu leben. Dort wird auf unseren Bräuchen herumgetrampelt. Es würde auch nichts Gutes bewirken, in die Stadt zu gehen und dort über unsere Sorgen wegen der neuen Gesetze zu sprechen. Ich bin mir sicher, dass andere Aborigines das bereits getan haben. Wir sollten auch nicht vergessen, dass es Aborigines gibt, die mit den Gesetzen einverstanden sind. Sie wollen wie der weiße Mann werden und leben wie er.«
    Am Ende stimmten sie darin überein, dass eines der Prinzipien, um die es ging, darin bestände, die Illusion von Mangel und Begrenztheit nicht zu akzeptieren. Sie würden nicht zu Waffen greifen, um sich zu verteidigen. Sie würden nicht aufhören, alles Leben zu ehren und in Harmonie mit der Natur zu leben. Sie würden weitermachen wie bisher;

Weitere Kostenlose Bücher